Das müssen Sie wissen …
- Der Landmine-Press ist ein guter Kompromiss zwischen Überkopf-Übungen und echtem horizontalem Drücken.
- Wenn Sie nach einer Schulterverletzung zum Schulterdrücken zurückkehren wollen, sollten Sie Ihre aktuelle Verfassung mit einer aufgestellten Kettlebell testen, das heißt der Griff zeigt bei der Übung nach unten.
- Sie müssen sich das Latissimus-Training erst verdienen. Sie dürfen erst dann (negative) Klimmzüge machen, wenn Sie den Schulterflexionstest an der Wand bestanden haben. Keine Ausnahmen.
- Sie dürfen die Rotatorenmanschette nicht bis zum Muskelversagen beanspruchen. Erschöpfung ist Gift, wenn Sie eine starke und effektive Rotatorenmanschette entwickeln wollen.
Viele Sportler bezeichnen mich als den „Schultertypen“. Das ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass ich bereits über 3.000 Schultern evaluiert habe. Dadurch habe ich viel über Schulterprobleme gelernt. Nachfolgend finden Sie drei Beispiele für Maßnahmen, die wir neuerdings ergreifen, um unsere Schultern gesund und leistungsfähig zu halten.
Kugelsichere Schultern – So kann man sie entwickeln
1. Über-Kopf-Übungen mit einer aufgestellten Kettlebell eignen sich in der Anfangsphase hervorragend, um wieder zum Schulterdrücken zurückzukehren.
Ich bin eher unfreiwillig der „Schultertyp“ geworden, weil meine rechte Schulter konstruktionsbedingt etwas störanfällig ist. Ich habe es aber trotzdem geschafft, für meine Körpergröße ordentlich schwere Hanteln zu stemmen, und das bereitet mir keine Probleme, sofern ich keine Dummheiten mache – womit ich in erster Linie Schulter- und sogar Schrägbankdrücken meine. Aber trotzdem vermisse ich mein Überkopf-Training. Deshalb experimentiere ich viel herum, um herauszufinden, was funktioniert und was nicht. Landmine-Presses sind beispielsweise eine wirkungsvolle, mittelschwere Übung, die irgendwo zwischen Überkopf- und echten horizontalen Druckübungen angesiedelt ist.
Warum verursacht Schrägbankdrücken oft mehr Schulterprobleme als der Landmine-Press?
Immerhin ist der Weg, den der Arm in beiden Fällen zurücklegt, ziemlich ähnlich. Ich vermute, das hat etwas damit zu tun, dass der obere Rücken auf der Trainingbank aufliegt und dadurch die Aufwärtsrotation der Schulterblätter beeinträchtigt; sie werden zur Abwärtsrotation gezwungen. Dieses Jahr habe ich mich mit der Frage auseinandergesetzt, wie man Schulterdrücken üben kann, ohne wirklich Schulterdrücken zu praktizieren, und in diesem Zusammenhang mit einer Menge Übungen herumexperimentiert, bei denen ich eine aufgestellte Kettlebell umhertrug oder hochdrückte. Mir gefällt das Herumtragen als Einstieg, weil es dem Trainierenden ein Gefühl für eine gute obere Endposition vermittelt, und von dort kann man sich gewissermaßen von hinten nach vorne arbeiten.
Wenn Sie diese Übungen erfolgreich gemeistert haben, können Sie einen einarmigen Military Press mit aufgestellter Kettlebell ausprobieren.
Diese Kettlebell-Haltung ist schonender für die Schulter, weil die dadurch erzeugte Instabilität die beteiligten Muskeln stärker dazu zwingt, sich mehr auf die Stabilisierung des Schultergelenks zu konzentrieren als auf die eigentliche Kraftentwicklung. In dieser Hinsicht ist die Übung vergleichbar mit einem Liegestütz, den man auf einer instabilen Oberfläche ausführt. Wenn Sie also nach einer Schulterverletzung unbedingt wieder Schulterdrücken wollen, sollten Sie Ihren aktuellen Leistungsstand zuerst mit dieser Übung testen.
