Im Lauf der Zeit kommt es bei vielen Menschen oft zur Abnutzung von Gelenken, zur Einschränkung der Beweglichkeit infolge einer Verletzung, einer Gelenkfehlstellung oder muskulären Dysbalancen. Ein sehr häufiges Phänomen ist das Impingementsyndrom, eine schmerzhafte Funktionsbeeinträchtigung in der Schulter. Aber auch Hüft- und Kniegelenks- sowie Rückenprobleme sind keine Seltenheit. Deshalb wurde der zum Beispiel Schlingentrainer als erstes auch in der Physiotherapie als geniales Gerät zur sanften Behandlung von zahlreichen Gelenksproblemen eingesetzt.
Das Therapiegerät hat mehrere breite Schlaufen, um dem Patienten eine möglichst große Auflagefläche zu bieten, in der ein bequemes und schonendes Hängen möglich ist. Je nach Krankheitsbild können beim therapeutischen Schlingentrainer die Schlaufen sehr variabel eingesetzt und dem Patienten angepasst werden.
Der Schlingentrainer, wie wir ihn kennen, ist für sportliche Zwecke weiterentwickelt worden und eigentlich für gesunde Menschen gedacht. Trotzdem gilt auch hier: Sei bei allen Übungen – egal, ob beim Training an Geräten, mit freien Gewichten oder am Schlingentrainer – stets vorsichtig, selbst wenn bei dir die genannten körperlichen Einschränkungen noch nicht oder noch nicht akut zutreffen sollten. Sollte das doch der Fall sein, kläre am besten vorher mit deinem Arzt oder Therapeuten, welches Training und welche Übungen für dich am geeignetsten sind.
Eine häufige Erkrankung: das Impingementsyndrom
Unser Schultergelenk ist neben dem Kniegelenk eines der beweglichsten Gelenke in unserem Körper – und deshalb leider auch sehr anfällig. In diesem Zusammenhang haben Sie bestimmt schon einmal vom sogenannten Impingementsyndrom gehört, eine der häufigsten Erkrankungen im Schulterbereich. Oder besser gesagt: Es ist eine schmerzhafte Funktionsstörung der Schulter. Die Ursache ist oft auf den Platzmangel zwischen Oberarmkopf und Schulterdach – also dort, wo das Ende des Oberarmknochens auf das Schultergelenk trifft – zurückzuführen. Durch Überbelastung, zum Beispiel bei der Ausübung von Überkopfsportarten wie Schwimmen oder Volleyball, aber auch durch Verschleiß, insbesondere mit zunehmendem Alter, kann es in diesem Engpass zu Entzündungen des Schleimbeutels oder der Sehnen kommen.
Betroffene äußern starke Schmerzen, beispielsweise beim Anziehen eines Pullovers oder beim Waschen, vor allem beim Anheben des Arms. Egal, ob der Arm nach vorn oder zur Seite angehoben wird – jeder Winkel über Schulterhöhe beziehungsweise zwischen 60 und 120 Grad löst Schmerzen aus. Im schlimmsten Fall kann die degenerative Veränderung so weit gehen, dass es zum Abriss einer oder mehrerer Sehnen, am häufigsten der Supraspinatussehne, kommt.
In Bezug auf das Syndrom taucht oft die Bezeichnung Rotatorenmanschette auf. Sie besteht aus den vier Schultermuskeln (M. infraspinatus, M. supraspinatus, M. subscapularis, M. teres minor) und einem starken Band, das sich aus den Sehnen dieser Muskeln zusammensetzt und das Schultergelenk umschließt und stabilisiert. Mit einer gezielten Kräftigung der Rotatorenmanschette kann dem Impingementsyndrom entgegengewirkt werden. Ziel dieses Trainings ist es, die Muskulatur so zu kräftigen, dass wieder mehr Platz zwischen Oberarmkopf und Schulterdach besteht. Das erfordert jedoch therapeutisches Hintergrundwissen und kann bei einer falschen Herangehensweise die Problematik des Engpasses sogar verstärken.
Der Schlingentrainer kann bei spezifischen Beschwerdebildern, wie dem eines Impingementsyndroms, eingesetzt werden. Jedoch erfordert der Einsatz der Schlingen im rehabilitativen Bereich viel Fingerspitzengefühl des Therapeuten für die Intensitätssteuerung. Auch der Patient sollte ein gewisses Körpergefühl mitbringen. Sollten diese Voraussetzungen nicht gegeben sein, gibt es andere Möglichkeiten eines rehabilitativen Trainings, etwa mit Hanteln, Seilzug oder Therabändern. Dein Therapeut weiß am besten, welche Form für dich geeignet ist.
