Funktionell und effektiv wird Ihr Training aber erst dann, wenn Sie Ihre Muskeln mit der richtigen Intensität trainieren. Am effektivsten trainieren Sie Ihre Kraft durch klassische Übungen mit der Langhantel. Dabei geht es darum Übungen so auszuwählen, dass Sie Ihre Kraft steigern. Möglicherweise profitieren Spielsportler von einem Krafttraining sogar, indem dies zu einer verbesserten Laufökonomie führt. Gerade mit klassischen Übungen kann Ihnen dieser Spagat zwischen einem effektiven Krafttraining gelingen, ohne dass Sie mit wirkungslosen Übungen Ihre Zeit verschwenden.
Trainingsplanung: Ausdauer versus Kraft
Lange Jahre wurde das Krafttraining in Sportarten, bei denen viel gelaufen wird, belächelt. Aus Angst vor Muskelbergen wurden Hantelübungen eher gemieden. Stattdessen werden Übungen mit dem eigenen Körpergewicht und geringer Intensität trainiert. Dass ein Krafttraining langsam und schwer macht hat sich jedoch als Irrglaube erwiesen. Wird ein funktionelles Krafttraining durchgeführt, kann es die Laufleistung sogar unterstützen. Das gilt nicht nur auf dem kleinen Handballfeld, sondern sogar für Langstreckenläufer, bis hin zur Marathonstrecke und eben erst recht für Fußballer. Dennoch werden Fußballer auch in der Zukunft optisch nicht an Bodybuilder erinnern. Funktionelles Krafttraining darf eben nicht mit Muskelwachstum gleichgesetzt werden. Trainingsmethoden, die sich in Spielsportarten und im Ausdauersport gleichsam empfehlen, wirken eher auf der Ebene des muskulären Zusammenspiels. Die Kraftentfaltung eines Muskels ist nicht allein vom Muskelquerschnitt – also der Muskeldicke abhängig, sondern auch von der nervalen Ansteuerung. Genau in diesem Bereich setzt funktionelles Krafttraining an, wenn es Spielsportler unterstützen soll.
Die richtigen Lasten für funktionelles Krafttraining!
Wenn wir von einem Krafttraining sprechen, müssen einige Grundvoraussetzungen erfüllt werden, die sich an den wissenschaftlichen Grundlagen der Kraft orientieren. So muss beispielsweise eine bestimmte Krafthöhe von Ihren Muskeln bewältigt werden, um überhaupt von einem Krafttraining sprechen zu können. Nur wenn Sie während einer Trainingsübung mindestens 50 % der Last bewegen, die Sie einmalig bewegen könnten, sind Anpassungen zu erwarten, die in einer Steigerung der Kraft münden. Trainieren Sie mit geringerem Widerstand werden die Anpassungen eher auf der Ebene der Energiebereitstellung oder der Koordination liegen. Von Krafttrainingsanpassungen können wir in diesem Fall nicht mehr sprechen. Nun müssen Sie sich aber keinen speziellen Krafttests unterziehen, um herauszufinden, ob Sie über der beschriebenen Reizschwelle für Krafttraining trainieren. Sie können auch anhand der maximalen Wiederholungszahl Ihr funktionelles Krafttraining steuern. Sie müssen dann Ihre maximale Kraftfähigkeit nicht kennen, um die beschriebenen 50% zu überschreiten. Stattdessen wird der Krafttrainingsreiz über die maximal zu bewältigende Wiederholungszahl angesteuert. Anhand der beschriebenen Grenze ergibt sich für funktionelles Krafttraining aber auch, dass Trainingsmethoden, bei denen Sie mit einem Gummiband oder Ihrem eigenen Körpergewicht arbeiten, nicht unbedingt zu Krafttrainingsanpassungen führen. Wenn Sie Ihre Kraftfähigkeit steigern wollen, empfiehlt es sich, freie Übungen mit der Langhantel zu trainieren.
Ausdauerleistung limitiert Sie!
Wenn Sie funktionelles Krafttraining starten, müssen Sie wissen, dass Sie über das Krafttraining Ihre Ausdauerleistungsfähigkeit nicht beeinflussen. Das Training wirkt weder unmittelbar positiv noch negativ auf Ihre Ausdauer. In sportwissenschaftlichen Studien gab es keinen Unterschied in der maximalen Sauerstoffaufnahme bei trainierten Läufern, die ein reines Ausdauertraining durchführten im Vergleich zu Läufern, die ein schweres Krafttraining durchführten. Die Vorteile eines Krafttrainings scheinen also andere Ursachen zu haben. Vergleichsstudien zeigen, dass beim Laufen insbesondere eine verbesserte Laufökonomie positiv wirkt. Da Spielsportarten „laufend“ bewältigt werden, liegen Vorteile aus dem Krafttraining auf der Hand. Hinzu kommt dass Langhantelathletik eben auch die vertikale Stabilität unterstützt. Genau dies ist auch der Grund, warum Krafttraining über sehr hohe Lasten wirkt: Nur hohe Lasten führen zu Anpassungen auf der Ebene der neuronalen Aktivierung2. Dabei gilt, dass hohe Lasten mit schnellen Kontraktionen bewältigt werden müssen. Die Anspannung gegen das hohe Gewicht muss schnell erfolgen. Aber Achtung: Verwechseln Sie nicht „Kontraktion“ mit Bewegung! Der Muskel muss schnell zu 100 % aktiviert werden. Gleichsam explosiv – aber eben durch das hohe Gewicht bei langsamen Bewegungsgeschwindigkeiten! Wer sich in seiner Bewertung allein auf die Bewegung und die Bewegungsgeschwindigkeit konzentriert macht einen fatalen Fehler!
