Schwachstellen erkennen mit dem Functional Movement Screen, erfahre hier mehr dazu!
Beim Sport geht es häufig um das Überwinden von widrigen Umständen. Durch Niederlagen und Verletzungen, die keinem Sportler erspart bleiben, werden Athleten geformt oder aber zerstört. Doch durch objektive Betrachtung, rationale Beurteilung und entsprechende Maßnahmen lassen sich Niederlagen und Verletzungen in Vorteile umwandeln. Den Vorteil, Schwächen zu entdecken und mehr über sich selbst zu lernen. Es gibt sie in jedem Sport – die jungen, schmächtigen oder durchschnitt-lichen Athleten, die mit älteren, größeren oder besseren trainieren bzw. gegen sie antreten müssen. Diese Sportler werden jeden Tag mit ihrer »Schwäche« konfrontiert,
was ziemlich entmutigend sein kann. Ein Sportler, der sich in solchen Situationen objektiv verhält und überlegt handelt, kann sich hingegen selbst gegen scheinbar übermächtige Gegner durchsetzen.
Ein Beispiel: Ein Basketballspieler tritt gegen einen Gegner gleicher Größe und Stärke an, der ihm jedoch in puncto Technik und Leistung überlegen ist. Wie zu erwarten, verliert der technisch schlechtere Spieler alle Spiele. Anfangs lässt er sich entmutigen, dann erkennt er aber, wie unproduktiv seine Mutlosigkeit ist, besinnt sich auf seine Cleverness und betrachtet die Situation objektiv.
Sein Gegner besitzt eine höhere Sprungkraft , ihre Werte bei Beschleunigung (Antritt) und Schnelligkeit sind jedoch gleich. Der unterlegene Spieler verzeichnet im ersten und zweiten Viertel des Spiels einen 10%igen Unterschied in ihren jeweiligen Offensivfähigkeiten und eine 20%ige Diskrepanz in der Verteidigung. Im dritten und im letzten Viertel steigen die Werte sogar auf 40% im Angriff und 50 % in der Verteidigung. Also scheint fortschreitende Ermüdung ein signifikantes Problem zu sein. Mit dieser Erkenntnis plant der schwächere Basketballspieler ein aggressives Konditionsprogramm.
Zuerst baut er ein Intervalltraining mit Springseil und kurzen Steigerungsläufen ein. Hinzu kommen technische Übungen zwischen den Sprint- und Springseileinheiten. Dadurch verbessert sich nicht nur seine Ausdauer, sondern auch sein technisches Geschick in Angriff und Verteidigung. Er wird schließlich zu einem »kompletten«, mental und physisch starken Athleten. Indem er seine Schwächen in Angriff nahm, konnte er sie überwinden.
Eine Kette ist so stabil wie ihr schwächstes Glied
Wahrscheinlich fehlinterpretieren Trainer und Athleten Schwachstellen und Punkte, bei denen Energie verschwendet wird, mehr als alle anderen Themen im Sport. Jeder kann eine Verletzung nachvollziehen, wenn ein Athlet ausrutscht oder zwei Sportler zusammenprallen. Aber Sportler und Trainer sind immer wieder perplex, wenn ein Sportler wachsende Schmerzen in der Schulter beklagt oder wenn ihn bei jedem Training, also täglich, Rückenschmerzen plagen. Falls Krankheiten oder angeborene Beschwerden nicht die Ursache sind, gehen solche Schmerzen gewöhnlich auf Mikrotraumata, das sind winzige Gewebsverletzungen, zurück.
Mikrotraumata sind das Ergebnis eigentlich geringer Belastungen des Körpers über einen längeren Zeitraum, verursacht durch mangelhafte biomechanische Abläufe und/oder Überlastung, wobei beide jedoch auch separat als Ursache für ein Mikrotrauma infrage kommen. Mit mangelhaften biomechanischen Abläufen sind hier Bewegungsfehler gemeint, die der Körper zu kompensieren versucht. Dabei kommt es zu einer suboptimalen, also unzureichenden Gelenkausrichtung, Muskel-koordination und Körperhaltung. Diese kleinen Fehler sind für das ungeschulte Auge oft nicht zu erkennen und führen selten direkt zu Leistungseinbußen, wodurch sie der Sportler auch zunächst meist nicht beachtet. Sie äußern sich eher in Form von Ermüdung und treten auf, wenn die Grundlagen des Konditionstrainings und der sportartspezifischen Technik nicht beachtet werden. Überlastung hingegen hat nichts mit Bewegungsfehlern zu tun. Überlastung kann dadurch verursacht werden, dass zwar richtig, aber zu viel trainiert wird. Jede Art exzessiven Trainings bedeutet Verlust der richtigen Perspektive.
