Analyse von fundamentalen Bewegungsmustern mit dem Functional Movement Screen (FMS), erfahre hier mehr dazu
Letztendlich ist es die Bewegung, die große Athleten auszeichnet. Bei Barry Sanders ist dies ganz sicher der Fall. Mit knapp 1,73m und 92kg hatte Barry für die NFL durchschnittliche Körpermaße. Viele zweifelten, ob er im harten Geschäft des Profifootballs würde überleben können. Barry verfügte jedoch über ein außergewöhnliches
Bewegungstalent. Er war kompakt und schnell. Seine perfekte Balance zwischen Körperkontrolle und Schnellkraft war beispielhaft. Das brachte seine Kritiker rasch zum Verstummen. Seine Karriere definierte sich folglich nicht über seine körperlichen Eigenschaften, sondern über sein Bewegungstalent.
Die moderne Wissenschaft lehrt uns, dass das Gehirn keine einzelnen Muskelaktivitäten wahrnimmt – das muss es auch gar nicht –, statt dessen betrachtet unser Gehirn komplette Bewegungsmuster und sorgt darüber für die Koordination zwischen allen für eine Bewegung erforderlichen Muskeln. Diese Koordination nennen wir ein Motorisches Programm.
Isolierter Muskelaufbau (Muskelaufbau durch isolierte Bewegungen wie Bizepscurls) spielt in der Entwicklung von motorischen Bewegungsmustern folglich keine große Rolle. Hier darf man Form nicht mit Funktion verwechseln. Krafttraining an einzelnen Muskeln ist beim Bodybuilding weit verbreitet, denn hier geht es um Form und nicht um Stärke. Muskelgröße und symmetrisches Erscheinungsbild sind das Ziel. Bei den meisten Sportarten ist jedoch die Bewegung das Wichtigste. Schnelligkeit, Koordination, Maximal- und Schnellkraft , Körperbeherrschung, Koordination und Ausdauer/Widerstandfähigkeit (Resilienz) sind die Schlüssel zum Erfolg. Ziel des Trainings ist nicht, das Aussehen des Körpers zu verändern, sondern seine Bewegungen zu verbessern.
Deshalb sollte das Training sich auch mehr auf Bewegungsmuster konzentrieren als auf einzelne Muskeln. Denn die Muskeln entwickeln sich automatisch, sobald an verschiedenen Bewegungsmustern gearbeitet wird, wodurch die meisten Athleten quasi von »alleine« so aussehen, als ob sie Bodybuilding betreiben würden. Der Fokus liegt bei ihnen jedoch auf der Bewegung an sich; die tolle äußere Form ist nur ein Nebenprodukt.
Viele Aktivitäten im Sport- und Fitnessbereich gründen auf denselben grundlegenden Bewegungsmustern
Das Werfen eines Handballs und der Aufschlag im Tennis beruhen auf denselben motorischen Programmen: Gewichtsverlagerung von einem Fuß auf den anderen und Drehung des Körpers, um die für das Werfen nötige Drehgeschwindigkeit in den Hüften und Schultern zu entwickeln und somit die eigentliche Wurfbewegung (die Armbewegung) zu beschleunigen. Golf und Baseball sind zwar sehr unterschiedliche Sportarten, beim Schlag mit einem Baseball- bzw. einem Golfschläger werden jedoch dieselben motorischen Programme angewandt, wenn die Energie aus einer Hüftdrehung zur Schulter und in den Schwungarm fließt. Unser Gehirn muss sich keineswegs Millionen unterschiedlicher Tätigkeiten und zugehöriger Bewegungsmuster merken, denn viele überschneiden sich und sind miteinander verbunden. Das spart Speicherplatz im Gehirn und ermöglicht schnellen Zugriff auf Bewegungsinformationen beim Erlernen und Weiterentwickeln von noch so unterschiedlichen Bewegungen.
Die Bewegungspyramide ist eine einfache schematische Darstellung, um menschliche Bewegung zu veranschaulichen und zu erklären. Sie besteht aus drei Rechtecken abnehmender Breite, die zeigen, wie die einzelnen Bewegungen aufeinander aufbauen. Jedes Rechteck verkörpert einen bestimmten Typ von Bewegungen. Die Pyramide muss immer von unten nach oben aufgebaut und nach oben hin schmaler werden. Die erste Stufe besteht aus den Grundlagen der Mobilität und Stabilität, in anderen Worten: der Fähigkeit, grundlegende Bewegungsmuster auszuführen. Hier ist noch nicht die Rede von tief gehender technischer Analyse jeder nur erdenklichen Bewegung. Aber auch diese Grundbewegungen werden bereits nach den Kategorien optimal, befriedigend oder fehlerbehaftet beurteilt.
