Organischer Schwefel
Methylsulfonylmethan (MSM): Wundermittel oder Hype?
Das Element Schwefel ist an sämtlichen biochemischen Prozessen im Körper beteiligt und leistet einen wichtigen Beitrag zu Gesundheit, Leistungsfähigkeit und Aussehen. Obwohl der Bedarf an Schwefel in der Regel über die Nahrungszufuhr gedeckt ist, kann es für sportlich aktive Menschen durchaus sinnvoll sein, Schwefel in Form von Methylsulfonylmethan (MSM) zu supplementieren. Personal Coach Philipp Moser erklärt in der Ausgabe 3/2021 – NUTRITION wie Athleten von dieser organischen Schwefelverbindung profitieren können.
Schwefel (Sulfur) gehört zu den Mengenelementen und ist somit für Mensch und Tier ein essenzieller Nährstoff. Der menschliche Körper besteht zu 0,2 Prozent aus Schwefel, wobei dessen Anteil 40-mal höher ist als der von Eisen (Sauerstofftransport). Daran lässt sich die enorme Bedeutung dieses Mineralstoffs für uns schon erahnen, denn Schwefel wird u. a. für den Aufbau und die Reparatur von Zellen und Geweben benötigt, ist am Aufbau von Insulin, Hormonen und Enzymen beteiligt und stärkt das Immunsystem. Auch der Eiweißstoffwechsel ist auf Schwefel angewiesen, zumal Schwefel Bestandteil etlicher Aminosäuren (allen voran Cystein und Methionin) und Serumproteinen1 ist und auf den Wachstumsfaktor IGF-1 regulierend einwirkt.2
Zu guter Letzt hilft Schwefel tatkräftig bei der Körperentgiftung mit, da er nicht nur Glutathion mit aufbaut, sondern auch in der Lage ist, Kadmium, Arsen, Nikotin und Alkohol auszuleiten.
Über die tägliche Nahrungszufuhr erhält der Körper in der Regel ausreichend Schwefel, um all diese Funktionen aufrechtzuerhalten. Zu finden ist dieser Mineralstoff vorrangig in eiweißhaltigen (tierischen) Nahrungsmitteln, aber auch in Kaffee, Zwiebeln, Knoblauch, Bärlauch und Nüssen. Ein Schwefelmangel ist lediglich bei extrem eiweißarmer Ernährung zu erwarten und äußert sich u. a. in Symptomen wie Hautentzündungen, Nagelproblemen und Wachstumsstörungen. Dennoch kann sich gerade für Sportler die Supplementierung mit organischem Schwefel in Form von Methylsulfonylmethan (MSM) lohnen, da er auf den Bewegungsapparat zahlreiche positive Effekte ausüben kann.
MSM zur besseren Regeneration
Gerade nach intensiven Trainingsbelastungen kommt es zu Zellschädigungen in den Muskelzellen. Diese lassen sich diagnostisch durch erhöhte Blutwerte für die Enzyme Creatinkinase (CK) und Lactatdehydrogenase (LDH) feststellen. Ferner sind die belasteten Muskelzellen erhöhtem oxidativen Stress ausgesetzt, der über antioxidative Prozesse wieder abgebaut werden muss. Eine 2012 durchgeführte Studie kam zu dem Ergebnis, dass die Supplementierung von MSM vor der Trainingsbelastung zu einem signifikant geringeren Anstieg der CK-Werte gegenüber der Placebogruppe führte.3 Dies kann als ein Indiz für geringere belastungsinduzierte Zellschäden gewertet werden, die naturgemäß mit einer schnelleren Regeneration einhergehen. Die antioxidative Aktivität der belasteten Muskelzellen scheint ebenfalls durch die längerfristige Einnahme von MSM begünstigt zu werden, wobei 3 g/Tag einen größeren Effekt erzielen als geringere Einnahmemengen.4 Auch diese Erkenntnis lässt auf eine schnellere Regeneration schließen, zumal dieselbe Untersuchung zu dem Ergebnis kam, dass das subjektive Ermüdungsund das Muskelkaterempfinden der Probanden mit steigender MSM-Supplementation signifikant sanken.
Gerade bei hohem und/oder intensivem Trainingspensum kann die tägliche Einnahme von ungefähr 3 g MSM die Trainingsverträglichkeit und die Regeneration fördern.5
MSM für gesunde Gelenke und optimale Beweglichkeit
Ein weiterer Punkt, der für die Supplementierung von organischem Schwefel spricht, ist sein positiver Einfluss auf das Schmerzempfinden und die Beweglichkeit von Gelenken.
