Es ist faszinierend, Experten wie Pavel, Brett Jones, Mark Toomey oder Dan John dabei zu beobachten, wie sie eine Bewegung coachen. Sie sehen eine unsaubere Langhanteltechnik oder eine andere Übung und schaffen es mit nur wenigen Worten, den Bewegungsablauf zu verbessern. Es ist immer wieder erstaunlich, wie viel sie mit ihren sparsam dosierten Tipps und Hinweisreizen erreichen.
Beim Coachen Hinweisreize geben
Diese Sparsamkeit ist Programm. Das konnten wir feststellen, als wir einmal einen unerfahrenen Golftrainer dabei beobachteten, wie er 45 Dinge aufzählte, an die sein Schützling beim Abschlag gleichzeitig achten sollte. Das ist generell keine gute Idee – schon gar nicht, wenn man jemandem den Kettlebell-Swing beibringen möchte.
25 Jahre Forschung zu motorischem Lernen haben uns gezeigt, dass es nicht ratsam ist, Hinweisreize zu geben, die sich auf körperinnere Prozesse beziehen – viel hilfreicher sind Verweise auf äußerlich sichtbare Phänomene. Wir sagen unserem Sportler oder Klienten daher nicht, welchen Muskel er an- oder entspannen soll. Wir geben ihm vielmehr einen Hinweisreiz, der sich auf etwas Sichtbares bezieht, beispielsweise er solle „die Kettlebell schweben lassen“.
Das Beispiel Kettlebell-Deadlift mit Widerstand
Man kann also entweder eine Ansage machen wie „Spann’ den Latissimus an“ – oder aber eine Bewegung coachen, bei der sich der breite Rückenmuskel zwangsläufig kontrahiert. Wenn Sie jemals gesehen haben, wie ich ein Gummiband unter die Arme eines Trainierenden gebracht und daran gezogen habe, während er sich nach unten beugte und versuchte, einen Kettlebell-Deadlift auszuführen, dann werden Sie wissen, dass sich auch ohne Worte die erwünschte Anspannung des Latissimus erzielen lässt, und zwar mithilfe eines taktilen, propriozeptiven Hinweisreizes, der die für das Kreuzheben erforderliche Gewichtsverlagerung herbeiführt.
Die Sprache der Bewegung ist haptisch
Seit ich Der perfekte Athlet geschrieben habe, werde ich nicht müde zu wiederholen, dass die Sprache der Bewegung haptisch ist, und Erklärungen bzw. wortreiche Metaphern nicht ausreichen.
Als wir anfingen uns zu bewegen, zu Beginn unseres Lebens, ließen wir uns ausschließlich von unserer Eigenwahrnehmung leiten. Wenn Kleinkinder versuchen zu rennen und sich dabei zu weit nach vorne lehnen, fallen sie auf die Nase. Lehnen wir uns dagegen nicht weit genug nach vorne, können wir uns maximal gehend vorwärtsbewegen. Dieses Vorwärtslehnen ist etwas, das uns durch die Schwerkraft und die Umwelt vermittelt wird. Wann immer möglich versuchen wir, unseren Klienten solche elementaren taktilen, propriozeptiven Hinweisreize zu vermitteln und nur im Notfall durch das eine oder andere gesprochene Wort zu ergänzen.
Genau in diesem Zusammenhang sollten wir das Coachen und das Korrigieren miteinander vergleichen. Wenn ich einen Athleten dazu auffordere, sich auf den Boden zu legen und „Crocodile Breathing“ zu praktizieren, oder ihn bei der Ausübung eines „Arm Bar“ (eine Variante des Armstreckens über Kopf mit Kettlebell) darum bitte, auf seine Atmung zu achten und den Brustkorb „aufzumachen“, dann verbinden sich hier zwei verschiedene Szenarien. Das Coachen erfolgt in diesem Fall über eine Korrekturübung und ich kann daher bei meinen Erklärungen etwas ausführlicher sein.
Coachen durch korrigierendes Eingreifen
Wenn ein Trainer korrigierend eingreift – und ich habe gesehen, wie gut Pavel diese Kunst beherrscht – dann coacht er oft die Atmung. Pavel sagt in Simple and Sinister, dass im Turkish Get-up und im Swing zwei Atemtechniken zum Einsatz kommen, die einerseits ergänzend, andererseits aber auch entgegengesetzt wirken. Wir können unsere Atmung steuern und auf diese Weise unser Nervensystem entspannen oder umgekehrt unsere Kraft bündeln, um sie anschließend in einer dynamischen, explosiven Bewegung zu entladen. Der Atem vermag beides zu bewirken.
