Jedem ist bekannt, dass durch regelmäßiges und gutes Training in Kombination mit dem richtigen Mix aus Belastung und Erholung im Wesentlichen die physische Leistungsfähigkeit gesteigert, Beschwerden und Risikofaktoren vorgebeugt, Krankheiten vermieden und therapiert, sowie die Erholungsfähigkeit verbessert werden kann. Sport hat nachgewiesenermaßen verschiedene positive Auswirkungen auf die körperliche Gesundheit. Die physischen Zusammenhänge bzw. die Auswirkung von bestimmten Trainingsmethoden auf die körperliche Leistungsfähigkeit lassen sich durch unterschiedliche Parameter (Herzfrequenz, VO2max, Laktat, Blutdruck Zeit, Gewicht, etc.) sehr gut erfassen, belegen und verdeutlichen. Was allerdings psycho-physische Zusammenhänge angeht stehen wir oft und immer noch vor vielen Fragezeichen. Hier werden häufig pauschale Annahmen und Aussagen getroffen, um teilweise hoch komplexe und weniger gut operationalisierbare und nachweisbare Zusammenhänge erklärbar zu machen. Wenn es um die Psyche geht, schauen wir oftmals in eine Blackbox und sind gefrustet, dass bestimmte Dinge nicht direkt greifbar und nicht wie in der Trainingswissenschaft oder Medizin direkt nachvollziehbar sind. Dabei ist jedem bewusst, dass mentale Aspekte im Sport und vice versa gesehen, eine essentiell wichtige Rolle spielen. Welche Zusammenhänge können nun also konstatiert werden, die man für bare Münze, also hinreichend überprüft und nachgewiesen, nehmen kann?
Regelmäßiges Ausdauertraining im aeroben Bereich fördert und verbessert die Sauerstoffversorgung und die Durchblutung des Gehirns signifikant, wodurch z. B. die Konzentrationsfähigkeit positiv beeinflusst wird. In diversen Studien ist sogar von deutlichen Verbesserungen der Ergebnisse bei Intelligenztests die Rede, welche auf die erhöhte Konzentrationsfähigkeit durch die bessere Sauerstoffversorgung des Gehirns aufgrund des regelmäßigen und moderaten Ausdauertrainings der Testpersonen zurückgeführt wurde. Diese (Kausal-) Zusammenhänge können bekanntlich vorschnell zu falschen Interpretationen und Aussagen führen, nach dem Motto „Fitness macht schlauer“. Den Zusammenhang gilt es differenzierter zu betrachten. Der positive Zusammenhang zwischen Fitness, einer besseren Sauerstoffversorgung sowie Durchblutung des Gehirns und einer dadurch resultierenden erhöhten Konzentrationsfähigkeit liegt hier nahe und kann durchaus angenommen werden. Regelmäßiges physisches Training steht also mit einer Verbesserung der Konzentrationsfähigkeit in enger Beziehung.
Sport ist die beste „Droge“
Körperliche Aktivität mit der richtigen Intensität beeinflusst unsere Gehirnchemie in Form von Hormonausschüttungen, die auf unsere Stimmung und auf unser psychisches Wohlbefinden nicht nur kurzfristig, sondern auch langfristig Einfluss nehmen. Körpereigene Botenstoffe und Neurotransmitter, wie bspw. Endorphine, Dopamin und Serotonin verbessern unsere Stimmungslage und unsere Befindlichkeit nachhaltig. Das Gute: Dieser Zustand verpufft nicht wenige Minuten oder Stunden nach dem Workout, sondern führt bei kontinuierlichem Sporttreiben zu einem länger dauernden Gefühl der Ausgeglichenheit und einem erhöhten psychischen Wohlbefinden. Dass Sport die psychische Gesundheit verbessert, ist hingegen per se betrachtet zu pauschal formuliert. Psychische Gesundheit ist mehrdimensional zu sehen und weist verschieden Komponenten auf. Fitnesstraining ist diesbezüglich kein Allheilmittel. Es weisen jedoch viele Untersuchungen darauf hin, dass physische Fitness ein Puffer für emotionale Konflikte und psychische Erkrankungen darstellt. Regelmäßiges Training führt in Verbindung mit einer erhöhten emotionalen Stabilität zu mehr Ausgeglichenheit und zu geringeren Stimmungsschwankungen. Aus diesem Grund ist Fitnesstraining inzwischen auch zu einer gängige Therapieform bzw. Therapiekomponente bei Depressionserkrankungen geworden. Verstimmungen, permanentes Traurigkeitsempfinden und Ängste können durch Sportaktivitäten signifikant gemildert werden. Aus manchen Untersuchungen wird sogar auf eine heilende Wirkung geschlossen. Hier sind allerdings die Form und das richtige Maß entscheidend für die Motivation. Zu hoher Leistungsanspruch und Ehrgeiz in Verbindung mit zu hoch gesteckten Zielen, die in möglichst kurzer Zeit erreicht werden sollen, führt häufig zu Überforderung und zum vorzeitigem Aufgeben. Dies ist bspw. sehr gut an der Dropoutquote im Nachwuchsbereich im Leistungssport zu erkennen, wie auch im Breitensportbereich bei den gesundheits- und körperbezogenen Neujahrsvorsätzen. Regelmäßiges Training hilft also dabei, unser Befinden zu regulieren, unsere Stimmungslage nachhaltig positiv zu beeinflussen, unsere emotionale Stabilität zu steigern und uns ausgeglichener zu fühlen.