Physiologische Grundlagen
Ein Krafttraining, das Sie mit ausreichend hohen Lasten durchführen, wirkt auf neuronaler Ebene. Das bedeutet, dass die Aktivierung Ihrer Muskulatur durch das Training optimiert wird. Konkret kann die Frequenz mit der die Nervenimpulse auf die Muskulatur treffen beeinflusst werden. Auch die Synchronität der Reize auf die Muskulatur kann optimiert werden und zudem auch das Zuschalten einzelner Muskelfasern beschleunigt ablaufen. Gerade bei Master-Athleten zeigt sich, dass Veränderungen der Aktivierungsfähigkeit durch ein Krafttraining positiv auf die Laufleistung wirken. Funktionelles Krafttraining führt zu einer gesteigerten Kraftentfaltung, die sich bei jedem Schritt bemerkbar macht. Gerade die kurzen Bodenkontaktzeiten beim Laufen sind der Grund dafür, dass die Kraftentfaltung pro Muskelkontraktion ein wichtiger Faktor bei der Schrittlänge und beim Abdruck ist. Genau an dieser Schnittstelle scheint funktionelles Krafttraining zu wirken. Italienische Sportwissenschaftler zeigten bei Master-Athleten, die allesamt Marathonläufer waren, dass Krafttraining eine Leistungsreserve darstellt und so die Laufleistung verbessert. Gerade die neuromuskulären Funktionsweisen scheinen also interessant zu sein, wenn es darum geht funktionelles Krafttraining zu nutzen, um Ihre Laufleistung zu optimieren. Das bedeutet aber auch, dass die Grundlagen des Krafttrainings optimal umgesetzt werden müssen, damit Sie optimal von funktionellem Krafttraining profitieren. Neben den höheren Lasten muss auch die Geschwindigkeit der Kontraktion sehr hoch sein. Das bedeutet nicht, dass Sie sich schnell „bewegen“ sollen, sondern dass Sie Ihren Muskel schnell gegen die hohen Lasten anspannen.
Die Trainingsmethoden variieren!
Am wirkungsvollsten ist funktionelles Krafttraining, wenn Sie versuchen es ganzjährig in einen Trainingsplan einzubauen. Nur so können Sie optimal von den vielfältigen Anpassungen profitieren. Dabei sollten Sie die genutzten Trainingsmethoden im Saisonverlauf variieren. Die jeweiligen Phasen richten Sie dabei an den Wiederholungszahlen aus. Das Gewicht wählen Sie dabei jeweils so schwer, dass Sie keine weiteren Wiederholungen mehr schaffen. Im Saisonverlauf wechseln Sie die Lastphasen mit Schnellkraftphasen ab. Trainieren Sie dann mit komplexen Übungen aus dem Gewichtheben: Aber Achtung: Funktionelles Krafttraining in Ballsportarten ist kein „Gewichthebertraining“. Grundlegend bieten sich aber insbesondere die Olympischen Techniken an!
Die Basis bilden mit der Kniebeuge
Im Krafttraining sollten Sie mit Hanteln und komplexen Übungen arbeiten. Bei diesen freien Übungen trainieren Sie sehr komplex und stärken nicht nur die Antriebsmuskulatur in den Beinen, sondern auch Ihre Rumpfmuskulatur. Sie trainieren also nicht an Krafttrainingsmaschinen, sondern mit klassischen Langhanteln und freien Gewichten. Nur so wird Ihr ganzer Körper trainiert und belastet. Studien der Universität Frankfurt zeigten, dass insbesondere die tiefe Ausführung der Kniebeuge funktionell hohe Übertragbarkeiten ermöglicht. Das Ziel sollte sein, dass Sie mit den Oberschenkeln parallel zum Boden stehen.
Neben der Kniebeuge sollten Sie Übungen in Ihr funktionelles Krafttraining einbauen, die das Ganzkörpertraining abrunden. In Spielsportarten muss funktionelles Krafttraining nicht länger als 60 Minuten dauern. Wenn Sie also insgesamt 4–6 Übungen in Ihr Trainingsprogramm aufnehmen, können Sie bereits mit diesem überschaubaren Aufwand Ihren Körper optimal trainieren. Klassiker wie Klimmzüge und Bankdrücken gehören dann ebenso zu Ihrem Trainingsprogramm, wie das Beinheben im Hang. Je nach Periodisierung muss Standumsetzen, Schwungdrücken oder sogar das Reißen in den Trainingsplan eingebaut werden.
Fazit
Wenn Sie pro Woche 1 – 3 Trainingseinheiten in den Kraftraum verlegen, können Sie in einer überschaubaren Zeit viel erreichen. Funktionelles Krafttraining wirkt umfassend und kann auch helfen, Verletzungen und Überlastungsschäden zu vermeiden. Seien Sie offen für Neues und probieren Sie es doch einfach mal aus! Eisen macht aber nur stark, wenn Sie es auch anfassen und bewegen!
Ihr Dennis Sandig
Literatur:
1. Strength and Conditioning Journal, 1995, Bd.17, (4),S. 7–13.
2. Journal of Strength and Conditioning Research, 2008, Bd. 22( 2), S. 396–403.
Ein sehr guter Artikel!
Wie könnte eine mögliche Periodisierung aussehen?