Wie schaffen wir das?
Unser gesamtes Trainingssystem besteht aus drei Arten von Einheiten: Movement Skills, Schnellkraft und Erholung. Die Movement Skills lassen sich ihrerseits wieder in drei Einheiten unterteilen. Zunächst widmen wir uns der linearen Geschwindigkeit, welche die Beschleunigung und die absolute Geschwindigkeit trainiert. Außerdem gibt es noch eine Einheit mit dem Schwerpunkt multidirektionale Geschwindigkeit, in der wir uns mit komplexeren Bewegungsabläufen beschäftigen werden. Und zum Schluss noch ein Kombinationsworkout, das alle Formen der Geschwindigkeit trainiert. Wir kommen in Kürze darauf zurück.
Athletes-Performance-Workout – Schnellkraft
Die Einheiten zur Schulung der Schnellkraft sind in fünf Phasen organisiert, die jeweils einen anderen Schwerpunkt setzen. Wenn man das Programm zum ersten Mal absolviert, durchläuft man die Phasen linear, was fünfzehn Wochen dauert. Im Anschluss daran werden Sie wissen, wie Sie dieses modulare System selbstständig nutzen und es an Ihren Wettkampf- oder Einsatzkalender anpassen können.
Sie kennen sicher die Gleichung Arbeit + Ruhe = Erfolg. Deshalb haben wir neun Erholungseinheiten entwickelt, aus denen Sie frei wählen können – je nachdem, wonach Ihnen gerade der Sinn steht. Es ist auch möglich, die Einheit über den Tag verteilt in kleinere Blöcke aufzusplitten, beispielsweise einen Teil gleich nach dem Aufstehen, vor oder nach dem Training, und einen weiteren Teil am Abend, um abzuschalten und den Tag entspannt ausklingen zu lassen.
Um den in meinem Buch (Jeder Tag zählt) beschriebenen Workout-Anteil effektiv zu absolvieren, muss man sich das Gesamtkonzept bzw. die Progression der einzelnen Phasen vor Augen führen. Nachdem man sich einen ersten Überblick über den Plan und seinen Verlauf verschafft hat, richten wir unseren Blick auf Wochenpläne. Im Anschluss daran gehen wir ins Detail und befassen uns mit den einzelnen Tagen bzw. Einheiten. Um Ihre Schnellkraft zu trainieren, durchlaufen Sie in unserem Programm fünf Phasen: Grundlagen und Schnellkraft 1 bis 4. Jede der fünf Phasen verfolgt ganz konkrete Ziele.
Die fünf Phasen des Schnellkraftprogramms
Die Grundlagenphase ist darauf ausgerichtet, ein solides Fundament für die weitere Entwicklung der Schnellkraft zu bilden, indem Bewegungsmuster »bereinigt«, Asymmetrien beseitigt und die Mobilität sowie die Stabilität verbessert werden. Wenn Sie sich in dieser Phase Mühe geben, werden Sie ein neues, höheres Kraftniveau erreichen, auf dem Sie aufbauen können. So geht es praktisch jedem Spitzensportler, den wir bisher trainiert haben. Führen Sie sich vor Augen, dass Sie in dieser Phase die Grundlage für Ihre weiteren Erfolge bilden. Die anderen vier Phasen werden als Schnellkraft 1 bis 4 bezeichnet. In Schnellkraft 1 befassen wir uns mit isolateralen und bilateralen Übungen, das heißt Sie bewegen jeweils einen Arm bzw. ein Bein oder aber zwei Gliedmaßen gleichzeitig. Dadurch bauen Sie Ihre Schnellkraft schrittweise auf und bilden die Grundlage für weitere Kraftsteigerungen. Dies erfolgt mittels absteigender Sätze, bei denen die Anzahl der Wiederholungen von Woche zu Woche abnimmt. Dafür steigt aber der Widerstand und die Geschwindigkeit, mit der Sie das Gewicht zu bewegen versuchen, so dass das Training trotz geringeren Umfangs intensiver wird.
