Golf zählt mittlerweile zu den beliebtesten Sportarten im deutschsprachigen Raum. Über 610 000 Golfer waren 2012 nach Abgaben des Deutschen Golf Verbands (DGV) in Klubs registriert. Aufgrund des komplexen Bewegungsablaufs ist Golf nach Stabhochsprung aber auch die anspruchsvollste Sportart. Deshalb stellt dieses Technikmuster kleinere und größere Risiken für den Bewegungsapparat dar. Gerade der typische Sitzmensch, der den Golfsport als einzigen Ausgleich betrachtet, ist ein potenzieller Risikokandidat. Das hat mehrere Gründe: Der Bewegungsapparat, insbesondere die Muskulatur, ist nicht ausreichend ausgeprägt, um den wirkenden Kräften standzuhalten. Wenn man sich einen Spieler wie Tiger Woods anschaut, sieht man einen optisch austrainierten Athleten. Der zweite Aspekt ist, dass der typische Büromensch verlernt hat, saubere und korrekte Bewegungsmuster auszuführen. Hier geht es in erster Linie nicht um sportartspezifische Bewegungsmuster, die ja in vielen funktionellen Trainingsansätzen im Fokus stehen. Vielmehr geht es darum, in alltäglichen Bewegungen die richtigen Strukturen zu stabilisieren und wiederum andere zu mobilisieren.
Verbesserung des Abschlags durch Personal Training
Die gute Nachricht vorweg: Personal Trainer haben die Möglichkeit, auf beide Aspekte – Muskulatur und Sensomotorik – gut einzuwirken. Einen schnellen Erfolg beim Golfen erreicht man allerdings mit einer Optimierung der Bewegungsmuster, da sich die intermuskuläre Koordination deutlich schneller verbessert, als die Muskulatur hypertrophiert.
Durch den Boom im funktionellen Training gibt es ein riesiges Arsenal an Übungen. Das ist hervorragend, kann aber auch ziemlich verwirrend sein.
Funktionelles Training für Golfer – Core-Bereich im Fokus
Im Folgenden wird ein Weg von mehreren Wegen beschrieben, wie man einen typischen Hobbygolfer überwiegend sitzender Tätigkeit durch funktionelles Training für Golfer gut auf die Belastungen vorbereitet. Es gilt hier zuerst, Verletzungen möglichst zu vermeiden. Erst in zweiter Instanz liegt der Fokus auf einer Leistungssteigerung. Das Gute: Der Sportler verbessert alleine durch das korrigierende Training seine Ansteuerung und Beweglichkeit. Dadurch verbessert sich sein Spiel meistens automatisch. Dies ist insofern wichtig, als der typische Golfer von Haus aus ein erfolgsorientierter Typ ist, den die Verbesserung seines Abschlags durch Personal Training mehr interessieren wird als der Schutz vor Verletzungen.
Zunächst muss das Gewebe vorbereitet werden, um optimale Bewegungsmuster zu ermöglichen. Dieser Bereich, in dem fasziale Techniken im Fokus stehen, wird Tissue Quality genannt. Ohne freie fasziale Strukturen ist eine sinnvolle Bewegung nicht möglich. Der dann folgende Trainingsschwerpunkt beschäftigt sich mit gezielter isolierter Ansteuerung, Movement Quality genannt. Hier stehen der Core-Bereich mit der tiefen Rumpfmuskulatur, der BWS-Schultergürtel sowie die Hüftmuskulatur im Vordergrund.
Kann der Sportler die einzelnen isolierten Ansteuerungen gut ausführen, werden diese Säulen nun zu ganzen fundamentalen Bewegungsmustern zusammengeführt. Man sollte nie den Fehler machen und von Beginn an mit den kompletten Bewegungsmustern in einem Training beginnen. Trainer sollten nach dem Motto „Isolation – Innervation – Integration“ arbeiten.
