Die kältere Jahreszeit ist ausgebrochen und einige von uns haben gerade in den Wintermonaten öfters mit Schnupfen und Halsschmerzen zu kämpfen. Akute Infektionen der oberen Atemwege (z.B. Erkältungen, Husten, Nasennebenhöhlen-, Mittelohr- und Mandelentzündungen) zählen zu den häufigsten Erkrankungen aller Altersgruppen.
Immunsystem und Sport – Das J-förmige Modell
Dahinter können unterschiedliche Ursachen bzw. Auslöser liegen. Auch der Umfang und die Intensität sportlicher Belastungen beeinflussen das Infektionsrisiko der oberen Atemwege (engl. Abkürzung: URTI). Laut epidemiologischen Daten sind Ausdauersportler während harten und intensiven Trainingsperioden einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt (Nieman, 1997). In der Experten-Welt hat sich das sogenannte „J-förmige Modell“, welches den Zusammenhang zwischen dem Infektionsrisiko der oberen Atemwege und körperlichen bzw. sportlichen Belastungslevel darstellt, etabliert:
Moderate, regelmäßige körperliche Aktivität scheint im Vergleich zu einem inaktiven Lebensstil die Anfälligkeit für Infektionen der oberen Atemwege zu mindern. Hingegen sind Sportler während einer intensiven Trainingsphase oder harten Belastungseinheiten, dazu zählen insbesondere auch körperliche Überlastungen bzw. Übertraining, einem erhöhten Risiko ausgesetzt.
Mögliche Gründe für ein erhöhtes Infektionsrisiko bei harten Trainingseinheiten
Forschungsergebnisse zeigen, dass der körperliche Aktivitätsgrad unsere Immunfunktion unterschiedlich beeinflusst und verändert und dies wahrscheinlich einen Einfluss auf die Infekt-Anfälligkeit der oberen Atemwege hat. Es gibt verschiedene Gründe und wissenschaftliche Ansätze für eine herabgesetzte Immunabwehr in Zusammenhang mit einer intensiven Belastungseinheit. Ein „Mechanismus“ ist die negative Energiebilanz oder niedrige Kohlenhydratverfügbarkeit (z.B. entleerte Glykogenspeicher), die für unseren Körper „Stress“ bedeuten, vor allem während intensiver Belastungen oder Wettkämpfen über mehrere Stunden.
Lange harte Trainingseinheiten können daher die Funktion des Immunsystems, wie in folgender vereinfachter Grafik dargestellt, schwächen:
Vielen ist auch die sogenannte „Open Window“-Theorie bekannt: Wissenschaftler vermuten, dass der Körper aufgrund veränderter Immunparameter nach einer erschöpfenden Belastung, anfälliger auf Mikroorganismen (speziell Viren) reagiert und daher einer erhöhten Infektanfälligkeit ausgesetzt ist (Pedersen &Ullum, 1994). Dieses potentielle „Open Window“ der veränderten Immunitätslage bzw. das Zeitfenster des erhöhten Risikos für Infekte, kann zwischen 3-24 Stunden (in extremen Situationen sogar bis zu 72 Stunden) betragen.
Praktische Tipps für Sportler zur Minimierung des Infektions-Risikos:
- Ausgewogene, abwechslungsreiche und bedarfsgerechte Ernährung versorgt den Körper mit ausreichend Energie und Protein, wichtigen Mikronährstoffen (Vitamine und Mineralstoffe) und sekundären Pflanzenstoffen (Substanzen, die pflanzlichen Lebensmitteln Farbe, Duft und Aroma verleihen)
- Ausreichende Flüssigkeitszufuhr während der Belastung, sowie in der Regenerationsphase um mögliche, negative Auswirkungen einer Dehydratation (Flüssigkeitsmangel) auf die Immunfunktion zu minimieren
- Kohlenhydrate vor, während und nach einer harten, langen Belastung verzehren: Ein Blutzuckerabfall wird dadurch verhindert, der Anstieg bestimmter Stresshormone (z.B. Cortisol, Adrenalin) und Zytokine im Blutplasma reduziert. Dadurch wird die belastungsbedingte „Schwächung“ der Immunabwehr limitiert
- Ausreichend Schlaf (mind. 7 Stunden pro Nacht)
- Übertraining vermeiden
- Niemals persönliche Trinkflaschen, Handtücher etc. mit anderen Sportlern gemeinsam nutzen
- Richtige Outdoorbekleidung wählen
- Persönlicher „Life-Stress“ wie psychische Belastungen reduzieren
Vorschau: In Teil 2 der Immunsystem-Reihe wird der Aspekt von Vitamin D näher beleuchtet
©Corinne Mäder, München , 2013
Corinne Mäder ist certified Sports Nutritionist from the International Society of Sports Nutrition (CISSN) und Ernährungswissenschaftlerin. Neben ihrer Tätigkeit als European Sport Nutrition Manager bei PowerBar absolviert sie derzeit als eine der ersten deutschsprachigen Teilnehmer ein Aufbaustudium des International Olympic Committee’s (IOC) im Bereich Sporternährung. Sie steht zudem seit mehreren Jahren Profi-Athleten und Hobby-Sportlern beratend zur Seite.
Literaturquellen:
- Burke, L., & Deakin, V. (2011): Clinical Sports Nutrition. 4th edition. McGraw-Hill, Australia.
- Gleeson
- IOC consensus statement on sports nutrition (2011). J Sports Sci, 29 Suppl 1:S3-4.
- Nehlsen-Cannarella, S.L., Fagoaga, O.R., Nieman, D.C., Henson, D.A., Butterwort, D.E., Schmitt, R.L., Bailey, E.M., Warren, B.J., Utter, A., & Davis J.M (1997). Carbohydrate and the cytokine response to 2.5 h of running. Journal of Applied Physiology, 82(5), 1662-1667.
- Nieman, D.C. (1994). Exercise, upper respiratory tract infection, and the immune system. Med Sci Sports Exerc, 26(2), 128-139.
- Nieman, D.C. (1997). Risk of upper respiratory tract infection in athletes: an epidemiologic and immunologic perspective. J Athl Train, 32(4), 344-349.
- Pedersen, BK, & Ullum, H. (1994). NK cell response to physical activity: possible mechanisms of action. Med Sci Sports Exerc, 26(2), 140-146.