Erlebe Mark Verstegen live auf dem Functional Training Summit vom 16.-18. Juni 2017 in München
Bewegung beginnt im Zentrum unseres Körpers, in den zentralen Muskeln unseres Rumpfes, dem Core
Menschen, denen Beine oder Arme amputiert werden mussten, können ein weitgehend normales und erfüllendes Leben führen, weil ihr Core unversehrt ist. Erfrierungen beginnen an Fingern und Zehen – Regionen, die am weitesten vom Core entfernt sind – weil der Organismus lebenswichtige Organe schützen will und die dazu notwendige Wärme auf den Rumpf konzentriert. Deshalb nennen wir den Rumpf auch die »Säule« – sie bildet den Stützpfeiler unseres Lebens und das strukturelle Zentrum, von dem jede Bewegung ausgeht. Wie wir mit dieser Säule, ihrer Ausrichtung und Funktion umgehen, beeinflusst die Gesundheit unseres gesamten Körpers. Alles ist mit allem verbunden.
Säulenkraft ist also das Fundament der Bewegung. Sie entsteht, wenn Rumpf, Becken und Schultern stabil sind. Diese drei Regionen bilden die zentrale Achse, den Dreh- und Angelpunkt aller Bewegungen. Wenn Sie sich Ihren Körper als Rad vorstellen, bildet die Säule die Nabe, und die Gliedmaßen sind die Speichen. Die Nabe muss perfekt ausgerichtet sein, damit wir aus ihr Energie gewinnen und durch den ganzen Körper leiten können. Es ist unmöglich, seine Gliedmaßen effizient und kraftvoll einzusetzen, wenn sie nicht mit etwas Festem, Stabilem verbunden sind.
Je besser du die Energie durch deinen Körper leiten kannst, umso effizienter kannst du dich bewegen und umso weniger Abnutzungserscheinungen wird es geben. Wenn du über genügend Säulenkraft verfügst, wird die Kraft bei jedem Schritt gleichmäßig durch Fuß, Wade und Hüfte, Rumpf, Schultern und Kopf nach oben geleitet. Hast du hingegen zu wenig Säulenkraft, insbesondere zu wenig Stabilität im Hüftbereich, entsteht dort gewissermaßen ein Energieleck, das der Körper zu kompensieren versucht, indem er mehr Druck nach unten Richtung Knie und nach oben Richtung Lendenwirbelsäule schickt. Mit der Zeit kann dies zu degenerativen Erkrankungen führen.
Aus gutem Grund ermahnen Eltern ihre Kinder immer wieder, gerade zu sitzen oder zu stehen
Ohne Säulenkraft, ohne eine perfekte Körperhaltung steigt das Risiko für eine Kettenreaktion aus Verspannungen, Verletzungen und Schäden, die vom unteren Rücken auf Knie und Fußgelenke, Schultern, Nacken und Ellbogen übergreifen kann. Alle Bereiche deines Körpers sind über die Säule der Kraft miteinander verbunden, zum Beispiel Schultern und Wirbelsäule mit dem Gluteus maximus (dem großen Gesäßmuskel). Diese Verbindungen bilden ein Geflecht, das fein justiert werden muss, wenn wir maximale Effizienz erreichen wollen.
Denke an ein Gummiband, das um deinen Körper gewickelt ist. Wenn ein Ende nicht richtig befestigt ist, wirst du keine rechte Spannung erzeugen können. Auch wenn das Band selbst völlig in Ordnung ist – solange du nicht beide Enden ordentlich befestigst, ist es nicht möglich, Energie zu speichern, freizusetzen und durch den Körper zu leiten. Auf jede Aktion folgt eine Reaktion. Wenn ich einen Muskel anspanne und bewege, löst das die Reaktion eines anderen Muskels aus. Die Muskeln werden gedehnt und schnellen zurück. Dieser dynamische, mehrschichtige Energietransfer von vorne nach hinten, von Seite zu Seite und von oben nach unten erzeugt bei Menschen mit gut ausgebildeter Säulenkraft harmonisch fließende Bewegungen.
Alle Bewegungen beginnen bei einem bemerkenswerten Muskel, dem Transversusabdominis
Er legt sich wie ein natürlicher Stützgürtel um deine Taille. Wenn wir den Bauchnabel Richtung Wirbelsäule und Rippen ein- und hochziehen, ziehen wir diesen Gürtel strammer und stabilisieren so das Becken, schützen unsere Lendenwirbelsäule und unterstützen den Rumpf. Wann immer eine Bewegung beginnt, springt die quer verlaufende Bauchmuskulatur als Erstes an – zumindest sollte es so sein. Bei vielen Menschen ist dieser Muskel aufgrund von Verletzungen oder durch das viele Sitzen stark geschwächt. Wir verbringen so viel Zeit vor Computer und Fernsehbildschirmen, dass wir uns eine schlechte Haltung antrainiert haben. Die daraus resultierenden Schäden verschlimmern die Problematik noch weiter.