Tissue Quality
1. Piriformis
Beim Golfschwung kommt es auf eine mobile Hüfte, stabile LWS (oder Core-Bereich) und wiederum mobile BWS an. Aus diesem Grund wird einer der Hauptrotatoren, der M. piriformis (vor allem seine fasziale Struktur) bearbeitet und gelöst. Der Piriformis verläuft vom Kreuzbein zu Trochanter major und ist der stärkste Außenrotator im Hüftgelenk. Interessanterweise kehrt er seine Funktion zwischen 60° und 90° Hüftbeugung um und verwandelt sich so in einen Innenrotator.
Ausführung: Man setzt sich auf einen harten Massage- oder Triggerball. Ein Tennisball eignet sich nicht. Der richtige Punkt ist nicht leicht zu finden, deshalb orientiert man sich an einer einfachen Eselsbrücke. Wenn man sich vorstellt, man trage eine enge Jeans, findet man den richtigen Punkt, indem man an dieser fiktiven Jeans die hintere Hosentasche und davon die äußere obere Ecke dieser Hosentasche sucht. Man lässt das Becken über diesem Punkt kreisen und beugt und streckt die Hüfte dieses Beines.
Umfang: 4- bis 5-mal kreisen lassen, dann 4- bis 5-mal die Hüfte beugen; 2 bis 3 Sätze.
2. Latissimus
Der Latissimus spielt eine wichtige Rolle bei der golfspezifischen Beweglichkeit des Oberkörpers. Außerdem trägt ein freier Latissimus dazu bei, wieder aufrechter durchs Leben zu gehen, da er unter anderem ein starker Innenrotator im Schultergelenk ist.
Ausführung: Seitlage – eine Hartschaum- oder Triggerrolle wird unter die Rumpfaußenseite gelegt. Es ist hier relativ einfach, den richtigen Punkt zu erwischen, da der Latissimus sehr flächig ist. Der Oberkörper wird in dieser seitlichen Position angehoben, um mehr Gewicht auf die Rolle zu bringen. Zur Verstärkung kann der Oberkörper seitlich noch stärker gehoben und wieder abgesenkt werden, um eine Bewegung zwischen Gewebe und Rolle zu erzeugen.
Umfang: 4- bis 5-mal Oberkörper anheben; 3 bis 4 Sätze.
3. Subscapularis
Der Subscapularis ist einer der Schlüsselstellen im Schultergelenk. Er ist der kräftigste Innenrotator und neigt bei einseitigen Alltagspositionen wie dem Sitzen sehr zum Verkleben.
Ausführung: Die Körperposition ist identisch mit der Latissimus-Technik. Der Subscapularis sitzt an der Innenseite des Schulterblattes. Somit ist die einzige Möglichkeit, ihn zu erwischen, im Bereich der Achsel. In dieser Seitlage wird der Triggerball im Bereich der Achsel unter die Kante des Schulterblattes platziert. Im Schultergelenk wird nun abwechselnd eine Innen- und eine Außenrotation gemacht.
Umfang: Kurz ruhen lassen, dann 4- bis 5-mal Außenrotation, 3 bis 4 Sätze.
4. Self-Mobilization
Shin Box: Automobilisations-Übung für die Hüftgelenke.
Ausführung: Sitzende Position, beide Beine sind zu einer Seite gekippt. Schauen die Knie zur rechten Seite, wird die linke Beckenseite in den Boden gedrückt – und umgekehrt. Es wird nur etwa 2 Sekunden in der jeweiligen Endposition geruht. Der Oberkörper wird während der gesamten Ausführung aufgerichtet. Ziel ist es, mehr Gelenkflüssigkeit zu produzieren und vor allem die braditrophen faszialen Strukturen zu durchsaften.
Umfang: 20 Wiederholungen je Seite, 1 bis 2 Sätze.
5. Self-Mobilization
Wall Driver: Automobilisations-Übung für die BWS. AUSFÜHRUNG: Seitlicher Stand an der Wand. Beispiel Foto: rechter Fuß steht vorne, rechter Arm entlang der Wand ausgestreckt. Der Core-Bereich wird aktiviert, um keine LWS-Mobilität in dieser Übung zuzulassen. Die gesamte Bewegung kommt aus der BWS. Die linke Hand fungiert als Driver, der zur rechten Hand, die fixiert ist, bewegt wird. So erreicht man eine tolle Mobilisation der Brustwirbelsäule.
