Als Athletiktrainer konzentrieren wir uns in erster Linie auf Trainingsaspekte, doch oftmals wird übersehen oder unterschätzt, wie wichtig die Erholungsphase für die Vorbereitung auf die Wettkämpfe ist. Ich arbeite als Trainer bei EXOS (ehemals Athletes’ Performance) und hatte in den letzten Jahren die Gelegenheit, einige der weltbesten Sportler und Mannschaften auf wichtige Spiele, Wettkämpfe oder die nächste Saison vorzubereiten. Unsere Erfahrungen mit dem Fußballklub LA Galaxy und der deutschen Fußballnationalmannschaft während der Weltmeisterschaft 2006 haben uns ein für alle Mal klargemacht, dass Wettkämpfe und Wettkampfsaisons eine langwierige und anstrengende Angelegenheit sind und die Regeneration ein wesentlicher Bestandteil jedes Trainingsplans sein sollte.
Aktive Regeneration
Sportler verstehen unter Regeneration oft einen trainingsfreien Tag, an dem sie gar nichts tun. Ich bin nicht dafür, freie Tage ganz aus dem Kalender zu streichen, doch ein Erholungstag ist etwas anderes als ein freier Tag. Jeder Körper verharrt im Zustand der Ruhe oder der gleichförmig geradlinigen Bewegung, solange keine äußeren Einflüsse auf ihn wirken, stellte schon Issac Newton fest. Passive Erholung eignet sich nicht als Vorbereitung auf bevorstehende Wettkämpfe. Aktive Regeneration sollte ein, in das Trainingsprogramm eingebetteter Prozess sein.
Während der Fußball-WM 2006 nahm unser Arzt wöchentlich Blutproben der Spieler, um Anzeichen von Stress und Übertraining frühzeitig feststellen zu können. Vor dem Halbfinale gegen Italien berichtete Dr. Tim Meyer, dass die Stress- und Übertrainingsmarker während eines Turniers der deutschen Nationalmannschaft noch nie so niedrig gewesen seien, und schrieb dies unserem Gesamtkonzept zu, das neben vernünftig dosierten Trainingseinheiten auch ein konsequentes Regenerationsprogramm beinhaltete. Im Folgenden soll es darum gehen, wie man Erholungsphasen unmittelbar nach einem Wettkampf und ganze Erholungstage gestaltet.
Entsprechende Maßnahmen sollten innerhalb der ersten 30 Minuten nach dem Wettkampf oder Training eingeleitet werden. Direkt nach dem Training sollte man Kohlenhydrate, Fette, Proteine – je nach Körperzusammensetzung und Anstrengungsgrad –, Elektrolyte und Wasser zu sich nehmen. Als Kältetherapie empfiehlt sich ein mindestens fünfminütiges Bad in kaltem Wasser (13°C). Sportler, die den ganzen Körper einsetzen, sollten komplett eintauchen, sodass nur noch der Kopf aus dem Wasser ragt, während es bei Sportlern, die vor- wiegend den Unterkörper einsetzen, genügt, wenn sie sich bis knapp über die Taille ins kalte Nass begeben.
Ziele der unmittelbaren Regeneration
- Versorgung des Körpers mit Nährstoffen, um die Glykogen- und Elektrolytspeicher aufzufüllen.
- Kühlung des Körpers, Hydratation und Verminderung der Produktion von katabolen Hormonen.
- Verminderung sekundärer Verletzungen, die durch Sauerstoffmangel entstehen. Mikrorisse in den Muskelfasern sind die Hauptursache von Delayed Onset Muscle Soreness (DOMS). Zu Deutsch: Muskelkater, der erst nach ein bis zwei Tagen einsetzt. Die Kühlung bewirkt, dass der Sauerstoffbedarf des Gewebes herab- gesetzt wird, und mindert so das Risiko für sekundäre Verletzungen beziehungsweise Mikrorisse. Der Muskelkater fällt weniger heftig aus.
