Die Verbindung zwischen Faszien und Nervensystem ist essenziell, um einen „normalen“ Tag zu bestreiten. Besteht diese Verbindung nicht oder ist sie fehlerhaft, können wir Bewegungen nur durch andere Sinne ansteuern. Die Propriozeption ist ohne die Faszien-Nervensystem-Verbindung ausgeschaltet. Wie diese Verbindung funktioniert, beschreiben die Physiotherapeuten Berengar Buschmann und Dennis Krämer.
Es liegt also auch an uns, was wir dem „Chef“, dem Gehirn, aus der Peripherie, von den Faszien, auf den Schreibtisch legen.
Um funktionelle Zusammenhänge des Körpers, Bewegungen und Schmerzen zu verstehen, sollten Muskeln und Nerven nie isoliert, das heißt ohne das umgebende Fasziennetz betrachtet werden. Denn das Nerven- und Muskelsystem ist unweigerlich mit den Faszien in Kontakt.
Die Muskeln und Faszien pflegen eine bedeutsame mechanische Beziehung. So sind bekanntermaßen alle Muskelanteile von den Muskelfaszien umhüllt. In den feinen kleinen sowie auch den dickeren und straffen Faszienschichten in und rund um die Muskeln verlaufen alle nötigen Nerven und auch Blutgefäße, die den Muskel versorgen. Und eine Fülle von Rezeptoren in den Faszien sorgt für eine wahrhaftige Informationsflut aus den Weichteilen und leitet sie an das Gehirn weiter. Die Muskelfaszien scheinen nach neuen Erkenntnissen auch ausschlaggebend für die Empfindung des Muskelkaters zu sein, weniger der Muskel selbst (Gibson, W. et al., 2009; Lau, W.Y. et al., 2015). Zudem zeigen neue Untersuchungen auch, dass Faszien tatsächlich vom Muskel oder Knochen unabhängige Risse erleiden können (Webborn, N. et al., 2015; Morton, S. et al., 2016). Aus praktischer Erfahrung können solche – auch spürbare – Bindegewebsverletzungen Schmerzen oder Spannungsmuster auslösen.
Ganz schön sensibel
Diese sensible Fähigkeit besitzt die Faszie dank vieler verschiedener Rezeptoren. Als reichhaltigstes Sinnesorgans unseres Körpers besitzen die Faszien unzählige Mengen an Mechanorezeptoren, darunter auch Spannungs-/Schmerzrezeptoren. Diese „Mechano-Faszienrezeptoren“ arbeiten unter anderem als Propriozeptoren, um den Körper über Position, Bewegungsart, Gelenkwinkel und Schmerzen zu informieren. Auch in der Schmerzforschung nehmen diese Erkenntnisse einen großen Stellenwert ein. So wie im Beispiel der großen Rückenfaszie (Fascia thoracolumbalis) ist mittlerweile wissenschaftlich belegt, dass sie mit einer Vielzahl von Schmerzrezeptoren bedeckt ist (Tesarz, J. et al., 2011).
Das bietet eine ganz andere und neuartige Sichtweise auf den Bereich des chronischen oder unspezifischen Rückenschmerzes.
Ein Leben ohne Feedback
Menschliche Bewegungen sind nicht nur durch motorische Ausführung, sondern ebenfalls vom Erspüren der Bewegung geprägt. Diese afferenten Feedbacks erfolgen primär durch die Rezeptoren in den Faszien. Das zeigt, dass das Gehirn als „Zentrale“ in höchstem Maße auf die Informationen aus den „Zweigstellen“, wie Andrew Taylor Still einst sagte, also aus den Faszien angewiesen ist.
Es liegt also auch an uns, was wir dem „Chef“, dem Gehirn, aus der Peripherie, von den Faszien, auf den Schreibtisch legen.
Den gesamten Artikel mit einem spannenden Beispiel gibt es in Ausgabe 4/2018 des Functional Training Magazins.
Hole dir jetzt die Neuro-Ausgabe!