Die zweite Stufe ist mit der Leistung verbunden. Sobald die grundlegende Fähigkeit zur Bewegung festgestellt wurde, rückt die Effi zienz der Bewegungen (Fertigkeit) in den Mittelpunkt der Beurteilung. Genauer gesagt: Es wird die allgemeine sportliche Leistungsfähigkeit beurteilt, die noch keine Aussage über die sportartspezifische Leistungsfähigkeit trifft (auch allgemeine Athletik genannt).
Der Squatjump (Hockstrecksprung) ist ein gutes Beispiel für einen Test der allgemeinen Athletik. Erstens, weil die Schwerkraft auf alle Körper gleich wirkt. Somit spielen die Körpermaße keine benachteiligende oder bevorzugende Rolle, wie es bei anderen Tests der Fall ist. Zweitens: Obwohl der Sprung in manchen Sportarten sehr wichtig ist (zum Beispiel bei Basketball und Volleyball), in manchen hingegen keinerlei Bedeutung hat (zum Beispiel beim Radfahren und Marathonlauf), so zeigt er trotzdem die Fähigkeit, allgemeine Kraft zu entwickeln.
Vom trainingstechnischen Standpunkt aus ist es sehr wichtig, Athleten verschiedener Sportarten über ein allgemeines Format vergleichen zu können. Die ersten beiden Stufen der Pyramide ermöglichen uns diesen Vergleich, wodurch die Athleten voneinander und aus den unterschiedlichen Trainingsprogrammen lernen können. Auf dieser Ebene der Pyramide soll keinesfalls sportartspezifisch getestet werden, denn dadurch würde die Vergleichbarkeit von Sportlern verschiedener Disziplinen negativ beeinträchtigt. Weiterhin ist es wichtig, auf dieser Ebene nicht zu viele Tests durchzuführen. Je mehr Tests, umso komplizierter kann die Interpretation werden. Schon einige wenige einfache Bewegungen werden zeigen, wie effizient ein Athlet bei seiner Kraftentfaltung ist.
Auf der letzten Stufe der Pyramide treffen wir auf die sportartspezifischen Fertigkeiten. Eine ganze Batterie an Tests dient der Bewertung der Fähigkeit, eine bestimmte sportartspezifische Bewegung auszuführen, an einer bestimmten Sportart teilzunehmen oder innerhalb einer Sportart eine bestimmte Position einzunehmen. Auf dieser Ebene berücksichtigen wir auch Wettkampfstatistiken und sämtliche spezifischen Tests, die mit dem betreffenden Sport in Verbindung stehen.
Zur Auswertung der Pyramide betrachten wir ihre Form. Es existieren vier grundlegende Pyramidenformen: die optimale Bewegungspyramide, die Pyramide mit zu hoher Kraftbetonung, die Pyramide mit Kraftdefizit und die Pyramide mit Technikdefizit. Selbstverständlich handelt es sich hier um einfache Verallgemeinerungen, die als Beispiele für die häufigsten Probleme dienen sollen, die im heutigen Sport zu beobachten sind.
Optimale Bewegungspyramide
Die optimale Bewegungspyramide besitzt einen breiten Sockel, einen leicht verjüngten Mittelteil und eine noch schmalere Spitze. Diese Pyramidenform steht für einen Athleten, der über eine angemessene oder gar optimale funktionelle Bewegungsfähigkeit verfügt. Er ist in der Lage, ein volles Spektrum an Bewegungen zu nutzen, und zeigt in zahlreichen unterschiedlichen Situationen eine gute Körperbeherrschung und ein exzellentes Bewegungsgefühl.
