Wie der Name schon sagt, ist der Split Squat (Split = Spagat, Squat = Kniebeuge) eine „Spagat-Kniebeuge“. Genaugenommen wäre es eine „Frauenspagat-Kniebeuge“, denn bei diesem Spagat handelt es sich um den Querspagat, d.h. die ausübende Person hat eines ihrer Beine vor sich und eines hinter sich, während sie im Spagat sitzt. So befindet sich auch bei der Split Squat ein Bein vor und ein Bein hinter dem Trainierenden. Das Vordere Bein ist das Arbeitsbein, das hintere das Stützbein.
Bei dem Split Squat handelt es sich nicht, wie oft behauptet wird, um eine unilaterale, also eine einseitige Übung, da auch das Stützbein mitarbeitet. Es ist nicht möglich den Split Squat auszuführen, ohne das hintere Bein zu belasten. Diese Vorbelastung spürt man besonders, wenn man nach dem Wechsel von Arbeits- und Stützbein das anfangs hinten stehende Bein trainiert. Somit ist der Split Squat nur eine quasi-unilaterale Übung. Jedoch kann man durch seine Ausführung muskuläre und strukturelle Dysbalancen ausgleichen, die durch angeborene Dominanz einer Seite, Alltagshaltung oder eine Sportart, in der eine Seite primär eingesetzt wird, bestehen können. Es macht Sinn bei unilateralen und quasi-unilateralen Übungen immer mit der schwächeren Seite zu starten und dann die dort erreichten Wiederholungen mit demselben Gewicht mit der stärkeren Seite zu machen, selbst wenn mehr möglich wäre. So vermeidet man, die Dysbalance lediglich auf ein höheres Niveau zu heben. Beide Seiten identisch stark zu entwickeln ist das Ziel.
Ich verwende den Split Squat gerne mit Athleten aus unilateralen Sportarten, wie z.B. Fußball und mit Kunden, bei denen eine Dysbalance vorliegt, sowie als Reha Übung nach einer Knieverletzung, um die volle Beweglichkeit des Kniegelenkes wiederherzustellen.
Sinnvolle unilaterale Übungen zur Kraftsteigerung für die Beine gibt es neben Step-Ups und einbeinigen Varianten von Übungen an Maschinen (z.B. einbeiniger Legcurl) nicht viele, weshalb man neben den Grundübungen Kniebeugen und Kreuzheben bei Bedarf Split Squats in verschiedenen Varianten in sein Trainingsprogramm integrieren sollte. Im Vergleich zum Training an Maschinen verbessern Split Squats auch in höherem Maße die Koordination. Doch der Split Squat hat noch weitere Vorteile.
Vorteile des Split Squats mit dem vorderen Fuß erhöht am Kabelzug
Die Variante des Split Squat die ich im Video demonstriere, mit dem vorderen Fuß auf einem Step und am Kabelzug, ist die erste Variante die ich mit meinen Kunden verwende. Und zwar aus folgenden Gründen:
- Geringerer Stretch der Adduktoren des Stützbeines im Vergleich zu beiden Füßen flach auf dem Boden und somit ein größerer Range of Motion (ROM) für Trainierende, die dort limitiert sind.
- Hohe Rekrutierung des Vastus Medialis Obliquus (VMO) durch komplette Kniebeugung im Arbeitsbein.
- Großer Stretch des Gluteaus im Arbeitsbein, der durch sitzende Tätigkeit bei vielen Menschen zu hohe Spannung aufweist.
- Der Kabelzug gibt Stabilität, der Trainerende kann sich weiter mit dem Oberkörper zurücklehnen, was den Stretch auf die Hüftbeuger des Stützbeines vergrößert, die ebenfalls oftmals durch sitzende Tätigkeit eine zu hohe Spannung haben können.
- Der Trainerende behält eine Hand frei – immer die auf der Seite des Arbeitsbeines – mit er sich in der Hüfte abstützt, um sich noch mehr zu stabilisieren.