In Schnellkraft 1 halten wir uns an das Tempo 3-0-X. Das heißt, der exzentrische Teil der Wiederholung (das Absenken) dauert drei Sekunden. Danach gibt es keine Pause, die Hantel wird umgehend in einer explosiven Bewegung aufwärts gestemmt. Dadurch stimuliert man seine intramuskuläre Koordination und maximiert die Entwicklung seiner Schnellkraft. Hier kommt es auf Entschlossenheit und Kontrolle an – Sie müssen explosiv sein wollen! 3-0-X steht also für: 3 = 3 Sekunden absenken, 0 = keine Pause am Scheitelpunkt, X = explosiv anheben. In dieser Phase wird die ESE an den Tagen trainiert, an denen entweder Schnellkraft oder Movement Skills und Regeneration auf dem Programm stehen. Am ersten Tag absolvieren Sie Pendelläufe à 300 Meter, die jeweils etwa Sechzig Sekunden dauern sollten. Notieren Sie sich für jede Wiederholung die Zeit, und falls Sie eine Pulsuhr verwenden, können Sie auch festhalten, wie schnell Sie sich zwischen den einzelnen Läufen erholen. Dann können Sie diese Werte idealerweise mit den Ergebnissen vergleichen, die Sie später in Schnellkraft 3 erzielen. Am zweiten Tag machen Sie aufsteigende bzw. »Leiter«-Pendelläufe à 150 Meter. Sie rennen also zuerst 5 Meter vor und wieder zurück, dann 10, 15, 20 und schließlich 25 Meter, so dass Sie auf insgesamt 150 Meter kommen. Am dritten Tag sprinten wir mehrmals die 100 Meter und konzentrieren uns dabei auf die Bewegungsmuster, die wir in diesem Programm üben. An den Erholungstagen absolvieren Sie 20 Minuten Ausdauertraining auf dem Laufband, auf dem Ergometer, im Schwimmbad usw. Das heißt, Sie werden nichts tun, was Ihre Gelenke mehr als nötig belastet.
In Schnellkraft 2 machen wir wieder eine Mischung aus isolateralen und bilateralen Übungen. Der Umfang fällt diesmal geringer aus, dafür steigt die Intensität. Dies erreichen wir wieder mithilfe absteigender Sätze, bei denen wir den Widerstand und das Tempo erhöhen. In dieser Phase gilt es, schwerere Gewichte zu stemmen und diese möglichst schnell zu bewegen. In Schnellkraft 2 führen wir das Kontrastieren ein, eine Kombination aus Maximalkraft und Plyometrie, um die Kraftentfaltung (die sogenannte »Rate of Force Development«) sowie die Elastizität zu verbessern. Sie machen zuerst eine Kraftübung, die Ihre Muskeln möglichst stark belastet, und führen dann umgehend eine ähnliche Bewegung aus, die nun allerdings Ihre plyometrischen oder elastischen Fähigkeiten fordert, damit Sie lernen sich zügiger und geschmeidiger zu bewegen. So verbinden Sie Schnelligkeit und Kraft miteinander und erzeugen da- durch Schnellkraft. In Schnellkraft 2 erhöhen wir das Tempo auf 1-0-X. Wir senken das Gewicht also in einer Sekunde ab, machen keine Pause und heben die Hantel explosiv aufwärts. Der ESE-Anteil in Schnellkraft 2 folgt dem Grundtenor dieser Phase, wir widmen uns kurzen, intensiven Intervallen bei maximaler Belastung. Am ersten Tag absolvieren wir Pendelläufe à 150 Meter, bei denen wir dreimal eine Strecke von jeweils 25 Metern zurücklegen, was etwa 30 Sekunden dauern wird. Am zweiten Tag machen wir aufsteigende »Leiter«-Sprints über eine Distanz von insgesamt 60 Metern (5, 10 und 15 Metern). An Tag 3 folgen 50-Meter-Sprints in sieben Sekunden.