Auch in Stresssituationen reagieren Sportler i.d.R. gelassener und ruhiger als untrainierte Personen. Die Erklärung hierfür ist auf die Erfahrung des Sportlers und darauf zurückzuführen, dass er sich wiederholt körperlichen Anforderungen bis hin zu Stresssituationen in Form von Training oder Wettkampf aussetzt. Athleten, die sich sowohl physischen als auch psychischen Belastungen stellen, werden so in gewisser Weise für Stress und den Umgang damit konditioniert und werden somit resistenter. Die körperliche Belastung bringt den Körper gezielt – wie auch in ungewollten Stresssituationen – aus dem Gleichgewicht und führt zu ähnlichen psychophysischen Symptomen, wie z.B. einem erhöhten Herzschlag und Blutdruck, Atemfrequenzsteigerung, Schweißbildung und einer Erhöhung des Muskeltonus. Fitnesstraining dient so auch besonders gut als Stresspuffer bei Alltagsproblemen.
Beim Sport mal richtig „Abschalten“ ist vielfach leichter gesagt als getan
Den Alltagsstress beim Sport einfach hinter sich zu lassen, ist nicht immer ohne weiteres möglich. Die Gedanken kreisen um verschiedene Probleme und halten sich hartnäckig. Um in einen körperlichen als auch mentalen meditativen Zustand zu gelangen, hilft es besonders körperliche Aktivität mit mentalen Entspannungsübungen zu kombinieren. Dabei ist es wichtig, sich bei einzelnen Übungen so stark wie möglich zu fokussieren. Hier kann es helfen, wenn man die Gedanken auf etwas Positives lenkt und diesen Gedanken ständig wiederholt. Training kann also dabei helfen, psychophysische Anspannungen abzubauen und Stresserlebnisse abzupuffern, um sich energetisch neu aufzuladen.
Des Weiteren stützen Untersuchungen die Annahme, dass Personen, die regelmäßig Sport treiben, eine positivere Einstellung zu ihrem Körper und damit ein besseres Selbstverständnis und Selbstbewusstsein entwickeln als Nichtsporttreibende. Trainierte Personen stellen sich regelmäßig körperlich anspruchsvollen Herausforderungen und lernen, diese zu meistern. Die dabei erlebte Leistungsfähigkeit, das vermittelte Kompetenzerleben und das dann auch sukzessiv abnehmende Anstrengungsempfinden erhöht den Spaß am Sporttreiben und die positiven Assoziationen mit körperlichen Herausforderungen, was die Einstellung zum Training sowie zu sich selbst wiederum günstig beeinflusst. Die Erfahrung aus Rückschlägen herauszukommen, Herausforderungen zu meistern und sich in bestimmten Situationen (z.B. auch gegen den „inneren Schweinehund“) durchzusetzen, stärkt das Selbstwertgefühl, verbessert die Selbsteinschätzung und das Selbstbewusstsein.
Damit sich die positiven Effekte von Fitnesstraining auf die angesprochenen mentalen Aspekte einstellen können, ist es entscheidend, dass das Training zur Routine wird. Das Training muss daher insbesondere bei Nachwuchsathleten und Beginnern behutsam aufgebaut werden, da vor allem am Anfang ein sehr intensives Training und damit verbundene hochintensive Belastungen als aversiv erlebt werden. Deswegen werden solche Erfahrungen oft als negativ gespeichert. Dies führt zu einem Verhalten, bei dem sportliche Betätigung eher gemieden wird und den Aufbau einer Trainingsroutine deutlich erschwert. Die positiven psychischen Erlebnisse, die das regelmäßige Training mit sich bringt, können dann i.d.R. nur sehr schwer erfahrbar gemacht werden. Es sollte daher vor allem zu Beginn des Sportreibens unbedingt darauf geachtet werden, dass der Athlet schnelle spürbare Effekte und Erfolge erfährt, die die positive Einstellung und das Verhalten zum Sporttreiben verstärken und langfristig stabilisieren.
Euer Gregor Hackfort