- Der Kabelzug zieht den Trainierenden in die richtige Richtung, nämlich nach vorne, nicht nach unten.
Split Squat vs Ausfallschritt?
Um alle Vorteile des Split Squat zu nutzen und ihn dem Namen nach auch wie eine Spagat-Kniebeuge auszuführen, muss das Knie des Arbeitsbeines in einer nach unten verlaufenden horizontalen Bewegung über die Zehenspitzen geschoben werden, bis die Wade komplett von der Rückseite des Oberschenkels bedeckt ist. Dies ist genau wie bei einer Kniebeuge vor allem für die Rekrutierung des VMO und den Stretch der Hüftmuskulatur entscheidend. Im Detail bin ich darauf in meinem Artikel „Kniebeugen – ein paar Fakten“ eingegangen. http://www.functional-training-magazin.de/kniebeugen-ein-paar-fakten/.
In Fitnessstudios und Videos sieht man häufig eine vertikale Bewegungsausführung, bei der mit dem hinteren Knie der Boden berührt oder kurz davor umgekehrt wird. Also eine Auf- und Abwärtsbewegung. Diese Übung wird landläufig als Ausfallschritt (engl. Lunge) bezeichnet. Genaugenommen sollte der einzige Unterschied zwischen dem Ausfallschritt und dem Split Squat jedoch darin bestehen, dass die Bewegung beim Ausfallschritt aus dem normalen Stand mit einem Schritt nach vorne beginnt – und wieder im Stand endet. Bis auf diese stärkere Dynamik ist es die gleiche Bewegung wie beim Split Squat – das Knie des Arbeitsbeines wird über die Zehenspitzen nach vorne geschoben. Bei der vertikalen Bewegung entfallen alle aufgezählten Vorteile des Split Squat, weshalb ich diese „Übung“ nicht verwende. Es ist einfach ein – meist aus mangelnder Mobilität und Kraft im unteren Bewegungsbereich – falsch ausgeführter Split-Squat.
Video: Set-Up und Ausführung des Split Squat mit dem vorderen Fuß erhöht am Kabelzug
- der Fuß des Arbeitsbeines zeigt mit der Fußspitze ca. 10° nach außen. Dies verlagert die Belastung auf den großen Zeh und erhöht die Rekrutierung des VMO.
- Das Kabel wird mit der dem Arbeitsbein gegenüberliegenden Hand mit einer pronierten Handstellung am gestreckten Arm gehalten.
- Die freie Hand wird in die Hüfte auf der Seite des Arbeitsbeines gestützt
- Der Oberkörper bleibt die ganze Zeit vertikal. Ein nach vorne Lehnen muss vermieden werden.
- Der Fuß des Stützbeines zeigt gerade nach vorne, die Ferse ist vom Boden abgehoben, das Knie wird so weit wie nötig und so wenig wie möglich mitgebeugt während der Bewegung.
- Die Bewegung beginnt im Stand mit der Beugung des Kniegelenkes des Arbeitsbeines. Nach einer langsamen exzentrischen Bewegung, die an dem Punkt endet, wo die Rückseite des Oberschenkels die Wade des Arbeitsbeines komplett bedeckt, erfolgt eine Umkehrbewegung durch eine Streckung des Kniegelenkes des Arbeitsbeines.
- Wenn alle Wiederholungen auf der schwächeren Seite absolviert wurden, darf bis zu 15 Sekunden pausiert werden. Anschließend wird mit der stärkeren Seite fortgefahren. Es werden ebenso viele Wiederholungen mit demselben Gewicht wie mit der schwächeren Seite absolviert. Danach wird pausiert.
Ich empfehle einen Wiederholungsbereich von 6-12 Wiederholungen bei 2 bis maximal 4 Sätzen für den Split Squat. Gerne als B-Übung, nach der Kniebeuge als A-Übung oder auch direkt als A-Übung. Je nachdem, welche individuelle Notwendigkeit gegeben ist.
Viel Erfolg mit dem Training des Split Squat!
Euer Philip Schmieder