Eine intensive, schmerzhafte und spontan auftretende Kontraktion des Muskels
Wohl jeder Sportler- ob Hobby oder Profi-Athlet – hat schon einmal das qualvolle Gefühl eines Beinmuskel-Krampfes während der Belastung gespürt und über deren Ursache gerätselt. Es kursieren viele Behauptungen und Meinungen über die Gründe sport-assoziierter Muskelkrämpfe. Doch wie sieht es eigentlich aus wissenschaftlicher Sicht dazu aus?
Die Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie definiert den Muskelkrampf als eine intensive, schmerzhafte und spontan auftretende Kontraktion des Muskels, die mit einer tastbaren Verhärtung einhergeht. Der Ausprägungsgrad eines Muskelkrampfes ist unterschiedlich und kann von wenigen Sekunden bis zu mehreren Minuten dauern, bis die Entspannung wieder eintritt.
Die Ursachen und Risikofaktoren auftretender Muskelkrämpfe während einer sportlichen Belastung sind allerdings bis dato weitgehend unbekannt und individuell höchst unterschiedlich. Insbesondere unter Hitzebedingungen treten muskuläre Krämpfe gehäuft auf. Diskutiert werden vor allem folgende Vermutungen:
a) Flüssigkeitsmangel (Dehydratation)
b) Elektrolyt-Ungleichgewicht bzw. –defizit
c) Muskuläre Ermüdung
Sportbedingte Muskelkrämpfe durch Natrium Defizit
Anekdotische, klinische Beobachtungen zeigen einen Zusammenhang zwischen Flüssigkeitsmangel oder/und einem veränderten Elektrolythaushalt und der Entstehung von sport-assoziierten Muskelkrämpfen während oder nach der Belastung. Die Datenlage, dass ein Magnesium, Kalium oder Calcium-Verlust der Grund sein könnte, ist jedoch schwach, denn über den Schweiß werden diese Mineralien nur in kleinen Mengen ausgeschieden. Ein mittels Blutuntersuchung nachgewiesener Mangel dieser Mineralien kann jedoch durchaus muskuläre Krämpfe verursachen und sollte mit gezielten Ernährungsmaßnahmen und Einsatz von speziellen Mineralstoffpräparaten behoben werden. Der Mineralstoff Natrium (Bestandteil von Speisesalz) wird über den Schweiß hingegen in größeren Mengen ausgeschieden. Natrium ist an der Regulation des Flüssigkeitshaushalts beteiligt und beeinflusst die Muskel-und Nervenfunktion. Neben einem Flüssigkeitsmangel steht daher ein Natrium-Defizit in Verdacht, Muskelkrämpfe zu verschulden.
Als Haupt-Risikofaktor für die Entstehung belastungsbedingter Muskelkrämpfe wird jedoch in der Wissenschaft vermehrt die veränderte neuromuskuläre Kontrolle bzw. die muskuläre Ermüdung in Betracht gezogen. Hohe langandauernde, vor allem auch ungewohnte Belastungsintensitäten spielen hierbei eine wesentliche Rolle. Finden die Trainings-Einheiten zusätzlich bei schwülen und heißen Umgebungstemperaturen statt, erhöht sich das Krampf-Risiko.
Tipps zur Prävention belastungsbedingter Muskelkrämpfe
Die Risikofaktoren einer muskulären Ermüdung sollten reduziert werden. Dazu gehören beispielsweise:
- die Belastungs-Intensitäten dem Trainingsniveau entsprechend auswählen
- dem Körper nach intensiven Trainingseinheiten ausreichend Erholung gönnen, denn ein ausgeruhter Körper ermüdet weniger schnell
- das Leistungsniveau mittels gezielter Trainingsplanung verbessern, denn gut trainierte Muskeln sind widerstandsfähiger gegen Ermüdung
Ebenfalls sollte auf einen ausgeglichene Flüssigkeits-und Elektrolyt-Haushalt geachtet werden:
- Die Trainingseinheit immer mit gut gefülltem Flüssigkeitsspeicher beginnen.