Ein hohes Trainingspensum oder ein falsch durchgeführtes Training kann bei einem Athleten zu Gelenkentzündungen führen. Davon sind vor allem Knie-, Hüft- und Schultergelenke betroffen. Untersuchungen haben ergeben, dass entzündete Gelenke u. a. eine deutlich verringerte Schwefelkonzentration (im Gelenkinnenraum) aufweisen als nicht entzündete Gelenke. Die tägliche Anwendung von MSM kann schmerzund entzündungshemmend wirken, einem Knorpelabbau vorbeugen und zudem die Durchblutung des betroffenen Gelenks fördern. Eine 2011 durchgeführte Studie mit 49 Osteoarthritis-Patienten offenbarte nach zwölfwöchiger Einnahme von MSM eine Reduktion des Schmerzempfindens um ungefähr 30 Prozent und eine damit einhergehende Verbesserung der Funktionalität der untersuchten Kniegelenke.6 Die Ergebnisse waren allerdings nicht signifikant, was vermutlich auf die relativ geringe Tagesdosis von lediglich 1 125 mg MSM und/ oder den kurzen Beobachtungszeitraum zurückzuführen ist. Die Supplementation von MSM in Kombination mit Chondroitin und Glucosamin scheint sogar noch bessere Ergebnisse zu erzielen, da der Schwefel auch auf die Aufnahme anderer Nährstoffe positiv wirkt.7
Alternativ zur oralen Einnahme von Methylsulfonylmethan kann das äußerliche Auftragen von organischem Schwefel in Lösungsform (Dimethylsulfoxid, Abk.: DMSO) eine sehr schnelle Schmerzlinderung binnen Minuten einleiten. Somit stellt die Anwendung von organischem Schwefel dank seiner entzündungshemmenden, knorpelaufbauenden, abschwellenden und schmerzlindernden Eigenschaften eine gute, unterstützende Maßnahme zur Behandlung von Verletzungen des Bewegungsapparates dar. Gesunde, aber durch regelmäßiges Training strapazierte Gelenke können durch zugeführtes Methylsulfonylmethan schneller regenerieren und beweglich gehalten werden.
MSM zur Kollagenbildung
Unter Kollagenen versteht man 28 Strukturproteine, die bei Menschen und Tieren vor allem in der extrazellulären Matrix des Bindegewebes vorkommen und am Aufbau von Sehnen, Bändern und Faszien beteiligt sind. Ebenso wichtig ist Kollagen für den Aufbau und den Erhalt von Knochen, Knorpeln, Haut und Zähnen sowie von Blutgefäßen und inneren Organen. Kollagengewebe besteht zu einem erheblichen Anteil aus Schwefel, weshalb dem Schwefelstatus im Körper eine entscheidende Rolle beim Aufbau und Erhalt der kollagenen Strukturen zugesprochen wird. Dass der Mangel an Schwefel in der Ernährung negative Auswirkungen auf die Elastizität der Haut haben kann, wurde bereits nach Studien mit Ratten in den 1960er Jahren vermutet.8 Für Athleten ist vor allem wichtig zu wissen, dass MSM auch dabei unterstützen kann, die Bindegewebe des Bewegungsapparates (Knochen, Knorpel, Sehnen, Faszien usw.) nach körperlichen Belastungen wieder zügig zu regenerieren und leistungsfähig zu machen.2 Hinzu kommt die entzündungshemmende Wirkung von MSM, wodurch stark und häufig belastete Sehnen und Gelenkstrukturen vor Inflammationen geschützt werden können.
Neben den bereits erwähnten Vorzügen hat organischer Schwefel noch viele andere positive Auswirkungen auf den menschlichen Körper und kann auch in höheren Dosierungen praktisch nebenwirkungsfrei täglich supplementiert werden. Auch wenn es in seltenen Fällen zu Bauchschmerzen, Übelkeit oder Durchfall und in ganz seltenen Fällen zu Müdigkeit, Konzentrationsschwierigkeiten oder Kopfschmerzen kommen kann, ist es dennoch notwendig, die gängigen Dosierungsempfehlungen einzuhalten. Der supplementierte Schwefel wird binnen kurzer Zeit vom Stoffwechselsystem dorthin gebracht, wo ihn der Körper dringend benötigt. Überschüssige Mengen leitet der Körper binnen zwölf Stunden wieder aus.
Wer mit der Supplementierung mittels MSM beginnt, kann in der ersten Woche mit täglich 1–2 Gramm beginnen und bei entsprechender Verträglichkeit in den darauffolgenden Wochen die Tagesdosis kontinuierlich auf bis zu 10 g/Tag erhöhen. Gerade bei Dosierungen jenseits der 2 g/Tag ist es effektiver, die Tagesdosis auf mehrere Einnahmen über den Tag zu verteilen. Da MSM synergistisch mit allen Nährstoffen wirkt, kann es auch mit anderen Nahrungsergänzungsmitteln gemeinsam eingenommen werden, um deren Wirksamkeit zu verbessern.
