Nic Gill, Strength & Conditioning Coach von New Zealand All Blacks, im Interview

BEIM RUGBY IST DAS VERLETZUNGSRISIKO IM VERGLEICH ZU ANDEREN SPORTARTEN HOCH. GIBT ES STANDARD-ÜBUNGEN, UM DIE VERLETZUNGSRESILIENZ ZU ERHÖHEN?
Das Verletzungsrisiko beim Rugby ist in den letzten Jahren nicht etwa gestiegen, was die Häufigkeit angeht, sondern wir haben jetzt schwerere Verletzungen. Das ist vielleicht der Tatsache geschuldet, dass die Spieler heute besser trainiert, größer, stärker, schneller, schlanker und einfach generell fitter sind, sodass Kollisionen folgenreicher sind als noch vor
20 oder 30 Jahren. Heute bestehen Verletzungen meist in kollisionsbedingten Knochenbrüchen, Sehnen- und Bänderrissen, allen Arten von Brüchen und natürlich Gehirnerschütterungen. Unsere Hauptvorkehrungen dagegen sind, die Widerstandsfähigkeit gegen die häufigsten Verletzungsursachen zu verbessern. Das hängt ein bisschen von der Position des Spielers ab, aber auch vom Spieler selbst und seiner
Geschichte.

BEI EINER SO LANGEN LISTE – WO FÄNGT MAN DA
ZUERST AN?
Zuerst einmal kümmern wir uns um die bestehenden Verletzungen und stellen sicher, dass wir sie weiterbehandeln und dass sie keine Risiken beim Weitermachen darstellen. Bestehende Verletzungen diktieren uns stark, worauf wir bei jedem Spieler achten müssen. An zweiter Stelle stehen die unterschiedlichen Spielerpositionen und welche Verletzungen in welcher Position häufiger vorkommen. Typischerweise haben unsere Mittelfeldspieler und Dritte-Reihe-Stürmer am häufigsten Gehirnerschütterungen und Schulterverletzungen. Tendenziell stecken sie am häufigsten kollisionsbedingte Stöße ein. Wir machen viel Schulterarbeit mit den Jungs, aber das machen wir wirklich mit jedem: Die Schulter ist ein
sehr verletzliches Gelenk und eigentlich an fast allen Kollisionen beteiligt. Ein anderer Bereich, den wir schwerpunktmäßig stärken, ist der Nacken – um die Symptome und die Schwere von Kollisionen abzufedern. Und dann arbeiten wir noch an den Weichteilbereichen wie der Wade und den Oberschenkeln. Stoßende Sportler haben tendenziell eher Wadenprobleme,
sodass wir diesen Bereich ständig zu stärken und die Mobilität des Fußgelenks zu erhalten versuchen. Und bei unseren Läufern stehen natürlich die Stärke, die Range of Motion und die Funktionalität der Oberschenkel und der hinteren Muskelkette im Fokus.
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