2. Sportler müssen sich das Latissimus-Training erst verdienen.
Mit dem Latissimus verbindet mich eine echte Hassliebe. Einerseits ist der breite Rückenmuskel super, weil er eine athletische Physis verleiht und in sportlicher Hinsicht gute Dienste leistet; unter anderem trägt er zur Sprintgeschwindigkeit und Wurfbeschleunigung bei. Andererseits nutzen Sportler ihn auch gerne für viele andere Dinge wie die Atmung und Core-Stabilität, die aber eigentlich gar nicht in seinen Aufgabenbereich fallen. Das Endergebnis? Eine Menge fehlerhafte Körperhaltungen (siehe Bild rechts).
Dieser Kollege nutzt seinen Latissimus für so ziemlich alles. Achten Sie nur einmal auf seine extreme Lordose und die Position seiner Ellenbogen, die im Ruhezustand weit hinter seinen Schultern sind. Außerdem zeichnen sich die meisten Leute, die den Latissimus übermäßig nutzen, durch einen deutlich abgesenkten Schultergürtel und eine eingeschränkte Schulterflexion aus, die offensichtlich wird, wenn Sie beim Test auf dem Rücken liegen. Um Ihnen einen Eindruck davon zu geben: bei dem Bild am Absatzende sollten die Oberarme eigentlich den Tisch berühren.
Heutzutage verbringen wir eine Menge Zeit damit, Sportlern beizubringen, den Latissimus auszuschalten, wenn er nicht an sein sollte. Ich weiß, dass es uns nicht gelingen wird, Sie davon abzuhalten, sich einen V-förmigen Oberkörper antrainieren zu wollen. An welche Richtlinien sollten Sie sich also halten?
Zunächst einmal dürfen Sie keine Pullups oder Pulldowns machen, bevor sie den Schulterflexionstest an der Wand bestanden haben. Wie gesagt: keine Ausnahmen.
- Wenn Sie den Test nicht bestehen, sollten Sie Ihren Latissimus regelmäßig mit der Hartschaumrolle massieren, dehnen und die folgende Übung ausführen: BWS-Mobilisierung mit auf der Trainingsbank abgelegten Ellenbogen (die sog. „Bench T-Spine Mobilisation“).
- Wenn Sie selbst zu einer Haltung wie auf dem obigen Bild neigen, sollten Sie täglich darauf achten, aus der Extension zu kommen. Sie müssen hierfür das Becken nach hinten kippen und dadurch den unteren Rücken gerade halten – und diese neue Position während der Übungen beibehalten. Ja, das klingt albern, aber um Ihre Deadlift- und Squat-Technik zu verbessern, müssen Sie dem Hohlkreuz entgegenwirken und den Rumpf stärker beugen.
- Sie sollten den Umfang der Überkopf-Übungen in Ihrem Trainingsprogramm verdoppeln, um das Ungleichgewicht zwischen oben und unten in Ihrem Schultergürtel zu beheben. Gute Ergänzungen für die Aufwärmphase wären Wallslide-Varianten, (Kugel-)Hantel über Kopf tragen und drücken sowie Übungen, bei denen Sie die Arme über Kopfhöhe anheben müssen.
Sagen wir einmal, Sie absolvieren vier Sätze mit jeweils sechs Klimmzügen, damit kommen Sie also auf insgesamt 24 Wiederholungen. Wie schaffen Sie es, die doppelte Menge an Überkopf-Übungen in Ihr Trainingsprogramm aufzunehmen?