Umfang: 20 Wiederholungen je Seite, 1 bis 2 Sätze je Seite.
Movement Quality
1. Wall Slides
Ausführung: Schneidersitz an der Wand. Der gesamte Rücken wird an die Wand gedrückt, während die Arme von einem „W“ in ein „V“ gestreckt werden. Gleich- zeitig soll versucht werden, die Schulterblätter hinten und unten zu halten und die Humerusköpfe „einzusaugen“. Das erzeugt Scapula-Stabilität, die bei fast allen Bewegungen benötigt wird.
Umfang: 15 bis 20 Wiederholungen, 2 Sätze.
Movement
1. Suspension Trainer One Arm Trunk Rotation
Ausführung: Handrücken in die Schlingen. Mit leicht gebeugten Kniegelenken einen Arm nach hinten oben führen. Dabei bleibt das Becken stabil, der Schultergürtel rotiert mit. Der Kopf fokussiert den fiktiven ruhenden Ball. Ziel ist es wiederum, dieses Mal in einer ganzen Bewegungskette, eine BWS-Mobilisation herzustellen, dabei aber die Hüfte und den LWS-Bereich stabil zu lassen.
Umfang: 15 bis 20 Wiederholungen, 2 Sätze je Seite.
2. Suspension Trainer Two Arm Golf Rotation
Ausführung: Ähnliche Ausgangsposition wie bei der vorherigen Übung, nur Handinnenflächen in die Schlingen. Beide Arme rotieren nun zu einer Seite. Der große Unterschied ist, dass hier die Hüfte mitrotiert, allerdings wird sie vom Schultergürtel „überholt“.
Umfang: 15 bis 20 Wiederholungen, 2 Sätze je Seite.
3. Rip Trainer Lunge Step Rotation
Ausführung: Diese Übung hat noch einmal zum Ziel, die BWS zu mobilisieren, nur dieses Mal gegen Widerstand. Beispiel Foto: Der Rip Trainer wird mit der rechten Hand im Untergriff und der linken Hand im Obergriff gehalten. Der Kunde befindet sich im Ausfallschritt mit dem rechten Bein vorne. Es wird eine rotatorische Bewegung des Schultergürtels erzeugt, ohne dabei das Becken zu bewegen. Der rechte Arm ist im langen Hebel nahezu gestreckt. Halbkreisförmig wird der Rip Trainer nach hinten oben und dann nach unten vorne bewegt.
Umfang: 15 bis 20 Wiederholungen, 2 Sätze je Seite.
Strength
1. Suspension Trainer Assisted Transversal Lunge
Ausführung: Im Kraftbereich wird mit dieser Übung die Hüftmuskulatur in Extension, Außenrotation und Abduktion in einem natürlichen Bewegungsablauf trainiert. Der Standfuß wird nach spiraldynamischen Gesichtspunkten verschraubt, die Hüfte und das Kniegelenk werden gebeugt. Mit einer sauberen Beinachse wird ein Ausfallschritt nach hinten und diagonal seitlich durchgeführt. Der Suspension Trainer dient hier lediglich der Unterstützung.
Umfang: 12 bis 15 Wiederholungen je Seite, 2 Sätze je Seite.
2. Suspension Trainer Body Saw
Ausführung: Diese Übung dient der Stabilisierung des Core-Bereichs (LWS-Stabilität). Mit parallelen Unter- armen und hinten unten fixierten Schulterblättern sowie stabilem Core- und Gesäßbereich wird der Körper horizontal nach hinten und wieder zurück in die Ausgangsposition geschoben. Es sollte grundsätzlich nichts im unteren Rücken gespürt werden.
Umfang: 15 bis 20 Wiederholungen, 2 Sätze.
Euer Thomas Korompai
Hallo,
schöner Artikel- kurz und knackig mit dem wichtigsten Infos. Nur sollte es dort nicht noch Fotos geben?
Natürlich gibt es hierzu Bilder. Bitte entschuldigt, dass es einen Moment länger gedauert hat, diese einzubauen.