Um zum Kern des Problems vorzudringen, muss untersucht werden, ob die aufgetretenen Mikrotraumata das Ergebnis von zu viel richtigem Training oder zu viel falschem Training sind. Die meisten schieben solche Kleinstverletzungen auf eine Überlastung sowie auf unzureichende Pausen und Regeneration, was allerdings oft nicht die wirklichen Gründe sind. Stelle dir zum Beispiel einmal eine Athletin vor, die ihre Laufdistanz gesteigert und plyometrische Übungen zur Erhöhung der Schnellkraft in ihr Training eingebaut hat sowie zusätzlich Schnelligkeit und Koordination trainiert. Plötzlich beginnt ihr rechtes Knie zu schmerzen. Übertraining lässt sich leicht als Sündenbock benutzen, aber warum ist das linke Knie schmerzfrei, obwohl es genauso hart trainiert wurde?
Unter Schwachstelle oder »schwächstem Glied« in der Bewegungskette versteht man nicht nur einfach eine Muskelschwäche – der Begriff Schwachstelle kann jede Grenze, die dem Körper gesetzt ist, bedeuten. Mit Schwachstelle kann auch ein mangelhaftes Bewegungsmuster gemeint sein oder schlechte Ausdauer, fehlerhafte Koordination, eingeschränkte sportspezifische Fähigkeiten oder mangelnde Beweglichkeit. Zu Beginn eines Konditionsprogramms haben Anfänger wie auch erfahrene Athleten viele Ziele und gute Vorsätze, vieles wollen sie ändern, korrigieren oder verbessern. Am besten konzentriert man sich jedoch auf eine einzelne Komponente, die es zu verbessern gilt.
Viele Sportler glauben, sie wüssten bereits, wo ihre Schwachstellen liegen. Ohne ein objektives Messinstrument (Testreihe), wie zum Beispiel dem Functional Movement Screen (FMS), oder ohne bestimmte Standards ist es jedoch nicht nur für den Athleten äußerst schwierig, sich einzuschätzen. Meinungen, Gefühle, Vorlieben und Abneigungen bezüglich der Trainingsinhalte, aber auch die jeweilige Sportart oder die gewählte Regenerationsmethode – all dies sind wichtige Faktoren. Meist kann man beobachten, dass Trainingsprogramme für Maximalkraft, Beweglichkeit, Ausdauer, Kraft ausdauer und Schnelligkeit so diskutiert und praktiziert werden, als ob es sich um separate, voneinander unabhängige Komponenten handeln würde. Tatsächlich sind sie jedoch miteinander verbunden. Eine separate Betrachtungsweise ist daher in etwa so sinnvoll, wie jeden Finger und den Daumen einzeln zu trainieren und zu hoffen, dass sie, wenn es darauf ankommt, gut zusammenarbeiten, um beispielsweise einen Ball zu werfen oder zu fangen.
Ermittlung der Schwachstellen
Die Ermittlung der Schwachstellen erfolgt in verschiedenen Phasen. Dabei wird die Bewegungsausführung als Ausgangspunkt betrachtet. Auf die Bewegung wird das Konditionstraining aufgebaut; auf das Konditionstraining wiederum das Einüben sportartspezifischer Fertigkeiten. Zuerst testest du also die Bewegung an sich. Dann testest du deine Kondition. Und schließlich musst du mithilfe eines Trainers oder mittels Videoanalyse und Aufzeichnungen vergangener und aktueller Leistungen deine spezifischen Fertigkeiten beurteilen. Zuerst liegt der Fokus jedoch auf der Bewegung und dem Konditionstraining, weil sie das Fundament für die spezifischen Fertigkeiten bilden. Wichtig ist, diese Grundlagen zu stärken oder zumindest in ein Gleichgewicht zu bekommen, bevor man zur Beurteilung der sportartspezifischen Fertigkeiten übergeht. Das scheint dem gesunden Menschenverstand zu entsprechen. Trotzdem wird dieses grundlegende Prinzip von Athleten aller Leistungsklassen häufig missachtet.