Zurück zu unseren Gelenken. Viele Begriffe aus dem medizinischen Bereich sind auch in der Sportwelt geläufig. Sie müssen nicht gleich zum Anatomieexperten werden, aber ein paar von diesen Begriffen sollten Sie zumindest schon einmal gehört haben und deren Bedeutung kennen.
Legen wir los mit den Gelenkstellungen:
Flexion: Hier findet grundsätzlich die Beugung eines Gelenks statt, beispielsweise beim Anwinkeln des Ellbogens oder des Knies.
Extension: Sie ist das Gegenteil der Flexion, nämlich die Streckung eines Gelenks.
Abduktion: Immer wenn Sie ein Bein oder einen Arm von Ihrem Körper wegbewegen oder abspreizen, spricht man von der Abduktion.
Adduktion: Sie ist das Gegenteil der Abduktion. Hier führen Sie die Extremitäten (Arme oder Beine) zum Körper heran.
Rotation: Ein Synonym wäre Drehung. Gelenke rotieren hier um ihre eigene Achse. Sie rotieren beispielsweise Ihren Kopf, wenn Sie Ihn zur Seite drehen, oder Ihre Wirbelsäule, wenn Sie den Oberkörper drehen. Auch eine Rotation der Schulter ist möglich, wenn Sie sie nach außen drehen (Außenrotation) oder nach innen (Innenrotation).
Pronation: Sie beschreibt ganz einfach eine von zwei Handstellungen. Wenn Sie die Arme nach vorn anheben und dabei die Handflächen nach unten drehen, sind Ihre Hände in einer pronierten Position. Sie ist vergleichbar mit dem Obergriff, bei dem Sie zum Beispiel eine Hantel oder auch die Haltegriffe des Schlingentrainers von oben greifen.
Supination: Sie ist das Gegenteil der Pronation. Die Handflächen zeigen nach oben. Diese Position ist vergleichbar mit dem Untergriff, bei dem Sie die Haltegriffe oder eine Hantel von unten greifen.
Hammergriff: Hier zeigen die Handflächen zueinander. So werden Sie sehr oft die Haltegriffe des Schlingentrainers greifen.
Weiter geht es mit den wichtigsten Begriffen, die die Muskeln betreffen:
Kontraktion: Hier zieht sich der Muskel zusammen, er verkürzt sich. Das geschieht immer, wenn Sie einen Muskel anspannen, und dafür müssen Sie meist ein Gelenk beugen, zum Beispiel beim Bizeps-Curl. Wenn Sie den Ellbogen beugen, kontrahiert der Armbeuger (M. biceps brachii), kurz: Bizeps.
Relaxation: Sie ist das Gegenteil der Kontraktion. Der Muskel wird wieder in seine ursprüngliche Form gebracht, er entspannt sich. Das Nachgeben beim Krafttraining wird auch als exzentrische Phase bezeichnet, im Gegensatz zur konzentrischen Phase.
Agonist: Übersetzt ist das der sogenannte Spieler, das heißt, ein Muskel, den Sie mit einer Übung trainieren, zum Beispiel den Bizeps.
Synergist: Er unterstützt den Agonist bei seiner Arbeit.
Antagonist: Jeder Spieler hat auch einen Gegenspieler. Damit wird der gegenüberliegende Muskel des Spielers bezeichnet. Beim Bizeps wäre es der Armstrecker (M. triceps brachii), der Armmuskel auf der Oberarmrückseite, kurz: Trizeps.
Rotatorenmanschette: Dieser Begriff ist bereits beim Impingementsyndrom aufgetaucht und bezeichnet eigentlich eine Platte aus Sehnen und Muskeln, die das Schultergelenk umfasst.
Ischiokrurale Muskulatur: Zu ihr gehört eine Gruppe von Muskeln auf der Oberschenkelrückseite, und zwar der Beinbeuger (M. biceps femoris), der Halbsehnenmuskel (M. semitendinosus) und der halbmembranöse Muskel (M. semimembranosus), die wiederum aus mehreren Anteilen bestehen.
