Mit Hilfe eines Stützelements (das kann eine beliebige Wand, in manchen Fällen sogar auch der Rücken eines Partners oder, für Fortgeschrittene, auch ein Suspension Trainer sein) werden die wichtigsten Positionen und Bewegungsmuster der Schlüsselphasen des Sprints eingeübt und in den späteren, komplexeren Übungen perfektioniert und mit zusätzlichem Widerstand versehen.
Einordnung in der Trainingseinheit
Wall Drills werden immer zielgerichtet angewandt. Es werden auch nicht unbedingt alle in einer Session durchgeführt. In der Regel erfolgt zuerst die Erstellung eines langfristigen Trainingszyklusses mit der Einteilung der Trainingseinheiten (TE) nach Linear und Multidirectional, wobei Linear weiter unterteilt werden kann in Acceleration, also Beschleunigung, und Top Speed, sprich maximale Laufgeschwindigkeit. Vor allem für Spielsportarten bietet es sich an, alle drei Blöcke langfristig gleichwertig zu trainieren, da der Crossover und der Cut des Multidirectional Blocks ebenfalls spielentscheidende Kompetenzen sind. Je nach Individualisierungsgrad des Trainings, können in einer Mannschaft auch Trainingsuntergruppen erstellt werden, welche die bei dem Speed und Agility Assessment erkannten Defizite zielgenau angehen. Bezogen auf die einzelne TE erfolgen die Wall Drills noch vor dem eigentlichen Sprinttraining jedoch nicht ohne den Bewegungsapparat auf sie vorbereitet zu haben. Das wichtige Zusammenspiel von Haltung und der Arbeit der Extremitäten, bestehend aus dem Wechselspiel von Stabilität und Mobilität, sollte zuerst anvisiert werden. Auch hier können und sollen individuelle Schwächen, die z. B. im FMS aufgedeckt wurden, gezielt in Form von individualisierten Corrective Exercises angesteuert werden. Anschließend erfolgt die Movement Preperation, welche durch die dreidimensionale Aktivierung der Hüftmuskeln, dynamisches Stretching und die Neural Activation dafür sorgt, dass der Bewegungsapparat optimal auf hohe Trainingsreize vorbereitet ist. Steht nun eine TE zur linearen Sprintentwicklung an, werden vom Anfang an, auch schon in der ersten, bewegungsoptimierenden Phase und der Movement Preperation, Übungen und Drills herangezogen, welche die bewegungsspezifischen Anforderungen dieser besser abdecken (Flektions und Extensionsmuster im Hüftgelenk zum Beispiel). Wird eine TE im Bereich Multidirectional absolviert, erfolgt eine Schwerpunktlegung auf andere Faktoren (Rotationsfähigkeit der BWS zum Beispiel). Innerhalb dieses Ordnungsmusters werden die Wall Drills als erster Einstieg gewählt, der den Trainierenden am zeitsparendsten und effektivsten spezifische Haltungen und Bewegungsabläufe der Grundpositionen bietet.
Die Vorteile der Wall Drills
Am bestechendsten ist bei den Wall Drills das Fehlen von jeglichem Zusatzequipment. Man braucht lediglich eine Mauer oder ein festes Netz. In manchen Fällen reicht sogar ein Partner, der seinen Rücken als Stützfläche anbietet. Der zweite Vorteil ist die Einführung der richtigen Neigungswinkel. Durch die Referenz zur Wand, kann die eigene Körperneigung besser wahrgenommen werden, die richtige Positionierung der Beine schneller korrigiert werden. Die passende Analogie dazu ist die Bearbeitung eines Schnappschusses, den man von sich während eines Sprints macht, mit Photoshop. Wall Drills spielen dabei die Rolle der punktgenauen Optimierung, sie ermöglichen es Einfluss auf eine Position zu nehmen, die sonst den Bruchteil einer Sekunde einnimmt. Auch Schwächen oder Defizite des Bewegungsapparates können hier rausgefiltert werden (krampfende TFL als Zeichen für Defizite im Spreizmuster der Hüfte zum Beispiel). So wird eine solide Grundlage gelegt für das weitere leistungsoptimierende Training.
“Head to heal strong as steel!”
Aus der Perspektive des Coaches ist es wichtig die verbalen Anweisungen und Korrekturen so genau aber auch gering wie es nur geht zu halten. Rote Fäden, bestimmte immer wiederkehrende Grundprinzipien, spielen dabei eine große Rolle und deren Vermittlung verschafft einem später wichtige Zeit für womöglich individuellere Korrekturen. Im Falle von Wall Drills sind die Grundprinzipien überschaubar und sollten als eben solche den Trainierenden vermittelt werden:
Dorsalflektion wir bringen in beiden Fußgelenken die Muskulatur in eine Vorspannung, es heißt Zehen zum Schienbein ziehen; so soll von vornherein gelernt werden, dass die entsprechende Vorspannung reaktive Kräfte am besten generiert
- Fersen hoch! das Standbein hält über die Ballen den Kontakt zum Boden, unter den Fersen ist etwas Luft, eine Kreditkarte sollte unterhalb der Ferse durchgezogen werden können
- “Head to heel strong as steel!” Bedarf eigentlich keiner Erklärung: wir bleiben groß, neutrale Wirbelsäule, Spannung im ganzen Körper, vor allem Rumpf und Gesäß/Oberschenkelmuskulatur
Im beigefügten Video bekommt ihr einen Einblick in die Ausführung verschiedener Wall Drills.
Euer Lukas Piechocinski
Netter Bericht aber eine 1:1 Kopie der EXOS-Methodik.