Daneben zeigt der Athlet die erforderlichen Kraftwerte. Im Vergleich zu statistischen Athletikwerten zeigt er durchschnittliche oder gar überdurchschnittliche allgemeine Kraftentfaltung. Bei mehrgelenkigen bzw. gekoppelten Bewegungsabläufen (›kinetic linking‹ – kinetische Verknüpfung/Kopplung) kommt ihm seine gute
Koordinationsfähigkeit entgegen. Das bedeutet, dass er während eines Tests, wie beispielsweise dem Hockstrecksprung, seine Kraft gut koordiniert und mit dem richtigen Timing einsetzt, das heißt ohne unnötige Bewegungen, also mit optimaler Effizienz: In der Ausgangsposition befindet sich der Athlet in der Hocke (Kniebeuge-stellung), schwingt die Arme hoch, streckt leicht den Rumpf und ›explodiert‹ dann förmlich aus den Beinen heraus. Der Athlet aus unserem Beispiel besitzt das Potenzial, in angemessener Zeit und bei ausreichender Übung und Analyse auch andere zusammengesetzte wie auch kraft entfaltende Bewegungen zu erlernen.
Die dritte Stufe stellt die sportartspezifische Geschicklichkeit (technische Fertigkeiten) in durchschnittlichem oder optimalem Maß dar. Beachte auch den Pufferbereich, den das breite Fundament für die mittlere Ebene bietet und diese wiederum für die oberste Stufe. Diese Pufferbereiche oder -zonen sind äußerst wichtig. Fehlen sie, ist Alarmstufe Rot angesagt, denn ohne Pufferbereiche besteht Verletzungsgefahr! Im geringsten Fall beeinträchtigt das Fehlen der Pufferzonen die Bereiche Kraft und Effizienz. Unter Pufferbereich ist hier zu verstehen, dass der Sportler die funktionellen Bewegungen mehr als ausreichend beherrscht, um seine Kräfte gezielt einzu-setzen, und dass die von ihm entwickelte Kraft, also der Mittelteil der Pyramide, mehr als groß genug ist, um seine sportartspezifischen Fertigkeiten zu kontrollieren.
Optimal ist eine Bewegungspyramide, wenn Bewegungsmuster, Bewegungseffizienz und sportartspezifische Fertigkeiten ausgeglichen aufeinander aufbauen und angemessen vorhanden sind. Das bedeutet aber nun nicht, dass die einzelnen Stufen nicht mehr verbessert werden könnten. Bei jeder Leistungssteigerung muss allerdings darauf geachtet werden, dass die Balance und Form der Pyramide nicht zerstört werden.
Bewegungspyramide mit zu hoher Kraftbetonung
Die Bewegungspyramide mit zu hoher Kraftbetonung entspricht einem Athleten, der bei den Mobilitäts- und Stabilitätstests (erste Stufe der Pyramide) nur sehr wenig Punkte sammeln kann, dafür aber überdurchschnittlich gut bei der Kraftentfaltung (der zweiten Stufe) abschneidet und angemessene sportartspezifische Fertigkeiten (dritte Stufe) aufweist. Durch schlechte Mobilität oder mangelnde Stabilität in manchen Bewegungsmustern wird die Fähigkeit des Athleten, sich in einfachen und grundlegenden Körperstellungen frei zu bewegen, eingeschränkt. Dadurch erreicht der Athlet nur eine suboptimale Punktzahl beim Test der funktionellen Bewegung, was aus dem schmalen Sockel der Pyramide ersichtlich ist.
Der zu sehr kraftorientierte Sportler ist nicht notwendigerweise zu stark. Seine Fähigkeit, Kraft zu entfalten, ist lediglich stärker ausgebildet als die Fähigkeit, sich ohne Einschränkungen zu bewegen. Ein solcher Athlet muss seine Bewegungsmuster verbessern und gleichzeitig sein gegenwärtiges Kraftniveau beibehalten. Das zu diesem Athletentyp gehörige Diagramm besitzt gar keinen Pyramidencharakter mehr. Der Sockel (funktionelle Bewegung) und die Spitze (funktionelle Fertigkeiten) sind annähernd gleich groß. Ein solcher Athlet weist eine enorme Kraftentfaltung auf, hat aber viele Einschränkungen und Schwächen im Bereich der funktionellen Bewegung. Zahlreiche sportartspezifisch geschickte und gut trainierte Athleten entsprechen diesem Typus. Solche Athleten waren vielleicht nie verletzt und sind möglicherweise in besserer Form als je zuvor, trotzdem sollten sie sich im Training mehr auf funktionelle Bewegungsmuster konzentrieren. Wenn es ihnen gelingt, die Einschränkungen der funktionellen Bewegung zu beseitigen, können sie auf einer breiteren Grundlage aufbauen und einen größeren Pufferbereich schaffen.