Das richtige Verhältnis zwischen den einzelnen Komponenten Kraft, Beweglichkeit, Schnelligkeit und Ausdauer ist der Schlüssel eines jeden professionellen Trainings. Fehlende Ausgewogenheit geht zu Lasten der Effizienz. Und wenn die Effizienz leidet, gehen auch Kraft und Energie verloren. Um optimale Ergebnisse zu erreichen, muss der Athlet wirklich bereit sein, die Tests objektiv anzugehen und auch entsprechend zu trainieren. Dafür muss er bestimmte Tests ausführen und sich an die aus ihnen resultierenden Empfehlungen halten. Ein Sportler will vielleicht unbedingt seine Schnelligkeit verbessern das Testergebnis ergibt jedoch, dass diese ausreichend ist (wenn auch verbesserungswürdig), seine mangelnde Beweglichkeit aber das größte Manko darstellt. Folglich muss er zuerst intensiv an seiner Beweglichkeit arbeiten und sollte sich erst danach dem Schnelligkeitstraining widmen, wenn die Schnelligkeit zum schwächsten Glied in der Kette seiner Fähigkeiten wird. Dies erfordert Disziplin. Falls Beweglichkeit das schwächste Glied darstellt, kann ein zu früh aufgenommenes Schnelligkeitstraining im Laufe der Zeit möglicherweise zu Verletzungen oder biomechanischen Überlastungserscheinungen führen. Schnelligkeitstraining auf hohem Niveau erfordert ein maximales Bewegungsspektrum und eine fehlerfreie Eigenwahrnehmung des Körpers. Diese beiden Eigenschaften sind bei mangelnder Beweglichkeit jedoch signifikant eingeschränkt.
Leistungseinbußen
Leistungseinbußen mit Energieverlust können das Ergebnis von Schwachstellen sein. Der Begriff Energieverlust deutet sowohl auf Ineffizienz als auch auf Belastung (oder gar Überbelastung) hin. Energieverluste treten auf, wenn die Gesamtenergie, die für die Ausführung einer bestimmten Aktion bzw. Bewegung aufgebracht wird, nicht zu 100 % in deren Bewältigung mündet. Aus den Naturwissenschaften wissen wir, dass Energie nicht einfach »verpufft «, sondern immer in andere Energieformen umgewandelt wird. Normalerweise verursacht fehlgeleitete Energie eine Aktion an einer anderen Stelle innerhalb des Körpers. Diese Aktion kann sich ganz unterschiedlich äußern: Sie kann beispielsweise zu unnötiger Muskelaktivität in einem anderen Teil des Körpers führen, die wiederum für betroffene Muskeln und Sehnen einen erhöhten Stress bedeutet (im schlimmsten Fall führt dies zu Zerrungen). Es können aber auch unfunktionelle Bewegungen der Wirbelsäule oder der Extremitäten ausgelöst werden, wodurch die Belastung auf Gelenke und Bänder steigt. Diese Bewegungen, ausgelöst durch falsche Bewegungsmuster, können zu Überlastungsschäden und Kleinstverletzungen führen, die wochen- oder gar monatelang unbemerkt bleiben. Am Ende zahlt der Sportler den Preis dieser fortgesetzten (Fehl-)Belastung.
Stelle dir einen Athleten vor, der an einer allgemeinen Hüftsteife leidet. Die Tests ergeben, dass mangelnde Beweglichkeit sein größter Schwachpunkt ist. Doch der Athlet hält daran fest, Kraft und Ausdauer wären die Bereiche, an denen er arbeiten müsse. In seinem Training könnten dadurch zahlreiche Energieverluste auftreten. Angenommen, er liefe Sprints am Berg, anstatt sich zunächst auf die Verbesserung seiner Beweglichkeit zu konzentrieren. Bergsprints fördern die Antrittsschnelligkeit, die Beinkraft sowie die Sprintfähigkeit. Um die für diese Trainingsform notwendige Schrittlänge zu erreichen, ist ein maximaler Kniehub unabdingbar. Doch ein Athlet, der sich mit einer nicht optimalen Hüft beweglichkeit an diese Trainingsform macht, wird versuchen, die mangelnde Beweglichkeit zu kompensieren und auf alternative Bewegungsmuster auszuweichen, um die notwendige Schrittlänge zu erreichen.
Unser Athlet kämpft sich also nicht durch seine Schwäche hindurch; er arbeitet sich darum herum und verursacht dadurch einen Energieverlust. Eine mangelhafte Ausführungsform bzw. Technik führt in fast allen Fällen zu einem solchen Energieverlust.
Dabei wird ein Athlet selbst mit einer schlechten Technik eine gute Leistung erbringen können. Schlussendlich wird er jedoch immer die Quittung erhalten: Leistungsschwankungen, Erschöpfungszustände, Muskelkater oder sogar Verletzung. Ziel des Trainingsprogramms sollte es daher sein, eine effiziente Bewegungsform für die jeweilige sportliche Tätigkeit zu entwickeln und einzustudieren. Dadurch werden Energieverluste vermieden, der Athlet bleibt locker und kann mehr trainieren und mit weniger Belastung Wettkämpfe bestreiten.