- Während der Belastung sorgt ein Natrium-angereichertes Sportgetränk für eine effektive Flüssigkeitsversorgung und führt dem Körper gleichzeitig das über den Schweiß verlorene Elektrolyt wieder zu.
- Nach der Belastung, ganz besonders wenn die nächste Belastungseinheit in Kürze wieder ansteht, sollte dem Körper ebenfalls ausreichend Flüssigkeit und Natrium (z.B. mittels Recovery Drinks oder einem Laugen-Sandwich mit fettarmen Käse und einer Saftschorle) zugeführt werden, um bestehende Flüssigkeits-und Elektrolyt-Defizite möglichst rasch auszugleichen.
Doch was tun, wenn es zum Muskelkrampf kommt?
Als effektive Sofortmaßnahmen werden passives Stretching der verkrampften Muskulatur, aktives Anspannen der Antagonisten der betroffenen Muskeln, Massagen, Ruhe und Kälteanwendungen empfohlen.
Eure Corinne Mäder
@ Corinne Mäder, Juli 2013
Zum Autor: Mäder ist certified Sports Nutritionist from the International Society of Sports Nutrition (CISSN) und Ernährungswissenschaftlerin. Neben ihrer Tätigkeit als European Sport Nutrition Manager bei PowerBar absolviert sie derzeit als eine der ersten deutschsprachigen Teilnehmer ein Aufbaustudium des International Olympic Committee’s (IOC) im Bereich Sporternährung. Corinne steht seit mehreren Jahren Profi-Athleten und Hobby-Sportlern beratend zur Seite.
u.a. verwendete Literaturquellen:
- Bergeron, M.F.: Muscle Cramps during exercise – is it fatigue or electrolyte deficit? Current Sports Medicine Reports, American College of Sports Medicine 7(4), S50-55.
- Schwellnus, M.P.: Cause of exercise associated muscle cramps (EAMC)–altered neuromuscular control, dehydration or electrolyte depletion? Br J Sports Med. 2009 Jun;43(6):401-8
- Schwellnus, M.P. et al.: Increased running speed and previous cramps rather than dehydration or serum sodium changes predict exercise-associated muscle cramping: a prospective cohort study in 210 Ironman triathletes. Br J Sports Med. 2011 Jun;45(8):650-6.
- Schwellnus MP, Drew N, Collins M. Muscle cramping in athletes – risk factors, clinical assessment, and management. Clin Sports Med 2008; 27: 183–194.
- Schwellnus MP. Muscle cramping in the marathon: aetiology and risk factors. Sports Med 2007; 37: 364–347
Ist Kälte kein negatver Einfluß ? Bei meinem letzten Radmarathon, 4Stunden Regen bei 9 bis 12 Grad und wenig Flüssigkeit . Die Krämpfe in beiden Beinen begannen ca. nach 3 Stunden in Unter -und Oberschenkel so massiv , musste auch bergab durchtreten.Ich denke viel zu wenig getrunken und gegessen(war voll das Stressrennen) aber auch die feuchte Kälte war sehr hemmend für eine gute Durchblutung. Liebe Grüße Roland
Hallo Roland,
die Ursachen für auftretende Muskelkrämpfe sind aus wissenschaftlicher Sicht nicht vollständig geklärt. So wie Du mir Deine Situation schilderst, können mehrere Faktoren eine Rolle spielen: Da die Krämpfe eher gegen Ende der Belastung auftraten, kann z.B. die muskuläre Ermüdung einen Einfluss haben. Möglicherweise hattest Du aber auch nicht die optimale Radbekleidung für diese Wetterverhältnisse: Bei Kälte kann die Reaktion des Körpers ein „Muskelzittern“ sein, um Wärme zu erzeugen – dies wiederum lässt die Muskeln stärker ermüden. Des Weiteren kann auch die von Dir geschilderte Dehydratation (Flüssigkeitsmangel) eine Rolle spielen.
Liebe Grüße,
Corinne