Myofasziales Taping nach Markus Erhard
Durch myofasziale Release Techniken (MRT) wird die Balance innerhalb des myofaszialen Systems wieder hergestellt. Bewegung wird meist sofort wieder schmerzfrei und meist langfristig erhalten. Muskelarbeit wird wieder effizient und die Leistung wird gesteigert.
Aufgrund der spezifischen Reizung, bzw. Ansteuerung durch Myofasziales Taping, wird Fasziengewebe mechanisch verschoben. Die Faszienrezeptoren werden in ihrer Reizschwelle und der daraus resultierenden Reizantwort entscheidend beeinflusst. Die therapeutische, präventive als auch leistungssteigernde Wirkung durch Myofasziales Taping nach Erhard beruht im Wesentlichen auf der Änderung der myofaszialen Spannung durch Steuerung der Rezeptoren-Aktivität und den damit verbundenen mechanischen Änderungen im myofaszialen Spannungsgefüge.
Faszienforschung in die Praxis umgesetzt
In den letzten Jahren verändern sich vielerlei Herangehensweisen und Ansichten in der Therapie grundlegend. Ein Grund hierfür sind neue Ergebnisse aus der Faszienforschung. Diese neu gewonnenen Erkenntnisse zeigen, dass Faszien eine weitaus wichtigere Rolle innerhalb der Komplexität des Körpers einnehmen als bisher angenommen. Beispiele hierfür sind der Einfluss auf:
- Schmerz und Schmerzgenerierung
- Haltung
- Bewegung
- Kraftweiterleitung und Kraftverteilung
- Propriozeption
- sportliche Leistungsfähigkeit
Myofasziales Taping wurde als Methode von Markus Erhard auf Basis dieser neuen Forschungsergebnisse über Faszien und funktioneller Anatomie entwickelt. Die Philosophie, die Herangehensweise, Diagnostik und schließlich die Techniken sind neu und nicht mit bekannten Methoden wie kinesiologisches Taping vergleichbar, obgleich dies auf den ersten Blick oft schwer zu unterscheiden ist.
Faszien in Funktion – Was ist eine gute Technik im Sport aus Sicht der Faszie
Als Beispiel kann man eine Vorhand oder Aufschlag beim Tennis oder Badminton nehmen. Um den Schläger für einen kräftigen Schlag schnell nach vorne zu bringen sollte man erst in die entgegengesetzte Richtung die Myofaszien im vorderen Bereich der Schulter durch Vordehnung „aufladen“. D.h. man geht mit dem Arm in eine Abduktion, Retroversion, Außenrotation und Flexion. Wenn das alles wäre was man vordehnt, das heißt auf Spannung bringen würde, wäre die Kraft die auf den Ball wirkt relativ gering. Je mehr einer einzelnen Faszienlinie (Anatomy Trains, Anatomische Zuglinie nach Thomas Myers) und je mehr Linien gleichzeitig vorgedehnt werden umso mehr Energie wird gleichzeitig in den Faszien (Kollagen) gespeichert (wie bei einer Bogensehne) und je mehr Energie steht bei der eigentlichen Aktion (Schlag auf den Ball) zur Verfügung.
Um einen „guten“ Aufschlag mit rechts durchzuführen und um viel Energie in die Faszien zu laden sollte man neben dem Aufladen der Schulterfaszie und der damit verbundenen Armfaszien durch Rück- und Hochführen des Armes zusätzlich z.B. den Oberkörper nach rechts rotieren und nach links neigen. Dadurch werden große Muskeln (wenn ich von Muskeln schreibe meine ich immer den Muskel inklusive der durchziehenden und umhüllenden Faszien) wie z.B. der schrägen Bauchmuskulatur aufgeladen.
Durch die Rotation nach rechts wird die vordere funktionelle Linie aufgeladen:
- die schrägen inneren Bauchmuskeln links
- die schrägen äußeren rechts
- die Pectoralisfaszie rechts
Da die Bauchmuskulatur mit den Adduktoren verbunden ist (kommunizierende Fasern) werden vor allem die Adduktoren des linken Beines aufgeladen. Faszial gesehen könnte man sagen, dass die Schulter an der Hand beginnt und am Oberschenkel des gegenüberliegenden Beines endet. Um Rückschlüsse auf eine gute Technik aber auch Verletzungsursache zu ziehen ist es wichtig, dass man diese funktionell zusammen hängenden kommunizierenden Faszien (Anatomy Trains) kennt.