Was ich damit sagen will: wenn ich erfahrenen Coaches bei der Arbeit zusehe, stelle ich immer wieder fest, wie punktgenau sie ihre Hinweisreize setzen. Sie überlegen sich genau, wem sie was auf welche Weise vermitteln, weil jeder Mensch anders ist.
Bei Problemen auf der Motivatonsebene, Korrekturübungen vornehmen
Wenn jemand es nicht einmal schafft, sich nach vorne zu beugen und seine Zehen zu berühren, dann hat er ein Problem, und zwar nicht nur hinsichtlich seiner Bewegungsfähigkeit. Er hat ein sensorisches Problem. Ein solcher Zeitgenosse spürt, wie die meisten von uns, wie es in der Oberschenkelrückseite zieht, wenn er nach seinen Zehen greift und diese zu umklammern versucht – allerdings schon auf Kniehöhe, also viel zu früh. Und mir fällt beim besten Willen nichts ein, was man als Coach in diesem Moment sagen könnte, um das Problem auf Motivationsebene zu beheben.
Stattdessen werden wir in diesem Fall eine Korrekturübung vornehmen müssen. Sobald wir bei dieser Person das Beinheben verbessert oder einige Hindernisse auf dem Weg dorthin beseitigt haben, würde ich zur Erhöhung der Mobilität möglicherweise die Progression zur Rumpfbeuge oder Beinsenken 1 & 2 empfehlen. Das sind für sich genommen keine Übungen, sondern vielmehr korrigierende Strategien, weil ich den Klienten ja immer noch dazu bringen muss, tiefer nach unten zu kommen und seine Zehen zu berühren.
Und wenn das erreicht ist, muss ich trotzdem weiterhin darauf achten, dass er beim Deadlift den Körper korrekt ausrichtet, ausbalanciert und koordiniert. Nur dann ist es dieser Person eines Tages möglich, einen knackigen Kettlebell-Swing auszuführen.
Wann korrigiert man und wann kann man coachen
Die große Kunst ist es, zu wissen, wann man coachen und wann man korrigieren muss. Verwendet man den Movement Screen als Bewertungsmaßstab für das aktuell vorhandene Kraft- und Konditionierungsniveau, und die betreffende Person schneidet in mindestens einem der sieben Movement-Screen-Tests mit einem Punkt ab, ist es am besten, zuerst korrigierend einzugreifen. Das Coaching kann in diesem Fall noch warten. Eins nach dem anderen.
Ich finde, Mark Cheng, Jeff O’Connor und Brett Jones haben in der DVD Kettlebells from the Ground Up 2 diesen Ansatz neu definiert. Sie greifen das auf, was Brett und ich in Kettlebells from the Ground Up vorgestellt haben – eine Schritt-für-Schritt-Anleitung des Turkish Get-up – und zeigen, dass diese Übung ein großes Potenzial als Korrekturübung hat.
Hören Sie auf das, was Ihnen der Get-up sagt. Nehmen Sie die Korrektur vor. Wiederholen Sie ihn. Ist er besser geworden? Vielleicht sind weitere Korrekturen nötig, aber wenn Sie auf die atmungs- und bewegungsbezogenen Hinweisreize achten, können Sie leicht einige der Hindernisse oder Stolpersteine überwinden, die sich Ihnen beim Get-up möglicherweise in den Weg stellen. Die beiden genannten Produkte könnten Ihnen meiner Meinung nach dabei helfen, Korrekturübungen besser zu verstehen.
Definition einer Korrekturübung
Noch etwas – die Personen, mit denen ich zusammenarbeite und die ich trainiere, müssen sich nicht monatelang mit Korrekturübungen herumplagen. Dieses Thema wird in einer Sitzung abgehandelt, manchmal auch in wenigen Minuten. Wir lassen außerdem alle Korrekturübungen weg, die nicht umgehend eine Verbesserung bewirken.
Wenn Pavel Ihnen sagt, Sie sollen auf eine bestimmte Weise atmen, sich entspannen und lang machen, oder wenn wir Ihnen zeigen, wie Sie die „Crocodile Breathing“-Atemtechnik anwenden, bevor Sie mit den Übungen zur Mobilisierung des Brustkorbs beginnen, werden Sie enorm davon profitieren – sie stellen gleich zu Beginn des Workouts greifbare Ergebnisse fest.
Das ist meine Definition einer Korrekturübung. Ich durchlaufe die ganze Progression, im Idealfall nimmt dies 5 bis 10 Minuten in Anspruch. Wenn Sie bereits bei einer unserer Veranstaltungen waren, haben Sie uns vielleicht schon einmal dabei beobachtet. Wir nehmen, wo nötig, kleine Korrekturen vor, führen aber keine unnötigen Korrekturübungen ein.
Euer Gray Cook