Es ist nicht ungewöhnlich, dass Menschen vorsorglich auf Schmerzmittel zugreifen, bevor sie Golfen gehen, da eine Runde auf dem Platz ohne Schmerzmittel einfach nicht auszuhalten ist. Andere hören wegen starken Schmerzen mit dem Golfen ganz auf und das ist für sie und für den Golfsport sehr traurig.
Seht euch beide Bilder genau an:
Dieser Schwungfehler nennt sich „Reverse-Spine-Angle“ (Bild 1). Es ist der hauptsächliche Grund warum Golfer Rückenbeschwerden haben.
Wie ihr im Bild 1 deutlich erkennen könnt, ist der Körper in der obersten Rückschwung-Position auf dem linken Bein gelagert und zum Ziel gekippt. Des Weiteren, ist der Oberkörper überdreht (meist über 90°), seitlich gebeugt und in Extension. Die Bauchmuskulatur ist gestreckt, sogar inhibiert und die untere LWS zusammengepresst. Beim Richtungswechsel, dominiert der Oberkörper den Unterkörper, deshalb kann der Abschwung nicht korrekt eingeleitet werden. Die Reihenfolge beim Richtungswechsel ist demzufolge verkehrt und führt zu Kraft-und Kontrollverlusten. Im Treffmoment werden Kräfte im unteren LWS Bereich ausgeübt und diese führen zu Schmerzen. Meine persönliche Vorstellung von Schwungeffizienz im Golfschwung ist eine kraftvolle Drehung, gekoppelt mit segmentaler Kraftübertragung, aber niemals mit einer Kippbewegung.
Rückenschmerzen – wo liegen die Ursachen?
Im besten Fall kann es sein, das der Golfer einfach nicht weiß was im Schwung zu tun ist. Das ist denkbar und wäre die einfachste und schnellste Lösung.
Eine andere Ursache könnte jedoch sein, das dass „Lower-Crossed-Syndrome“ (LCS) eingetreten ist. Diese Muskeldysfunktion ist eine Kombination von inhibierten und überaktiven gegenüber liegenden Muskeln.
Eine Überlastung der posturalen Muskulatur, zum Beispiel beim Iliopsoas, führt zu einem neurologischen Reflex, also einer Verkürzung . Die gegenüberliegende Muskulatur, die Antagonisten, in diesem Fall der Gluteus Maximus, wurde neurologisch inhibiert. Dieses gilt für das Erector Spinae und Rectus Abdominus. Sitzenden Tätigkeiten wie zum Beispiel, viel Autofahren oder Büroarbeit kann zu LCS führen. Diese Zusammenhänge nannte der bekannte Physiotherapeut Dr. Vladimir Janda aus der Czech Republik, Lower-Crossed-Syndrome.
Lower Crossed Syndrome
Verkürzte Muskeln Inhibierte Muskeln
- Iliopsoas Gluteus Maximus
- Erector Spinae Rectus Abdominus
- Tensor Fascia Lata (TFL) Gluteus Medius
- Quadratus Lumborum Gluteus Medius
Die drei klassischen Golf Ansprechpositionen
S Haltung C Haltung Neutrale Haltung
Becken Mobilitäts-Test
Dieser Test ist sehr gut geeignet um die allgemeine Mobilität in der Hüfte und LWS Bereich zu testen. Beckenmobilität und Rumpfstabilität sind für den Energietransfer vom Unter- zum Oberkörper notwendig und daher für rotorische Athleten unverzichtbar.
Ausführung:
Der Athlet nimmt seine Golfhaltung ein, Arme eng am Brustkorb. Beobachten Sie die Ausgangsposition ganz genau. Ist eine S-Kurve erkennbar? Ein C-Kurve oder ist der untere Rücken in einer flachen und neutralen Position?
Nun soll das Becken so weit wie möglich gekippt werden. Bitte beachten Sie dabei diese Reihenfolge: Anterior-Posterior-Anterior-Posterior. Die Beine und der Oberkörper dürfen sich dabei nur minimal bewegen.
Schritt 1 Schritt 2 Schritt 3 Schritt 4
- Anterior Bewegung eingeschränkt? Möglicherweise ist Ihr Klient bereits beim Start maximal Anterior gekippt (Bild 2)
- Anterior Bewegung eingeschränkt – Prüfen Sie Rumpf und Gluteus
- Posterior Bewegung eingeschränkt? Möglicherweise ist Ihr Klient bereits beim Start maximal Posterior gekippt (Bild 3)
- Posterior Bewegung eingeschränkt – Prüfen Sie die Hüftbeuge und den unteren Rücken
- Becken bewegt sich gleichmäßig und problemlos Anterior zu Posterior, bedeutet ein optimales Verhältnis zwischen Beckenmobilität und Rumpfkontrolle.
- Anterior und Posterior Bewegung ist eingeschränkt, bedeutet Mobilitätdefizit.
Um den Golfschwung korrekt einzuleiten, ist es wichtig dass der Golfer einen neutralen und flachen unteren Rücken in der Ansprechposition hat. Wenn das Becken am Anfang zu viel Anterior Neigung aufweist, ist es nicht möglich, den Schwung biomechanisch betrachtet, effizient aufzubauen. Das bedeutet weniger Spannung und kann zu einem gekippten Reverse-Spine-Angle führen.
Problemzonen aus der Sicht des Golf Fitness Professionals
Mobilität- und Stabilitätseinschränkungen in einem oder mehreren der folgenden Bereiche können zu einen Reverse-Spine-Angle führen:
- Becken: mögliche maximale Anterior Neigung in der Ansprechposition
- Keine segmentale Trennung zwischen Oberkörper und Unterkörper im Rückschwung
- Hüftmobilität: eingeschränkte Innenrotation der rechte Hüfte im Rückschwung (Rechtshand Golfer), möglicherweise linke Außenrotation
- Rumpfstabilität: schwache / inhibierte Bauchmuskulatur in der Ansprechposition, sowie während des Rückschwungs und Abschwungs
- Armschwung limitiert durch eine eingeschränkte Latissimus Dorsi Flexibilität
Anhand dieser Informationen, wäre es möglich einen gezielten Trainingsplan für folgende Bereiche auszuarbeiten:
- Beckenmobilität
- Gluteus Kraft und Stabilität
- Hüftmobilität- und Flexibilität in der Innen-und Außenrotation
- Rumpfstabilität
- Oberkörperrotation über einem stabilen Unterkörper
- Latissimus Dorsi Flexibilität
Im nächsten Artikel stelle ich konkrete Übungen vor, mit denen diese Problemzonen trainiert werden können.
Euer Nicholas Zaher
Sehr gute Sichtweise. Gerade im Golfsport pushen sich Breitensportler mit Schmerzmitteln. Dies kann mit den beschriebenen Screening-Möglichkeiten und einem anschließend passenden Trainingsprogramm aus lediglich 3-4 Grundübungen ausgemerzt werden.