Vorsicht am Umkehrpunkt
Wie beim herkömmlichen Krafttraining gibt es auch beim Schlingentraining Übungen, die Sie besonders vorsichtig ausführen sollten. Hauptsächlich in den Umkehr-punkten der Bewegung kann es zu sehr großen Drehmomenten kommen, zum Beispiel wenn Sie die gestreckten Arme gegen einen Widerstand über Kopf führen, wie beim Strecken im Stand (S. 112). Das größte Drehmoment findet hier im Schultergelenk statt, zum einen durch den langen Hebelarm, zum anderen durch die große Kraft, die am Hebelarm in Richtung der Schlingen ansetzt. Diese Kraft wird umso stärker, je mehr der Körper nach vorn geneigt ist. Der Umkehrpunkt ist die Endposition der Bewegung, also die gestreckten Arme über Kopf. Kann jetzt von der Rückenmuskulatur nicht genügend Kraft aufgebracht werden, um die Gegen-bewegung einzuleiten, kann das Schultergelenk überstreckt werden und somit eine Verletzung die Folge sein. Sie können bei Übungen, die ein solch großes Drehmoment beinhalten, gegensteuern, indem Sie ganz einfach einen kleineren Bewegungsradius nutzen, der für Sie noch gut kontrollierbar ist. So minimieren Sie das Verletzungsrisiko bereits um ein Vielfaches. Zusätzlich haben Sie bei zahlreichen Übungen die Möglichkeit, eine versetzte Fußposition einzunehmen, die Ihnen zusätzlich
Sicherheit gewährleistet.
Eigentlich müssten wir diese Betrachtung für jedes Gelenk in den Umkehrpunkten durchführen. Das ginge aber zu weit. Ich möchte Sie hiermit lediglich dafür sensibilisieren, die Übungen stets bewusst, kontrolliert und technisch sauber auszuführen.
Atmen – aber richtig!
Auch wenn wir die Atmung als selbstverständlich betrachten, so spielt Sie bei jedem Training doch eine wichtige Rolle: Sie kann die Muskelkontraktion unterstützen. Einsteiger sollten die Atmung jedoch vorerst nicht berücksichtigen und sich zu Beginn auf die Technik konzentrieren. Mit mehr Trainingssicherheit ist auch die richtige Atmung kein Problem.
Merken Sie sich als Faustformel, dass Sie beim Krafttraining immer dann ausatmen, wenn Sie das Trainingsgewicht – beim Schlingentraining ist es das eigene Körpergewicht – überwinden, und einatmen, wenn Sie dieses ablassen. Somit findet das Einatmen in der exzentrischen Phase und das Ausatmen in der konzentrischen Phase statt. Jedes Mal, wenn Sie Ihren Körper anheben, atmen Sie also aus. Beim Rudern an den Schlingen beispielsweise atmen Sie beim Hochziehen aus, da Sie sich gegen den Widerstand des Körpers nach oben ziehen müssen. Wenn Sie mit Gewichten – auch mit dem eigenen Körpergewicht – trainieren, ist es hilfreich, über den Mund auszuatmen. Beim Einatmen können Sie durch Nase oder Mund atmen. Bei statischen Übungen, wie dem Unterarmstütz (S. 87), gibt es diese zwei Phasen nicht. Lassen Sie hier Ihren Atem ruhig und gleichmäßig fließen.
Vor allem beim Krafttraining mit schweren Gewichten, aber auch bei anspruchsvollen Übungen am Schlingentrainer, besteht die Gefahr der Pressatmung. Dabei wird während der Belastung, also beim Ausatmen, die Luft angehalten. Der Druck auf den Brustkorb steigt, somit auch auf das Herz und der Blutdruck erhöht sich. Versuchen Sie, diese Atemtechnik so gut es geht zu vermeiden. Wer Bluthochdruck, eine Herzschwäche oder ähnliche Vorschädigungen hat sowie für ältere Menschen ist diese Atmung zu riskant. Sie ist nur für gesunde, junge Menschen sinnvoll und unproblematisch. Wer sie dennoch ausprobieren möchte, kann eine abgeschwächte Form anwenden: Öffnen Sie beim Ausatmen nur ganz leicht den Mund und versuchen Sie, die Luft zwischen Ihren Lippen herauszupressen, aber keinesfalls den Atem anzuhalten.
Euer Marcel Doll