In Schnellkraft 3 steht wieder eine Mischung aus isolateralen und bilateralen Übungen auf dem Programm. Nachdem wir zuvor unsere Schnellkraft und Elastizität trainiert haben, erhöhen wir jetzt den Umfang, um unsere Maximalkraft und Kraftausdauer zu steigern. Wir folgen dabei dem Schema 2-0-X und verwenden dieselben ESE-Übungen wie in Schnellkraft 1. Sie werden vermutlich feststellen, dass Sie sowohl Ihre Best- als auch Ihre Durchschnittszeiten aus Schnellkraft 1 nun bereits übertreffen. Das sollte Ihnen vor Augen führen, wie sehr Sie sich in nur wenigen Wochen verbessert haben. Das heißt keinesfalls, dass das Training fortan leichter wird, sondern lediglich, dass Sie inzwischen leistungsfähiger geworden sind und in kürzerer Zeit eine längere Strecke zurücklegen können. Bei der ESE geht es darum, eine gute Ausdauer aufzubauen. Das heißt: Je öfter Sie Ihre Bestzeit reproduzieren können, umso besser sind Sie in Form. Je stärker Sie von Sprint zu Sprint nachlassen, desto ausbaufähiger ist Ihre Leistungsfähigkeit. Natürlich ermüdet jeder von uns während des Trainings, aber es ist unser Ziel, uns immer schneller regenerieren zu können.
In Schnellkraft 4 sind die Übungen ähnlich wie in den vorherigen Phasen, aber wir werden Ihre Stabilität und Kraft mit isolateralen Bewegungen auf die Probe stellen und die Intensität durch bilaterale Bewegungen erhöhen, mit denen wir Ihre Maximalkraft weiter aufbauen. Das Tempo entspricht dem Schema aus Schnellkraft 2 (1-0-X), dasselbe gilt für die ESE. Das Ziel ist auch hier wieder, sowohl Ihre Best- als auch Ihre Durchschnittszeiten zu verbessern. Versuchen Sie, mit jeder Einheit Ihren PR (persönlichen Rekord) zu überbieten, ob nun im Hinblick auf die Zeit (je schneller desto besser) oder auf den verwendeten Widerstand.
Wenn Sie das Programm zum ersten Mal absolvieren, beginnen Sie mit der Grundlagen-Phase, die zwei Wochen dauert (und insgesamt sechs Einheiten umfasst). Schnellkraft 1 bis 4 gehen jeweils über einen Zeitraum von drei Wochen (neun Einheiten pro Phase.) Wichtig ist, dass Sie keine dieser Einheiten ausfallen lassen, denn nur so ist sichergestellt, dass wir eventuell vorhandene dysfunktionale Bewegungsmuster beseitigen. Am Ende jeder Phase kehren Sie für eine halbe Woche zu den Grundlagen zurück, um sich zu regenerieren, bevor die nächste Phase beginnt. Ihr Plan sollte wie folgt aussehen:
Individuelle Gestaltung des Programms
Nachdem Sie die siebzehn Wochen zum ersten Mal durchlaufen haben, können Sie bei Bedarf die Dauer der Phasen an Ihre individuellen Bedürfnisse anpassen. Wenn zum Beispiel in vier Wochen ein Wettkampf oder anderer wichtiger Einsatz ansteht, könnte Ihre Vorbereitung folgendermaßen aussehen:
- eine halbe Woche Grundlage
- eine Woche Schnellkraft 1
- zwei Wochen Schnellkraft 2
- zum Ausklang eine weitere halbe Woche Grundlage
Sobald Sie anfangen, die Phasen zu kombinieren, sollten Sie nach drei Wochen Training für mindestens eine halbe Woche zur Grundlagenphase zurückkehren, um Ihrem Körper die Gelegenheit zu bieten, sich zu regenerieren und die nötigen Adaptationen vorzunehmen, so dass Sie die nächste Phase frisch und ausgeruht beginnen können. Dieses Programm ist so konzipiert, dass es sich individuell anpassen lässt und die Phasen auf vielfältige Weise kombiniert werden können, um den Anforderungen und Einschränkungen des Sportleralltags gerecht zu werden. Nach der Auswahl der Schnellkraft-Phase gilt es, seinen Wochenplan oder Mikrozyklus zu bestimmen. Im Programm von Athletes’ Performance soll sich dieser Mikrozyklus nahtlos in Ihre Terminvorgaben und Zielsetzungen einfügen, er kann daher von Woche zu Woche variieren.
Ihr Mark Verstegen
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