Zu der NFL COMBINE werden jedes Jahr die hoffnungsvollsten College-Talente eingeladen. Mit Hilfe einer Vielzahl von athletischen, medizinischen und mentalen Tests erhoffen sich die Teams einen besseren Eindruck über das Spielerpotential der Athleten schaffen zu können. Scherzeshalber wird die NFL COMBINE auch die „Underwear Olympics“ genannt, da die Spieler statt in Footballausrüstung, die Tests in meist enger Sportkleidung ausführen.
Die Testergebnisse wiederum können sich auf den sogenannten Draft-Status auswirken. Der NFL Draft ist die Auswahl der NFL Teams aus dem Spielerpool von neuen Talenten. Dabei hat das Team mit der schlechtesten Saisonbilanz des Vorjahres die erste Wahl. Für den Spieler gilt, je früher er ausgewählt wird, desto lukrativer ist auch der entsprechende Vertrag. Bis heute gab es nur drei deutsche Spieler, die gedraftet wurden (Sebastian Vollmer zweite Runde New England Patriots, Björn Werner erste Runde Indianapolis Colts und Markus Kuhn siebte Runde New York Giants).
Ich möchte Euch heute einmal eine Auswahl der athletischen Tests der NFL vorstellen und mit Hilfe von ein paar Ergebnissen zeigen, welche erstaunliche Athletik an den Tag gelegt wird. Fühlt Euch aufgefordert diese Tests auch mal in Eurem Training auszuprobieren und lasst uns ruhig Eure Werte wissen.
40 Yard Sprint – Das Rennen um die Millionen
Der 40 Yard Sprint (36,6m) ist der wohl am meisten beachtete Test der gesamten Combine. Gerade für die leichteren Spielerpositionen wie z.B. die Passverteidiger (Defensive Backs), die Passempfänger der Offense (Wide Reciever) oder auch die Ballträger (Runningbacks), ist der Sprint besonders wichtig. Eine schnelle Zeit kann mitunter einen entscheidenden Einfluss auf den Draft-Status haben und somit auch über Millionen. Genau das Gleiche gilt allerdings auch für eine langsame Zeit (Smith 2015). Neben den Zeiten über die vollen 40 Yards, werden auch Zwischenzeiten über 10 und 20 Yards genommen, um eine Aussage darüber zu bekommen, wie explosiv der Spieler aus dem Start herauskommt.
Den Sprint kann man grundsätzlich in drei Phasen unterteilen: Die Start- oder aber auch Drivephase, die Höchstgewschindigkeitsphase und die Erhaltungsphase. Das größte Verbesserungpotential bei einem Sprint über eine solch kurze Distanz ist der Start und die Beschleunigungs- bzw. Drivephase. Top 40 Yard Zeiten für die leichteren Positionen (bis ca. 100kg) liegen zwischen 4,3 – 4,5 Sekunden. Dabei erreichen die Spieler Geschwindigkeiten von über 38 km/h innerhalb dieser kurzen Distanz. Für die schweren Jungs bis zu ca. 120kg liegen die Topzeiten zwischen 4.5 – 4,8 Sekunden. Und für die ganz schweren Kerle (über 130kg) ist alles was noch unter 5,0 Sekunden ist absolut herausragend. Um Euch mal einen Vergleich zu geben, wie schnell eine solche Zeit ist, klickt einfach hier auf den Link und schaut Euch das Video kurz an.
225lbs Bankdrücken
In der NFL wird die Oberkörperkraft mit Hilfe vom Bankdrücken bewertet. Als Bewegungsnorm gilt, die Hantel muss den Brustkorb berühren und die Arme komplett zur Streckung gebracht werden. Das Gewicht der Hantel ist 225lbs (102kg).
Hier ist es erstaunlich welche Werte selbst die leichten Spieler erreichen. Der offizielle Combine-Rekord für die meisten Wiederholungen mit den 225lbs liegt bei 49. Hier könnt diese erstaunliche Leistung mit eigenen Augen sehen: https://www.youtube.com/watch?v=ee2cWddxHdI
Um auch Eure Wiederholungszahl im Bankdrücken zu verbessern, habe ich Euch ein kleines Video mit sechs wertvollen Tipps gemacht. Ich hoffe es hilft Euch:
https://www.youtube.com/watch?v=t7ExLI8qYKk&feature=autoshare
Einer unserer Athleten der sich gerade den Tests in den USA unterzieht, schaffte vergangenes Wochenende gute 28 Wiederholungen.
Die 20 Wdh. sind eine kleine „magische“ Grenze. Natürlich sehr davon abhängig, wie groß die Maximalkraftleistung im Bankdrücken ist. Man sollte dazu mindestens 140 – 150kg als 1RPM (1 repetition maximum) haben. Falls es dennoch noch nicht für 20 Wdh. reichen sollte, baut in Euer Training mehr Kraftausdauer (Sätze mit 20+ Wdh.) ein.
Versucht die ersten 10 Wdh. so schnell wie möglich hinzubekommen und danach mit 1er – 2er Bewegungen weiterzumachen.