Beispiel: Ein Fußballspieler beendet das Spiel nach 90 Minuten.
- Er nimmt sofort einen Proteinshake mit Kohlenhydraten und Wasser zu sich (oder mit Milch zubereitete Trinkschokolade, eine Banane und etwas Wasser).
- Er setzt sich 5 Minuten in einen 13° C kalten Whirlpool.
Freie Tage kommen nach den Regenerationstagen
Bei der Wochenplanung sollte der Tag nach dem Wettkampf für die aktive Regeneration vorgesehen sein. Falls die Sportler einen freien Tag haben, sollte dieser sich direkt an den Erholungstag anschließen. Der Erholungstag dient dazu, Abfallprodukte des Stoffwechsels abzubauen und den ursprünglichen Zustand des Muskelgewebes – normale Länge und Spannung – wiederherzustellen. Mit durch- blutungsfördernden Maßnahmen, Massage, Selbstmassage, Dehnübungen und Kontrasttherapie erzielt man große Erfolge.
Vorrangige Ziele des Erholungstags
- Verbesserung der Durchblutung durch sanftes Ausdauertraining, beispielsweise auf dem Fahrradergometer oder auf dem Crosstrainer, um sauerstoffreiches Blut ins Gewebe zu pumpen und den Abbau von Stoffwechselabfällen zu verbessern.
- Entspannung der Muskulatur und Lösen von Verklebungen durch Selbstmassage und Flexibilisierung mithilfe einer Hartschaumrolle oder durch andere Maßnahmen.
- Gefäßverengung und direkt im Anschluss Gefäßerweiterung, um die Zirkulation von sauerstoffreichem Blut zu verbessern und den Abtransport von Stoffwechselabfällen anzuregen (Kontrasttherapie). Geeignete Maßnahmen: Wechselduschen, Heiß-Kalt-Bäder, Baden im Whirlpool, Saunieren, Dampfbaden.
Beispiel: Ein Tag nach einem 90-minütigen Fußballspiel
- 20 Minuten leichtes Ausdauertraining ohne Beinarbeit.
- 20 Minuten Selbstmassage mit einer Hartschaumrolle und Dehnübungen.
- Zwei Minuten kalter Whirlpool (13° C), drei Minuten warmer Whirlpool (40° C), drei Mal wiederholen. Wenn am Folgetag nicht trainiert wird, sollte der Sportler zum Schluss in heißes Wasser eintauchen, wenn er am nächsten Tag trainiert, sollte er den Zyklus mit einem kalten Bad beenden.
- Gesamtzeit: 55 Minuten.
Anmerkungen
- Die oben beschriebene Reihenfolge ist optimal, doch auch mit jeder anderen Reihenfolge erzielt man gute Ergebnisse.
- Sportler, die in ihrer Sportart hauptsächlich die Beinmuskulatur beanspruchen, können den Regenerationstag nutzen, um den Oberkörper zu trainieren.
- Ich empfehle Profi- und Spitzensportlern während der Wettkampfsaison und während intensiver Trainingsphasen außerhalb der Saison pro Woche eine professionelle Massage.
Die aktive Regeneration ist ein sehr wichtiger Teil des Trainingsprogramms. Geben Sie Ihren Sportlern die Möglichkeit, direkt nach dem täglichen Training etwas für ihre Regeneration zu tun. Erholung sollte zu einer täglichen Routine werden. Wenn Sie Gewichte gestemmt haben, nehmen Sie ein fünfminütiges Bad in kaltem Wasser. Maßnahmen wie diese kosten sehr wenig Zeit, können während einer langen Saison oder eines Wettkampfs aber entscheidend sein.
Euer Shad Forsythe
Ich würde gerne die Studien sehen die eine positive Auswirkung von kälte auf DOMS nachweisen…. denn meines Wissens nach ist vieles in dieser Richtung eher Wunschdenken und nicht wirklich nachgewiesen.