Aufwärmen
- 1 Satz Dead Bugs 8 WH/Seite
- 1 Satz Wallslides mit Aufwärtsrotation 8 WH
- 1 Satz Ausfallschritte gehend mit über Kopf gestemmter Hantel 4 WH/Bein
- 1 Satz alternierende Ausfallschritte gehend mit über Kopf gestemmter Hantel 4 WH/Bein
Trainingseinheit
3 Sätze Überkopf-Variation 3 x 6 WH = 18 WH
Das ist ziemlich einfach, und Sie sollten erkennen, dass Sie Ihr Programm mit Leichtigkeit optimieren können, wenn Sie nur häufiger Ihre Arme über Kopf halten – wohlgemerkt mit neutralem Rumpf, also ohne Hohlkreuz oder Buckel. Vergessen Sie aber nicht, dass Sie sich erst das Recht verdienen müssen, den Latissimus zu trainieren!
3. Streichen Sie die YTWL-Serie aus Ihrem Programm.
Sie kennen vermutlich bereits die YTWL-Serie, die in den letzten zehn Jahren zunehmend an Popularität gewonnen hat. Sie ist besonders bei Sportlern beliebt, die in möglichst kurzer Zeit viele Schulterübungen absolvieren wollen, um sich anschließend möglichst schnell „wichtigeren Übungen“ zu widmen. Im Grunde führt man dabei vier einzelne Übungen nahtlos hintereinander aus – für je 8 bis 12 Wiederholungen.
Die Absicht dahinter ist im Grunde ehrenwert: man will kugelsichere Schultern erzielen und zugleich ökonomisch trainieren. Leider ist das Ergebnis nicht ganz so berauschend. Ich kann mit Fug und Recht behaupten, dass ich noch nie einen Sportler gesehen habe, der alle diese Bewegungen auf Anhieb sauber ausgeführt hätte – schon gar nicht, wenn er bereits erschöpft war.
Ich finde das Y toll; es eignet sich hervorragend, um den unteren Trapezius anzusteuern, wodurch eine angemessene Aufwärtsrotation der Schulterblätter mit einer guten Rückwärtsneigung erreicht wird.
Das T gefällt mir ebenfalls sehr gut; diese Übung hilft, den mittleren Trapezius sowie den hinteren Anteil der Rotatorenmanschette und des Deltoideus zu rekrutieren – während der Humeruskopf fest in seiner Pfanne bleibt.
Das W ist ebenfalls eine tolle Übung, weil man hierbei zwischen Bewegungen des Glenohumeralgelenks (Kugelgelenk) und des Skapulothorakal Gelenks (Schulterblatt am Brustkorb) differenzieren muss. Wir streben ersteres an, weil wir dabei die Rotatorenmanschette korrekt rekrutieren – ganz ohne Latissimus.
Ehrlich gesagt ist mir das L ziemlich egal, weil diese Übung in meinen Augen zu Latissimus-lastig ist. Aber selbst wenn ich sie gut fände, würde das keine Rolle spielen, weil die meisten Sportler nach den ersten drei Übungen bereits völlig erledigt sind!
Machen Sie die Übungen richtig statt zu oft
Die meisten Athleten erhalten kaum Tipps zur richtigen Ausführung dieser Übungen, und durch die zunehmende Erschöpfung werden die Probleme zusätzlich noch verschlimmert. Die Forschungsergebnisse sind eindeutig: man trainiert seine Rotatorenmanschette am besten für eine optimale Funktionsfähigkeit, indem man seine Technik perfektioniert, dabei darf man aber nicht einmal annähernd erschöpft sein. Erschöpfung ist vielleicht bei einem Drop-Set für den Quadrizeps oder Bizeps ein gutes Zeichen; sie ist aber schädlich, wenn man versucht, eine starke und effektive Rotatorenmanschette zu entwickeln. Das Gelenk „scheppert“ gewissermaßen in seiner Pfanne, anstatt schön mittig positioniert zu sein.
Die Lösung ist denkbar einfach: machen Sie statt der ganzen Serie nur einzelne Bestandteile, und das über die Woche verteilt. Wir machen das Y (einarmiges Trapeziusheben in Bauchlage) zum Beispiel montags und donnerstags im Rahmen unserer Unterkörper-Workouts, das T (horizontale Abduktion) und W (externe Rotation) hingegen dienstags und freitags, wenn wir den Oberkörper trainieren.
