Die Entstehungsgeschichte des Neuroathletiktrainings
Du hast noch nichts von Neuroathletiktraining gehört? Dann wird es aber höchste Zeit! Denn Neuroathletik ist ein höchst spannendes Gebiet, das in Zukunft mehr denn je eine Rolle spielen und das Training im Spitzensport und darüber hinaus maßgeblich verändern wird. Profisportler und deren Trainer arbeiten bereits seit geraumer Zeit mit Methoden aus der Neurologie, um ihren Sportler zu Bestleistungen zu verhelfen. Damit hätten wir im Prinzip auch schon die erste Frage beantwortet: Neuroathletiktraining ist der Einsatz von Methoden aus der Neurologie im Sport.
2018 wurden von Lars Lienhard und Ulla Schmid-Fetzer die weltweit ersten Bücher zu „Neuroathletik“ veröffentlicht. Methodik und Beispiele sind hier genug nachzulesen.
Im Folgenden möchte ich einen kurzen Überblick über die Entstehungsgeschichte des Neuroathletiktrainings geben und die Entwicklung anhand einiger Wegmarken und Erfolge von durch uns betreute Spitzensportler, die seit vielen Jahren erfolgreich mit neuroathletischem Training arbeiten, beschreiben.
Diese Sportler haben mit „Neuroathletik“ Erfolge erzielt
Leichtathletin Gina Lückenkemper legte bei der Weltmeisterschaft 2017 in London mit 10,95 Sekunden einen legendären 100-Meter-Rekordlauf hin. Sie und ihr Trainer Uli Kunst arbeiten seit einigen Jahren mit Neuroathletiktrainer Lars Lienhard zusammen, um ihre Leistung zu verbessern. Weltmeister Per Mertesacker berichtet in seiner Autobiographie ausführlich über „Neuroathletik“. Auch Handballweltmeister Dominik Klein, Rodel-Olympiasiegerin Tatjana Hüfner, Zehnkampf-Europameister Artur Abele, Nordic-Combined-Olympiasieger Fabian Rießle und eine Vielzahl an Profifußballern, u.a. Serge Gnabry (FC Bayern München), Philip Max (FC Augsburg) und Dominik Kohr (Bayer 04 Leverkusen), sind vom Neuroathletiktraining überzeugt. Doch wie kam es dazu?
Startschuss Brasilien
Das Neuroathletiktraining ist seit der FIFA-Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien aus dem Spitzensport nicht mehr wegzudenken. Doch wer sind die „Gründerväter“ dieser ganz speziellen Trainingsmethode? Hinter „Neuro Athletic Training“ (kurz: NAT) stehen in erster Linie zwei Pioniere: Lars Lienhard und ich, Martin Weddemann. Wir haben im Jahr 2010 mit der Vision, dem deutschen Spitzensport neue Impulse zu geben sowie den Blickwinkel und die Herangehensweise an Bewegung und Training zu verändern, unser Unternehmen „Focus On Performance“ gegründet.
Der Begriff „Neuro Athletic Training“ ist unsere Wortneuschöpfung, die 2014 im Zuge der Vorbereitung auf die FIFA-Fußballweltmeisterschaft in Brasilien entstanden ist.
Zur Entstehung gibt es eine interessante Story
Der DFB hatte sich entschieden, Lars Lienhard ins WM-Vorbereitungs-Trainingslager nach Südtirol mitzunehmen, und Manager Oliver Bierhoff brauchte eine passende Bezeichnung für die Tätigkeit von Lars. Er wollte Lars und seine Arbeit der Mannschaft und dem Trainer- und Betreuerstab bestmöglich vorstellen und nannte ihn den „Neuro-Trainer“. Und so entstand im Mai 2014 dieser Begriff, den wir dann ziemlich schnell zu „Neuro Athletic Trainer“ bzw. „Neuro Athletic Training“ erweiterten. Der Gewinn der Fußballweltmeisterschaft in Brasilien und die mediale Berichterstattung haben in den letzten Jahren dann ihr Übriges dazu beigetragen, diesen Begriff im Sport zu festigen.
Zentrale Fragen unserer Arbeit
Eine Frage, die wir uns in den Anfangsjahren oft stellten, lautete: Warum kommt es überhaupt zu bestimmten Verletzungen bei unseren Athleten? Wie kann es sein, dass einige Athleten immer wieder die gleichen Verletzungen erleiden, obwohl ihr Gewebe laut Ärzten und Physiotherapeuten geheilt ist und sie vollständig belastbar sind?
Uns beschäftigte also hier nicht das verletzte Gewebe an sich, sondern die Frage nach dem Grund. Warum war die Funktion in einem Gelenk und in seinen Strukturen gestört? Wie konnte es überhaupt so weit kommen? Welche Rolle spielt die zentrale Bewegungssteuerung bei einer Verletzungsentstehung und warum ist die Bewegungssteuerung des Athleten defizitär? Was sind die Hintergründe von Verletzungen und Bewegungsdefiziten?
Uns war klar: Wir müssen mit noch mehr Verantwortungsbewusstsein an unsere Arbeit gehen – das sind wir unseren Athleten schuldig. Lars hat das einmal schön beschrieben:
„Wenn sich ein Athlet in meinem Training verletzt, suche ich die Schuld zuerst einmal bei mir und nicht im Athleten. Ich habe die Trainingsmaßnahmen gewählt und sein Training gesteuert, jedoch ohne zu überprüfen, ob der Athlet diesen Anforderungen auch in allem Bereichen gerecht war. Daher bin ich auch dafür verantwortlich herausrauszufinden, warum sich mein Athlet verletzt hat.“ (Lars Lienhard, 2009)
Der Erfolg gibt uns Recht
Die Kunst ist immer die individuelle und kontextbezogene Anwendung des Wissens durch einen erfahrenen Trainer. Erst dann wird der Athlet spüren können, welches Potenzial eigentlich in seinem Körper steckt. Wir möchten durch unsere Kommunikation eine realistische Perspektive auf den neuroathletischen Arbeitsbereich geben. Als Trainer müssen wir uns immer unserer Verantwortung bewusst sein, denn wir arbeiten mit Menschen – teilweise mit sehr jungen, manchmal schwer verletzten und häufig solchen, die im Fokus der Öffentlichkeit stehen. Wir tragen diesen Menschen gegenüber einer großen Verantwortung und der müssen wir gerecht werden. Das geht nur mit maximaler Qualität, einer fundierten Ausbildung und viel Erfahrung im Leistungssport. Man wird im Bereich des Neuroathletiktrainings allerdings nicht an einem Wochenende zum Experten.
Die ausführliche Story zu Neuroathletiktraining und wie das alles auch mit Dr. Eric Cobb und „Z-Health“ zusammenhängt, könnt ihr in Functional Training Magazin, Ausgabe 4/2018 nachlesen.
VERANSTALTUNGS-TIPP
Am 10./11.11.2018 findet die 1. Neuro Athletic Conference in München statt. Infos & Tickets: www.neuro-athletic-conference.de