Dabei wird zwischen zwei unterschiedlichen Varianten unterschieden – der schnellen, federnden Dehnung und der langsamen und fließenden Dehnung der myofaszialen Ketten (Schleip, Findley, Chaitow, & Huijing, 2014, S. 353 f.). Beide Varianten können wir sehr gut an den Schlingen umsetzen. Ziel der Übungen ist es, ein bewegungsfreudiges, elastisches und spannfähiges Fasziennetz zu erhalten. Um dies zu erreichen, müssen die Faszien multidirektional bewegt werden. Dehnimpulse auf das fasziale Gewebe haben eine vermehrte Kollagensynthese zur Folge. Die neu gebildeten Kollagenfasern richten sich entsprechend der auf sie einwirkenden Zugbelastungen aus. Multidirektionale Bewegungen bedingen somit ein scherengitterartiges Netzwerk (Slomka, Schleip, & Freiwald, 2014, S. 154 f.). Man könnte das ganze auch unter dem Leitsatz – „Form follows function“ – zusammenfassen.
Möglichst lange Ketten ansprechen
Beim schnellen dynamischen Dehnen werden zum einen große, ausladende Bewegungen aus der Vorspannung heraus oder kleine achtsame Bewegungen, wie Federn, innerhalb der Dehnspannung empfohlen. Beim langsamen, fließenden Dehnen stehen in erster Linie die myofaszialen Ketten im Vordergrund. Statt einzelne Muskelgruppen zu dehnen, werden Übungen gewählt, die möglichst lange myofasziale Ketten ansprechen. Hierbei werden langsame Bewegungen in unterschiedliche Richtungen genutzt, bei denen der Winkel in jeder Richtung leicht variiert. Diese können seitliche und diagonale Bewegungen sein oder auch Rotationen, dadurch werden größere Teile des Fasziennetzwerks angesprochen (Schleip, et al., 2014, S. 354).
Die myofaszialen Leitbahnen
Grundlegend sollte man beim faszialen Dehnen von der bisherigen Sichtweise, lediglich einen einzelnen Muskel zu dehnen, abkommen. Mit dem Wissen, dass beim Dehnen nicht allein die Muskulatur, sondern ein den gesamten Körper durchziehendes Netzwerk angesprochen wird, entwickeln sich heute muskelübergreifende, vom einen Körperende zum anderen, ziehende Dehnmodelle. Tom W. Myers (2010) entwickelte das Modell der myofaszialen Leitbahnen. Myers untergliedert das Faszien-Netzwerk in anatomische Zuglinien, die sich aus myofaszialen und bindegewebigen Einheiten zusammensetzen. Druck- und Zugbelastungen, wie sie beim Dehnen entstehen, werden von einem Glied der Kette zum Nächsten weitergegeben (Slomka, et al., 2014, S. 163).
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass ein fasziales Dehnen folgende Aspekte aufweisen sollte:
- Einbeziehen von langen Funktionsketten
- Raum geben
- Richtungs- und Stellungswechsel (viele Variationen)
- Dynamik
Fascial Stretch trifft auf das TRX
Diese neuen Erkenntnisse aus der Faszienforschung können wir nun in die Dehnübungen am Suspension Trainer einfließen lassen. Die Trainingseigenschaften, die die Schlingen mit sich bringen sind prädestiniert dazu, einen Fascial Stretch damit umsetzen. Das multidirektionale Ansprechen der Faszien in Form von Dehnübungen ermöglicht uns der Schlingentrainer durch seine Eigenschaft, dass das Training einen dreidimensionalen Charakter hat. Die Schlingen verkörpern beim Dehnen eine nach außen verlagerte Verlängerung der myofaszialen Leitbahnen und stellen zugleich einen Kraftvektor dar. Die Kraft wirkt in Richtung der Schlingen und ermöglicht uns das Aufspannen im Raum. Es entsteht somit eine Zugspannung auf das myofasziale System, was wiederum eine Kollagensynthese entsprechend dieser Zugrichtung nach sich zieht. Neben dem Aufspannen durch die Schlingen, ermöglichen uns diese, fließende und weiche Bewegungen innerhalb einer Dehnübung – und somit Variationsmöglichkeiten. Somit werden wir der Anforderung gerecht, das Fasziennetzwerk multidirektional anzusprechen.
Hier findet Ihr Übungen für das Fascial Stretching mit dem TRX.
Euer Marcel Doll
Literatur:
Schleip, R., Findley, T. W., Chaitow, L. & Huijing, P. A. (2014). Lehrbuch Faszien: Grundlagen, Forschung, Behandlung. München: Urban & Fischer.
Slomka, G., Schleip, R. & Freiwald, J. (2014). Faszien in Bewegung: Bedeutung der Faszien in Training und Alltag, Zahlreiche Übungen für Fitness-, Gesundheits- und Leistungssport. Aachen: Meyer & Meyer.