Methylsulfonylmethan kann zur inneren Anwendung in Form von Pulver, Tabletten oder Kapseln konsumiert werden, wobei die Pulverform sicher am meisten Flexibilität zulässt. Zwar sind die geruchlosen MSM-Kristalle gut wasserlöslich und portionierbar, jedoch ist deren bitterer und leicht säuerlicher Geschmack nicht jedermanns Sache. Dabei kann frisch gepresster Gemüse-, Frucht- oder Beerensaft für einen besseren Geschmack sorgen und dessen Nährstoffe werden dank MSM gleich besser vom Körper aufgenommen.
Auch beim organischen Schwefel ist der Preis ein guter Qualitätsindikator und man sollte nach Möglichkeit auf destilliertes MSM zurückgreifen. Dieses kostet zwar mehr als lediglich kristallisiertes MSM, der Mehrwert liegt dabei vor allem an seinem hohen Reinheitsgrad bzw. dem Fehlen von Verunreinigungen durch Produktionswasser und Produktionsanlagen.
Interessant ist, dass MSM auch erfolgreich als Nahrungsergänzungsmittel an Tiere verfüttert wird, die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) jedoch die vielfach untersuchten Health Claims weiterhin nicht als wissenschaftlich belegt ansieht.10 Außer Frage steht natürlich, dass es weiterhin Forschungsbedarf auf diesem Gebiet gibt und dass es ebenso viele Kritiker wie Befürworter dieses Naturproduktes gibt. Schlussendlich bleibt es jedem selbst überlassen, sich von der Wirkungsweise organischen Schwefels zu überzeugen, denn die Anwendungspraxis ist der Wissenschaft oft voraus.
Philipp Moser ist leidenschaſtlicher Personal Trainer, Mentaltrainer und Lehrbeauftragter im Gesundheits- und Trainingsbereich. Er befasst sich intensiv mit funktionellem Kraſt- und Bewegungstraining, Sporternährung, Stand-up-Paddling (SUP) sowie dem Basketballsport. Als freier Autor verfasst er SUP-Guides sowie Fachartikel. Seine Publikationen findest du u. a. auf www.bodymindfit.at

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- u.v.m.
Quellenverzeichnis:
1 Richmond, V. L. (1986). Incorporation of methylsulfonylmethane sulfur into guinea pig serum proteins. Life Science. 39(3):263–8.
2 Lim, E. J. et al. (2012). Methylsulfonylmethane suppresses breast cancer growth by down-regulating STAT3 and STAT5b pathways. PLOS One, 7(4).
3 Barmaki, S., Bohlooli, S., Khoshkhahesh, F. & Nakhostin-Roohi, B. (2012). Effect of methylsulfonylmethane supplementation on exercise – Induced muscle damage and total antioxidant capacity. The Journal of Sports Medicine and Physical Fitness. 52(2):170–4.
4 Kalman, D. S. et al. (2012). Influence of methylsulfonylmethane on markers of exercise recovery and performance in healthy men: a pilot study. Journal of the International Society of Sports Nutrition. 9(1):46.
5 Nakhostin-Roohi, B., Barmaki, S., Khoshkhahesh, F. & Bohlooli, S. (2011). Effect of chronic supplementation with methylsulfonylmethane on oxidative stress following acute exercise in untrained healthy men. Journal of Pharmacy and Pharmacology. 63(10):1290–4.
6 Eytan, M. D. et al. (2011). Efficacy of methylsulfonylmethane supplementation on osteoarthritis of the knee: a randomized controlled study. BMC Complementary and Alternative Medicine. 11:50.
7 Lubis, A. M. T. et al. (2017). Comparison of Glucosamine-Chondroitin Sulfate with and without Methylsulfonylmethane in Grade I–II Knee Osteoarthritis: A Double Blind Randomized Controlled Trial. Acta Medica Indonesiana. 49(2):105–111.
8 Brown, R. G., Button, G. M. & Smith, J. T. (1965). Changes in collagen metabolism caused by feeding diets low in inorganic sulfur. The Journal of Nutrition. 87(2):228–232.
9 Engelke, U. F. H. et al. (2005). Dimethyl sulfone in human cerebrospinal fluid and blood plasma confirmed by one-dimensional (1)H and two-dimensional (1)H-(13)C NMR. NMR in Biomedicine. 18(5):331–6.
10 EFSA Panel on Dietetic Products, Nutrition and Allergies (NDA) (2010). Scientific Opinion on the substantiation of health claims related to methylsulphonylmethane (MSM) and contribution to normal collagen formation. EFSA Journal. 8(10), S. 1746.