Möbelpacker müssen aus Sicherheitsgründen häufig spezielle Schutzgürtel anlegen, bevor sie schwere Gegenstände tragen oder bewegen, weil ihr natürlicher Stützgürtel nicht ausreicht. Wer (wieder) lernt, seinen quer verlaufenden Bauchmuskel zu aktivieren, kann sich wieder auf seinen natürlichen Stützgürtel verlassen und benötigt keine zusätzliche Unterstützung. Er ist dann in der Lage, das Becken so zu stabilisieren, dass seine Bein- und Rumpfmuskeln unterstützt werden. Das wiederum schützt vor Rückenproblemen. Der Körper wird wieder imstande sein, Kraft effizient durch die Muskeln zu leiten statt durch die Wirbelsäule und die Gelenke.
Ein weiteres Schlüsselelement für eine perfekte Körperhaltung sind die Schultern. Sicher gab es im Biologieraum deiner Schule auch eine Nachbildung eines menschlichen Skeletts, und vielleicht erinnerst du dich, dass dessen Schultern auf natürliche Weise nach hinten unten fielen und für eine perfekte aufrechte Ausrichtung sorgten.
Leider haben die meisten Menschen die Angewohnheit, die Schultern nach vorne oben zu schieben und im oberen Rücken rund zu werden. Wenn du wie viele Menschen einen Beruf hast, bei dem du täglich etliche Stunden vor dem Computer verbringst, haben deine Schultern vermutlich ebenfalls die Tendenz, nach vorne zu fallen, auch wenn es dir nicht bewusst ist. Sofern du nichts dagegen tust, wirst du immer mehr in dir zusammensinken und einen Buckel entwickeln wie viele ältere Menschen.
Ich möchte, dass du deine Schulterblätter immer wieder bewusst nach hinten unten sinken lassen (als wolltest du sie in die Gesäßtaschen deiner Hose stecken) und dein Brustbein anhebst. Das gilt nicht nur für das Training selbst, sondern auch für den Alltag.
Ein weiteres Schlüsselelement zum Verständnis der Säulenkraft sind die Faszien
Dieses dreidimensionale Netzwerk aus flächigen, festen Bindegewebsschichten, umgibt sowohl den Körper als Ganzes als auch die Organe und Muskeln und vernetzt diese miteinander. So ist zum Beispiel Ihr rechter großer Gesäßmuskel über Faszien mit der linken Schulter verbunden und die Hüftmuskulatur mit dem unteren Rücken.
Stelle dir vor, du stehst auf einer Aussichtsplattform und schaust auf den Golfspieler Tiger Woods hinunter, der gerade am Tee steht. Wenn er den Schläger nach hinten führt, drehen sich seine Schultern für einen kurzen Moment nach hinten, während das Becken stabil bleibt. In diesem Augenblick bildet sein Körper aus deinem Blickwinkel ein X. Tiger Woods ist in der Lage, Schultern und Hüften getrennt voneinander zu bewegen, während der Rumpf sich auf der Transversalebene dreht, und das gibt seinem Golfschwung diese unglaubliche Wucht. Die Grundlage dafür ist Tigers außergewöhnlich große Beweglichkeit und Säulenkraft. Tiger bewegt sich auf allen drei Ebenen kraftvoll, und das wird dir auch gelingen, wenn du erst die erforderliche Säulenkraft entwickelt hast.
Wir werden uns also bei allem, was wir tun, auf die Säule der Kraft konzentrieren, und das ist unter Umständen so ziemlich das Gegenteil von dem, was dein Training bislang ausgemacht hat. Du hast vielleicht deine Beinmuskeln trainiert und an anderen Tagen an deinen Armmuskeln gearbeitet, und vielleicht hast du zwischendurch ein paar Übungen für deine Bauchmuskeln eingeschoben, falls es die Zeit erlaubte. Möglicherweise war der begehrte »Waschbrettbauch« eines deiner Ziele.
Ich bin sicher, du wolltest das Beste und auch deine Trainingsmoral stimmte. Aber sich beim Training ausschließlich auf Arme, Beine und Bauchmuskeln zu konzentrieren, ohne die Core-Muskulatur zu integrieren, ist etwa so, als würde man einen Garten anlegen, bevor das Haus steht, oder teure Reifen und Felgen für ein Auto mit durchgerosteter Karosserie kaufen.
Euer Mark Verstegen
Erlebe Mark Verstegen live auf dem Functional Training Summit vom 16.-18. Juni 2017 in München
Hallo Mark,
du schreibst richtig,dass es um die Aktivierung der TVA
geht…das Problem ist jedoch,dass das Potential für Kraftzuwachs in dem Bereich äußerst gering ist.
Das gilt auch für die Faszienstrukturen (und MF,Zwerchfell,Beckenboden).
Deshalb reicht es m.M.n. völig aus,dass man lernt,diese wieder korrekt zu aktivieren.Ein darüber hinausgehendes
„Training“ ist deshalb (m.M.n.) nicht effektiv(da wie gesagt kaum langfristiges Zuwachspotential).
Eine korrekte Aktivierung lässt sich in kürzster Zeit antrainieren(max. wenige Wochen).
Ist die korrekte Aktivierung erlernt,reichen Grundübungen dicke aus (Beugen,Heben usw. )und führen langfristig zu einem wesentlich stabileren Core als die Konzentration auf den Core.
Aber ich bin mir im Klaren darüber,dass das ein ewiger Streitpunkt sein wird!
Viele Grüße!
Thomas