Beim Aufschlag werden noch mehr Linien aufgeladen und ich könnte hier noch weiter auf Details eingehen, aber soweit sollte es uns reichen die Idee des Vorspannens dieser vielen Linien zu verstehen.
Die Faszie ist ein „soziales“ Netzwerk
Ist ein Bereich faszial verkürzt, oder können die Faszienschichten durch Adhäsionen oder Narben nicht genügend gegeneinander gleiten fällt das Aufladen der Faszien schlechter aus, da man nicht mehr soweit die Faszien aufladen kann. Da man im Sport die Bewegung trotzdem mit hoher Motivation schnell und kräftig ausführt, müssen andere Bereiche dieser Faszienketten mehr arbeiten bzw. dehnen, um die Bereiche zu kompensieren, bei denen es nicht mehr so gut geht.
Je weniger Faszien gleiten und gedehnt werden können (oder die intrinsische Elastizität verloren gegangen ist), umso mehr müssen die anderen Bereiche machen (kompensieren). Wie in einem Sozialen Netzwerk arbeitet der eine dann mehr wenn der andere nicht mehr kann, um dies zu kompensieren. Umso stärker ist aber die Belastung für die Bereiche, die jetzt mehr „arbeiten“ müssen. Zum einen geht Energie (Kraft) verloren und zum anderen steigt die Möglichkeit, dass man sich verletzt und die Faszie gezerrt wird oder reißt.
Es reicht oft wenn nur ein Teil in der Kette nicht mehr funktioniert. Wenn man beim Aufschlag z.B. die Hüfte anterior nicht richtig öffnen kann geht Vorspannung verloren. Es wird nicht mehr die ganze Faszienlinie vorgespannt. Integrität geht verloren und die Kraftweiterleitung, bzw. das aufladen der Faszie im Hüftbereich fällt geringer aus. Man kann es mit einer Bogensehne vergleichen die in einem Abschnitt nicht dehnbar ist. Die anderen Abschnitte oben drüber und darunter müssen nun mehr machen um die Problematik an der Hüfte (das fehlende Vorspannen) der Hüfte zu kompensieren. Um beim Aufschlag viel Kraft auf den Schläger und letztlich den Ball zu bekommen muss man mehr aus der Schulter „heraus holen“. Die Schlägerbeschleunigung kommt dann mehr aus der Schulter und weniger aus dem ganzen Körper. Oft ist es dann nur eine Frage der Zeit bis die Schulter oder auch ein anderer Bereich innerhalb der Kompensationskette schmerzt oder verletzt wird.
Bewegung schmerzfrei und effizient machen
Durch Myofasziales Taping als faszienspezifische Behandlungsmethode können Bewegungseinschränkungen und in den häufigsten Fällen der Schmerz deutlich reduziert werden – meist sogar ganz eliminiert werden. Ein solcher Behandlungserfolg wird oft bereits innerhalb der ersten Behandlungssitzung erreicht. Abhängig von der Komplexität der Zusammenhänge und der zu behandelnden Struktur kann der Bedarf an Behandlungssitzungen für langfristige Ergebnisse variieren.
Nach Herstellung einer normalisierten myofaszialen Spannung kann das myofasziale System wieder effizienter und effektiver arbeiten. Die Haltung wird verbessert, die Bewegung kann mit weniger Inhibition, Restriktion und Schmerz und mit mehr Kraft durchgeführt werden – und das meist sofort nachdem Myofasziales Taping angewendet wurde. Da ein Großteil der Effekte über die Faszienrezeptoren kommt, entstehen die Effekte innerhalb einem Bruchteil einer Sekunde.
Im Sport bedeutet dies, dass Bewegungen effizienter verlaufen. Man braucht weniger Muskelenergie um eine bestimmte Bewegung oder Bewegungsabfolgen durchzuführen, da man weniger gegen die myofasziale Spannung „ankämpft“, welche vor allem durch Verkürzung der Faszie oder verringerter Gleitfähigkeit benachbarter Faszien entsteht.
Euer Markus Erhard
Markus Erhard könnt ihr am 7. und 8. Februar 2015 auf dem Faszien Summit in München live sehen und seine Methode in den Lectures und Hands-on workshops kennen lernen.