Vielleicht hat dir dein Fitnesstrainer, Sportlehrer oder Coach zu diesen beiden Übungen geraten, oder du hast sie in Eigenregie gemacht, weil du dir ein „Sixpack“ antrainieren, in Form kommen und/oder deine Leistung verbessern wolltest. Seien wir doch einmal ehrlich: wir alle kennen diese Übungen und haben sie schon gemacht (und manche von uns machen sie nach wie vor). Dabei müssen wir uns jedoch folgende Frage stellen: Macht es überhaupt Sinn, „Sit-ups“ in unser Training einzubeziehen? Sind sie wirklich so hilfreich? Oder sind sie vielleicht sogar schädlich? Bevor wir diese Frage beantworten können, müssen wir zuerst verstehen, was der Core genau ist und welche Funktion er erfüllt.
Der Core bezeichnet den Bereich zwischen Hüften und Schultern, der aus den Muskeln der Bauchwand besteht (die geraden, querverlaufenden sowie inneren und äußeren schrägen Bauchmuskeln), den Multifidi, dem Quadratum lumborum, dem Erector Spinae und den Muskeln, die den Schultergürtel stabilisieren. Der Latissimus dorsi und der Iliopsoas fallen auch darunter, weil sie über den Core laufen und diesen mit dem Becken-Hüfte-Bein- sowie dem Schulter-Arm-Komplex verbinden. Die Gesäßmuskeln spielen wegen ihrer anatomischen Lage und den biomechanischen Synergien, die sie mit dem Becken bilden, ebenfalls eine Schlüsselrolle und wirken als primäre Kraftgeneratoren und Stabilisatoren.
In den meisten alltäglichen wie auch sportspezifischen Bewegungen dient der Core der Erzeugung von Spannung, um den Rumpf zu stabilisieren und Bewegungen zu verhindern (statt zu initiieren). Im Gegensatz dazu verfolgen die oberen und unteren Extremitäten das Ziel, Bewegungen zu erzeugen. Wenn wir berücksichtigen, welche Anforderungen die meisten alltäglichen und sportlichen Aufgaben im Hinblick auf eine korrekte Haltung und Technik haben, müssen wir im Rumpf Spannung erzeugen können, damit die Kraft/Spannung durch einen stabilen, angespannten Core übertragen werden kann. Bewegungsabläufe wie Drücken, Ziehen, Tragen, Heben und Drehen verbessern sich, wenn wir mit Hüfte und Core eine Körperspannung erzeugen können, die die neutrale Position der Wirbelsäule aufrechterhält. Eine gebeugte Wirbelsäule stellt ein „Energieleck“ dar, das die Fähigkeit des Core beeinträchtigt, Spannung zu erzeugen und zu übertragen. Außerdem trägt eine dauerhafte Wirbelsäulenflexion zu einer Überlastung und damit potenziellen Schädigung der Bandscheiben (durch Bandscheibenvorwölbungen und -vorfälle) bei.
Unter Berücksichtigung dieser Aspekte sowie der Tatsache, dass die meisten von uns jeden Tag viele Stunden in einer vorgebeugten Sitzhaltung zubringen, könnten wir unsere alltägliche wie auch sportliche Leistung verbessern und Verletzungen vorbeugen, wenn wir den Core mit Übungen trainieren, die den Rumpf stabilisieren und in diesem Bereich Spannung erzeugen, d.h. die Muskeln müssen arbeiten, um Bewegungen entgegenzuwirken (z.B. Unterarm- und Seitstütz, diagonales Arm- und Beinheben, Roll-Out, Armkreisen auf dem Physioball, Druck-, Zug-, Trage-, Hebe-, und Drehübungen sowie Kniebeugen). Halte dich an diese Übungen, und du wirst dich lange auf einen STARKEN Core und eine GESUNDEN Wirbelsäule verlassen können! Und damit wird gleichzeitig die Eingangsfrage beantwortet: Nein, Sit-ups und Crunches sind keine effektive Übungen für einen starken und gesunden Core.
McGill, S. (2010). „Core Training: Evidence Translating to Better Performance and Injury Prevention.“ Strength and Conditioning Journal, 32 (3), 33-46. McGill, S. (2009). Ultimate Back Fitness and Performance (4th Ed.). Waterloo, Canada: Backfitpro Inc.