Das Problem an der ganzen Sache: Die schlechte Ausführungsform bzw. Technik ist eventuell einfacher und bequemer, weil man sich an sie gewöhnt hat. Es scheint sogar, als ob sie weniger Energieaufwand als die richtige erfordern würde. Langfristig ist jedoch die korrekte Technik deutlich energieeffizienter. Eine schlechte Technik
wird dem Athleten, selbst bei anfänglichen Erfolgen, letztlich Energie rauben und weit mehr Zeit und Aufwand kosten als die Beseitigung der betreffenden Schwachstellen. In manchen Fällen kommt es bei schlechter Ausführung zu einer geringeren Beteiligung der Gesamtmuskulatur (wodurch die Bewegung leichter erscheint). Dieser Eindruck darf aber niemals mit Effizienz verwechselt werden. Muskeln sind es gewöhnt, die gewünschte Bewegung auszuführen und dabei die optimale Körperhaltung beizubehalten. Um effizient zu sein, muss der Athlet beide Kriterien erfüllen und dann seine Fähigkeit unter Beweis stellen, den betreffenden Bewegungsablauf ohne Qualitätsverlust beliebig oft wiederholen zu können. Hat er dies begriffen, kann er seine Effizienz steigern und Muskeln speziell für diesen Bewegungsablauf ausbilden.
Mikroverletzungen können von Übertraining herrühren, sind jedoch mit vielen Ursachen verbunden – unzureichendem Aufwärmen (Warmup) und Abwärmen (Cool-down), mangelnder Eigenwahrnehmung des Körpers, schlechter Ernährung und zu geringer Flüssigkeitszufuhr sowie suboptimaler Biomechanik. Auch einseitiges Training, bei dem der Sportler sich auf nur eine Trainingsform konzentriert und andere vernachlässigt, kann eine Rolle spielen. Du musst schon das machen, was notwendig ist – daran führt kein Weg vorbei! Falls die Tests wie FMS eine Schwachstelle in einem bestimmten Bereich ergeben, dann muss exakt dieser Bereich auch spezifisch trainiert werden. Zeigen die Tests eine Verbesserung in diesem Bereich, können Sie sich einem anderen zuwenden. Bis Sie diesen Punkt erreichen, müssen Sie jedoch weiter an der dringlichsten Schwachstelle arbeiten.
Auf die Feststellung einer Schwäche folgt ein systematischer Ansatz, um gezielt an dieser Schwäche zu arbeiten. Anschließend wird dieser Bereich erneut getestet, um Verbesserungen erkennen zu können. Bei den erneuten Tests sollte die nächste Schwäche erkannt werden und so weiter. Das kann durchaus kompliziert werden. Werde dir darüber klar, dass die vollständige Beseitigung einer Schwäche zwar das Ziel ist, aber einen langen Weg bedeuten kann.
Die Kunst des Coachings
Viele Athleten haben das Gefühl, ihr Trainer würde sie bremsen oder ihre Aufmerksamkeit auf unnötige körperliche und technische Grundlagen sowie Übungen richten, die keinen Bezug zur ausgeübten Sportart zu haben scheinen. Das ist jedoch die wahre Kunst des »Coachings« – zu wissen, wann man das Training in Art, Umfang und Intensität verändern muss und wann man einen Schritt weitergehen kann. Dieses Wissen sollte idealerweise auf mehreren Faktoren basieren und nicht nur auf dem Drang des Athleten, Fortschritte zu machen.
Die Kunst des Coachings oder Self-Coachings (also des Trainierens ohne Trainer) liegt in der Maximierung der Chancen bei gleichzeitiger Minimierung der Risiken. Heutzutage wollen wir mehr als je zuvor an Sofortlösungen (Quickfix) glauben, die uns harte Arbeit, Disziplin, Einsatz und Hingabe ersparen. Es muss doch eine innovative Methode geben, die uns schnell in den Kreis der Sieger führt, und das immer und immer wieder. Aber das ist einfach nicht der Fall! Ganz gleich, wie gut du bist, du wirst mindestens einen Schwachpunkt haben, dem du dich systematisch widmen musst, den du trainierst, »ausbügelst« und immer wieder erneut bewerten musst.
Wahre Champions verbringen mehr Zeit damit, an ihren Schwächen zu arbeiten, als ihre Stärken zu präsentieren. Du musst mehr über Ihre Schwäche(n) wissen, als jeder Gegner jemals herausfinden könnte oder bestimmte Bedingungen respektive Situationen aufdecken könnten. Es gibt die Behauptung, der einzig wirklich objektive Mensch sei derjenige, der weiß, dass er es nicht ist. Es ist so schwierig, objektiv zu sein, wenn es um die eigene Person geht.
Euer Gray Cook
Schwachstellen erkennen mit dem Functional Movement Screen, erfahre hier mehr dazu!