Man könnte diesen gesamten Punkt auch folgendermaßen zusammenfassen: „Machen Sie die Übungen richtig statt zu oft, und vermeiden Sie den Erschöpfungszustand.“
Ihr Eric Cressey
Hallo liebes Perform-Better-Team,
hallo liebe Experten,
als erstes möchte ich mich für die geniale Wissensvermittlung vom Functional-Trainer-Magazin bedanken. Gleichzeitig bedauere ich sehr die Form über das Internet, denn ich liebe die ersten zwei Hefte.
Ganz kurz zu meiner Person, ich heiße Tino Gäding und bin Personal-Functional-Trainer bei SHENTI SPORTS und bin immer wieder auf der Suche nach neuen Information, wie z.B. in dem oben beschriebenen Artikel von Eric Cressey. Da ich zur Zeit ein Master of Advanced in Functional Kinetic Science an der medizinischen Fakultät der Universität Basel absolviere, denke kann ich den Artikel sehr gut einschätzen.
Was ich euch damit sagen möchte, dass es ein Wahnsinn ist, solche Artikel unter die Leute zu bringen! Das ist Wissen aller erster Sahne, für die ich bereit wäre, mehrere hundert Euro auszugeben.
Gleichzeitig stellen die Screening-Methoden das wichtigste für uns Trainer da – wie ich es auch schon in der FMS-Ausbildung bei euch und in meinem Studium gelernt habe. Das Resultat ist, wenn einer Trainer weis, welche Funktionen muss das Segment/ Gelenk erfüllen und welche Korrekturmaßnahmen gibt es, ist er der Held für den Gast bzw. Kunden. So arbeiten z.B. die Australier und Skandinavia. Wenn ich also angenommen Rückenprobleme habe und dort vorstellig werde, werden die Hauptfunktionen überprüft und anschließend Übungen als Heimprogramm mit auf den Weg gegegeben (Keine OP = gesundes Gesundheitssystem).
Nach 2 bis 4 Wochen wird wieder getestet und ggf. weitere Übungen aufgegeben. Die Schmerzfreiheit und Freude an Bewegung wird wiederkommen. Das interessante daran ist, wenn es uns gelingt die Gelenke durch einfache Übungen wieder zu zentrieren, stellt sichh nach wenigen Tagen die Beschwerdefreiheit ein. So haben 90% aller Probleme am Stütz- und Bewegungsapparat kein strukturellen Schaden und der Medizinmann/ frau kann über die moderne bildhafte Diagnostik nichts erkennen bzw. es wird deutlich überbewetet. Denn leider ist es eine „Reperaturmedizin“ geworden.
Es ist mir ein Herzenswunsch als Trainer sehr gut zu sein. Ich kann jedoch nur sehr gut sein, wenn ich solches Wissen habe. Deshalb ist es überlebens wichtig + rettet mir mein Trainerjob, dass die Experten in nahe Zukunft zu diesen Themen Ausbildungen bei Perform-Better anbieten. Zusätzlich sollten wir als Trainer noch mehr in einem funktionieren Netzwerk arbeiten, als gegenseitig die Ellenbogen auszufahren. Das merke ich bisher nur beim Summit! Also ein riesen Dank für das geile Event!!!
Ich verbleibe mit sonnigen Grüßen aus Spanien und wünsche uns weiterhin eine gute Zusammenarbeit
Hochachtungsvoll
Tino Gäding
Schöne Berichte und Meinungen, leider trifft es nicht immer den Kern der Sache.
Wenn mann ein Proplem am Bewegungsapperat hat sollte erst der Fehler oder die Dysbalangs behoben werden bevor mann mit den Training beginnt.
Das Zweite ist lokale Stabi vor globaler Stabilität.
Und das Dritte ist solange dein Patient,Kunde oder Sportler die tiefen Struckturen nicht ansteuer kann ist die beste Übung wirkungslos.
Viel Spaß beim Üben
viele Grüße Ingo