Dr. Markus Klingenberg als Referent auf dem SFMA Seminar, mehr Infos hier!
Sport ist in unserer Wahrnehmung im Allgemeinen positiv besetzt. Sport verbindet Menschen, dient dem Bewegungsausgleich in einer Bewegungsraumes Gesellschaft und ermöglicht den Vergleich mit anderen, schult unsere Disziplin und ist ein beträchtlicher Wirtschaftsfaktor. Die andere Seite der Medallie sind Sportverletzungen. Vom Breitensportler bis zum Top-Athleten verletzen sich Sportler von Zeit zu Zeit. Alleine in Deutschland verzeichnet die Statistik bis zu zwei Millionen Sportverletzungen. Hinzu kommen unzählige leichte Prellungen und Schürfungen.
Ganz vermeiden können wird man sie nie, jedoch lässt sich die Frequenz positiv beeinflussen. Äußere Risikofaktoren also Zusammenstöße zwischen Sportlern, Kontakt mit Sportgeräten und Umweltbedingungen lassen sich durch ein geeignetes Regelwerk und Schutzausrüstung vermindern. Innere Faktoren beziehen sich auf muskuläre Dysbalancen, eingeschränkte Mobilität und unzureichende Koordination des Sportlers die einzeln oder in der Summe zu Verletzungen ohne Gegnerkontakt führen. Mobilität, Stabilität und die neuromuskuläre Ansteuerung sind Faktoren, die sich durch ein gezieltes funktionelles Training im Anschluss an eine funktionelle Diagnostik positiv beeinflussen lassen.
Die Verletzung des vorderen Kreuzbandes beim plötzlichen Richtungswechsel eines Fußballspielers ohne Gegnerkontakt ist ein typisches Beispiel für eine
funktionell vermeidbare Verletzung. Betrachtet man die statistisch häufigsten Sportverletzungen, so haben die allermeisten von ihnen eine funktionelle Komponente. Viele Sportverletzungen sind also nicht ausschließlich schicksalshaft, sondern vermeidbar. Das gilt auch für erneute Verletzungen.
Statistisch ist der größte Risikofaktor eine Sportverletzung zu erleiden eine vorherige Verletzung. Grund dafür ist weniger eine nicht ausgeheilte Struktur, sondern vielmehr eine nicht wiederhergestellte Funktion. Die zeitliche Vorgabe für die strukturelle Ausheilung einer Verletzung gibt für gewöhnlich der Arzt. Für die funktionelle Wiederherstellung mangelt es häufig an konkreten Angaben durch den Arzt. Das führt dazu, dass zum einen viele Sportler nicht wieder auf ihr vorheriges Leistungsniveau zurück kehren und zum anderen verbleibende funktionelle Defizite die Grundlage für zukünftige Verletzungen bilden.
Für häufig auftretende Verletzungen, wie die oben schon erwähnte Verletzung des vorderen Kreuzbandes, gibt es eine Vielzahl an „Return To Sport“ – Protokollen. Außerdem unterscheidet sich die Betreuung eines Sportler nach einer Verletzung sehr stark danach, wie er krankenversichert ist und ob er Breitensportler oder Profisportler ist. Ein gutes Netzwerk zwischen Ärzten, Therapeuten und Trainern mit dem notwendigen Verständnis für strukturelle und funktionelle Zusammenhänge ist von entscheidender Bedeutung. Essentiell ist eine respektvolle Kommunikation auf Augenhöhe zwischen allen Beteiligten, die es zum Ziel hat, den verletzten Sportler bei seiner Wiederherstellung zu unterstützen und zu begleiten. Das ist umso einfacher, wenn die „Sprache“ der Betreuer eine ähnliche ist. Die Screening und Assessment Methoden von Functional Movement System – der FMS und der SFMA – sind eine mögliche gemeinsame Sprache. Selbstverständlich können auch andere Screening Methoden und Protokoll eingesetzt werden. Entscheidend ist es, überhaupt ein klares Konzept zu haben.
Schmerzen – zum Beispiel Schmerzen des Kniegelenks – können ihre Ursache an einem völlig anderen Ort haben. Angefangen von einem in seiner Beweglichkeit eingeschränkten Großzehengrundgelenk bis hin zu Bandscheibenbeschwerden des unteren Rückens können strukturelle und funktionelle Einschränkungen die Ursache eines fortgelegten Schmerzes sein. Solche inter-regionalen Abhängigkeiten müssen erfasst werden und therapiert werden. Sind die grundlegenden Fähigkeiten Mobilität, Stabilität und neuromuskuläre Kontrolle wiederhergestellt, so sollte in einem nächsten Schritt die funktionelle Kapazität und die sportarztspezifische Leistungsfähigkeit überprüft werden. Die funktionelle Kapazität umfasst beispielsweise die Kontrolle unserer Haltung unter Belastung, unsere Sprungkraft und unsere Fähigkeit nach einem Sprung sicher zu landen.
Oft wenig beachtet wird die psychische Komponente der Wiederherstellung nach Sportverletzungen. Schmerzen und Angst vor einer erneuten Verletzung beeinträchtigen die Leistungsfähigkeit und verzögern häufig ein Return To Sport. Spezielle Fragebögen sind eine einfache Möglichkeit die innere Haltung eines Sportlers zu erfassen. Bei Bedarf kann dann eine sportpsychologische Mitbetreuung erfolgen.
Sport ist also keineswegs wie häufig und gerne falsch zitiert wird „Mord“. Verletzungenweitestgehend durch Prävention zu vermeiden ist das erstrebenswerte Ziel. Ereignet sich eine Sportverletzung so muss eine strukturelle ne funktionelle Wiederherstellung erfolgen. Den Erfolg dieses Therapie- und Trainingsmassnahmen kann und sollten Therapeuten und Trainer mit einem durchdachten Return To Sport Protokoll überprüfen, bevor ein Sportler wieder in ein Wettkampf orientiertes Training zurückkehrt. Bewegung und Training müssen genauso gewissenhaft „verordnet“ und eingesetzt werden, wie es bei Medikamenten gefordert ist.
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