US-TRAINER TAYLOR LEWIS IST MIT VIER BRÜDERN AUFGEWACHSEN. SEINE MUTTER ARBEITETE ALS LEHRERIN AN EINER SONDERSCHULE, SEIN VATER WAR SPORTMEDIZINER. SEIN UMFELD UND SEINE ERZIEHUNG BEEINFLUSSEN NOCH HEUTE SEINE ARBEIT ALS TRAINER. IN SEINEM ARTIKEL REGT TAYLOR LEWIS ZUM ÜBERDENKEN
VERSCHIEDENER SCREENING- UND TESTINGVERFAHREN AN. ER ZEIGT, WIE WICHTIG NICHT NUR DIE BEWEGUNG, SONDERN AUCH IHR ZUSAMMENSPIEL MIT DEM GEHIRN IST – UND MACHT DEUTLICH, WIE BEDEUTSAM DIE BERÜCKSICHTIGUNG DER INDIVIDUALITÄT EINES JEDEN KUNDEN IST.
TESTING NACH MAXIMALER
ERSCHÖPFUNG
In dem Film „Rocky Balboa“ sagt Sylvester Stallone: „Der
Punkt ist nicht der, wie hart einer zuschlagen kann, es zählt
nur, wie viele Schläge einer einstecken kann und ob er trotzdem
weitermacht.“ Warum testen wir also nicht, direkt nachdem
der Klient zu Boden gegangen ist oder die letzte Wiederholung
nicht geschafft hat? Das Argument, dass das neuromuskuläre System erschöpft sei, ist nachvollziehbar. Aber wenn der Körper als Einheit
funktioniert, warum soll man dann nicht die Überkopfkniebeuge
direkt nach einem Bankdrücken-Maximum testen können?
Das neurologische System ist in höchster Alarmbereitschaft,
sodass sich die Überkopfkniebeuge verbessert – oder
eben nicht. Aber wenn sie es tut, dann zeigt es mir als Trainer,
dass noch etwas bei der Kniebeuge fehlt, vielleicht eine stärkere
neurologische Aktivierung. Nur so ein Gedanke.
TESTE MIT HOHEN GEWICHTEN!
Trainerlegende Dan John lehrt beispielsweise, dass das Belastungslevel
manchmal erhöht werden muss, damit sich die gute Form zeigen kann. Soll auch heißen, wenn du als Trainer den Klienten eine Übung mit wenig Gewicht machen lässt, z. B. einen Kettlebell Swing, könnte ein höheres Gewicht die Übungsausführung verändern und zu einer Verbesserung
führen – kann, nicht muss. Das Gewichts- oder Belastungslevel
muss also erhöht werden. Das hohe Gewicht macht das
Defizit deutlich, das der Klient hat, und verleiht dir als Trainer
einen großartigen Einblick in das neuromuskuläre System
des Klienten. Und nun kommen maßgeschneiderte Tests ins Spiel. Es gibt
viele großartige Coaches, die ein umfassendes Wissen haben
und tolle Screening- und Testingverfahren lehren. Zu nennen
sind hier beispielsweise Eric Cressey mit dem 1–2–3–4-
Assessment und Gray Cook mit dem FMS. Als Trainer solltest
du diese Tests definitiv kennen und wissen, wann und
wie sie angewendet werden. Und dann bist du in der Lage,
deine eigenen Standardtests zusammenzustellen, die du in
deinem Studio anwendest. Das heißt nicht, dass etwas komplett
Neues kreiert werden muss, aber die Reihenfolge der
Standard-Assessments wechselt, einzelne Übungen können
weggelassen werden, mit anderen gehst du mehr in die Tiefe
– je nach Klient.
MANCHE TESTS SIND
UNVERZICHTBAR
Für bestimmte Zielgruppen sind manche Tests unabdingbar.
Beispielsweise ist der Schultertest von Eric Cressey für
Baseballspieler unverzichtbar. Teile des FMS sind auch sehr
hilfreich und das 1–2–3–4-Assessment von Dan John ist von
großem Wert. Aber bei einem Klienten mit Autismus oder bei
einem Kokainabhängigen im Entzug zeigen sie dir als Trainer
wahrscheinlich falschpositive Ergebnisse, je nachdem, wie
deren „Hardware“, das Gehirn, gerade verdrahtet ist. Allmählich
kannst du dann wieder auf einige dieser Testübungen
zurückkommen, um zu prüfen, wie sich der Klient entwickelt;
dies aber erst später, wenn er grundlegende Bewegungsmuster
unter deinen Standards entwickelt hat. Das ist natürlich
schwer, wenn man eine große Gruppe oder keine Zeit hat, um
jeden Klienten einzeln zu testen, aber das Konzept bleibt gültig.
Wenn bei dir der FMS dein Standardtest ist, achte einmal
darauf, was passiert, wenn der Test nach einem hochschwelligen
Workout durchgeführt wird. Es könnte zu überraschenden
Ergebnissen kommen! Es ist leicht, eine Entscheidung zu treffen, wenn man nicht unter Druck steht. Aber wenn sich ein Team voll und ganz auf
dich als Trainer verlässt, liegt es an dir, die Qualität beim Spiel zu sichern – was durch regelmäßige Screenings und Testings gut möglich ist! Wenn du also deine Tests jeweils an den Klienten anpasst und sie vor, während und nach den Workouts durchführst, wird dir das helfen, wirklich zu sehen,
wo die Bewegungsfähigkeit ab- oder zunimmt.
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