Vertical Jump
Der Vertical Jump dient als Kontrolle der Explosivkraft. Auch hier erreichen die Spieler beeindruckende Werte. 40 Inches oder umgerechnet über 101cm aus dem Stand mit einem Counter-Movement Jump ist in der NFL keine Seltenheit.
Unser Athlet den wir in den USA betreuen, konnte auch hier eine solide Leistung abrufen und mit einem Körpergewicht von über 122kg fast 80cm aus dem Stand in die Höhe springen.
In der NFL ist es erlaubt auch die Arme mit zum Schwung eingesetzt werden. Der Armschwung ist extrem hilfreich und kann bis zu 10% (in manchen Studien sogar noch über 20%, Harman et al. 1989) der Sprunghöhe ausmachen. Trainertipp: Beim Vertical Jump könnt ihr auch einschätzen lernen, ob Euer Athlet über langen oder einen kurzen DVZ (Dehnungsverkürzungszyklus) seine Kraft entfaltet. Je tiefer der Athlet beim Counter Movement in die Hocke geht, desto mehr braucht er auch die Vorspannung um zu explodieren.
Broad Jump – der Standweitsprung
Auch der Broad Jump hilft zur Einschätzung der Explosivkraft. Um eine möglichst große Weite zu erzielen, muss der Athlet explosiv seine Hüfte strecken und in einem Winkel von ca. 45 Grad mit Hilfe eines kräftigen Armschwungs abspringen.
Auch hier werden erstaunliche Leistungen erreicht. Dieses Jahr sogar eine enorme Weite von über 3,73m. Auch wir bauen den Broadjump mit in unser Training im MPC Gym ein. Hier könnt ihr ein kleines Video anklicken: https://instagram.com/p/zN5nTNKObB/?taken-by=mpc_gym
5 – 10 – 5 Shuttle Run
Der Shuttle Run ist ein Test für die laterale Geschwindigkeit und die Fähigkeit schnelle Richtungswechsel durchzuführen. Die Spieler starten in der Mitte von zwei Markierungen, die 5 Yards nach rechts und 5 Yards nach links entfernt sind. Startposition ist ein Dreipunktstand. An der jeweiligen Markierung muss der Athlet den Boden mit der Hand berühren, bevor er in die andere Richtung weitersprintet. Die Zeit wird gestoppt, wenn er 5 Yards in die eine Richtung, die 10 Yards von einem Ende zum anderen und schlussendlich 5 Yards zur Mitte absolviert hat.
Der „goldene Standard“ für die leichteren Spielerpositionen liegt bei dem Test bei vier Sekunden. Zeiten bis 4,5 Sekunden sind durchaus auch für die schwereren Spieler möglich.
Bei uns im MPC Gym trainieren wir die laterale Geschwindigkeit mit Zugwiderstandsläufen.
Positiondrills
Die beschriebenen Tests sind nicht die einzigen die an dem Tag für die Spieler auf dem Programm stehen. Im American Football gibt es verschiedene Positionen mit unterschiedlichen Aufgaben. Daraus resultieren auch verschiedene athletische Spielerprofile. Diese werden in den sogenannten Positiondrills genauer getestet.
Ein wesentlicher Unterschied von den Positiondrills und den anderen Tests ist die Reaktion. Für mich persönlich mitunter der größte Faktor für eine ausgeprägte Athletik in Spielsportarten. Die Fähigkeit auf äußere Reize mit kontrollierten, kraftvollen Bewegungen reagieren zu können.
Kritik
Auch die NFL COMBINE steht jedes Jahr unter einem kritischen Gesichtspunkt. Fraglich ist in wie weit die durchgeführten Drills auch sportspezifisch und damit aussagekräftig genug sind. Ist es wirklich von Nöten für einen Spieler der niemals auf dem Feld 40 Yards am Stück laufen wird, darin getestet zu werden? Gewinnen wir tatsächlich Info über die footballspezifische Leistung, wenn wir wissen wie oft er 225 amerikanische Pfund beim Bankdrücken in die Höhe bringen kann? – Auch in der NFL werden Änderungen diskutiert und man darf gespannt sein welche tatsächlich in Zukunft umgesetzt werden. Die NFL ist und bleibt ein Spektakel und ob berechtigt oder nicht, die alljährliche NFL COMBINE ist daraus nicht mehr wegzudenken. Und aus rein athletischen Gesichtspunkten auch äußerst interessant.
In diesem Sinne. Probiert es aus und viel Spaß bei den neuen Herausforderungen. Besucht uns im Netz auf Facebook und Instagram: https://instagram.com/mpc_gym/ oder Twitter: https://twitter.com/mpc_gym/
Euer Christian Mohr
Quellen:
Harman, Everett A./ Rosenstein, Michael T. / Frykman, Peter N. / Rosenstein, Richard (1989): The effect of arms and counter movements on vertival jumping.
Smith, Michael David (2015): The good, the bad and the ugly Scouting Combine performances. Online: http://profootballtalk.nbcsports.com/2015/02/23/the-good-the-bad-and-the-ugly-scouting-combine-performances/ (Stand 20.03.2015)