Ein Athlet dieses Typs erkennt möglicherweise keine unmittelbar greifbaren Steigerungen seiner sportlichen Leistung. Vielleicht lassen sportartspezifische Leistung und Kraftentfaltung sogar leicht nach, während sich Mobilität oder Stabilität verbessern. Es ist andererseits jedoch unwahrscheinlich, dass ein solcher Athlet seine allgemeine Kraft entfaltung und/oder seine sportartspezifischen Fertigkeiten in größerem Maße steigern kann, ohne zuvor seine allgemeinen, grundlegenden Bewegungsmuster zu verbessern. Auf lange Sicht werden sich Verbesserungen einstellen, ganz gleich, ob der Athlet sich mit funktionellen Bewegungsmustern beschäftigt, um Verletzungen vorzubeugen oder um bisher ungenutzte Leistungspotenziale zu erschließen. Zur Förderung seiner Beweglichkeit sollte der übermäßig kraftorientierte Athlet sich ein spezielles Mobilitätstrainingsprogramm aneignen, das gezielt auf die bei den Tests ermittelten Schwachstellen eingeht. Im Allgemeinen sind auch Yoga und Pilates eine gute Wahl, man muss sich jedoch auf kleine Schritte einstellen und darf eher keinen großen Durchbruch erwarten.
Nach vier Wochen Training sind die Tests zu wiederholen, um mögliche Fortschritte festzustellen. Der hier besprochene Athlet benötigt eine längere Aufwärmphase vor Training und Wettkampf als gewöhnlich. Der Körper braucht ausreichend Zeit, um locker und geschmeidig zu werden. Massagen können hierbei unterstützend wirken und sowohl die Bewegungsmuster als auch die Beweglichkeit fördern. Beim Krafttraining sollte unser Athlet weniger an gestemmte Gewichte als an sein Bewegungsspektrum denken. Vorzugsweise wird der Oberkörper mit Kurzhanteln statt mit der Langhantel trainiert, weil so das Spektrum der Drehbewegungen am größten ist. Kabelzuggeräte stellen ebenfalls eine ausgezeichnete Trainingsmöglichkeit dar.
Bewegungspyramide mit mangelnder Kraft
Die Bewegungspyramide mit mangelnder Kraft bezieht sich auf einen Athleten, der gute Grundlagen, allgemeine Beweglichkeit und eine optimale sportartspezifische Leistungsfähigkeit besitzt. Seine Schwächen liegen im Mittelteil der Pyramide (Kraftaufbau). Dieser Athlet beherrscht zwar die erforderlichen Bewegungsmuster, um eine Vielzahl an Aufgaben, Tätigkeiten und Bewegungsmustern auszuführen, es mangelt ihm jedoch an allgemeiner Athletik oder an der Fähigkeit, ausreichend Kraft für einfache Bewegungsmuster aufzubringen.
Der Athlet dieses Typs bewegt sich hervorragend und uneingeschränkt, die Effizienz seiner Bewegungen ist hingegen unzureichend und seine Kraftentfaltung könnte verbessert werden. Das Konditionsprogramm für einen solchen Athleten sollte sich auf Effizienz und Kraft konzentrieren, ohne die Bewegungsmuster negativ zu beeinträchtigen. Ein Athlet dieses Typs würde von Krafttraining, plyometrischen Übungen oder Gewichtstraining profitieren. Wichtig ist, dass er seine funktionellen Bewegungsmuster beibehält, während er an Kraft, Ausdauer und Schnelligkeit zulegt. Diese Kraftreserve wird einen Pufferbereich für die Entwicklung sportartspezifischer Fertigkeiten bilden. Auch die Effizienz wird dadurch verbessert werden.
Nehmen wir das Beispiel eines jungen Speerwerfers, der eine extrem gute Mobilität und Stabilität mitbringt und seine Werferqualitäten durch Videoanalyse und Training mit einem Spezialisten perfektioniert hat. Um effektiv zu werfen, muss er innerhalb kurzer Zeit einen Kraftstoß produzieren. Er braucht an keinem Mobilitäts- oder Stabilitätsprogramm teilzunehmen und muss sich wahrscheinlich auch nicht um die biomechanischen Grundlagen des Wurfs kümmern, um seine Technik zu verbessern. Woran dieser Athlet arbeiten sollte, sind die Steigerung der Maximalkraft sowie der Ausbau der Kraft – und Ausdauerreserven. Dadurch wird sich gleichzeitig seine allgemeine Athletik verbessern und ein Pufferbereich zwischen der zweiten und dritten Ebene der Pyramide entstehen. Dieser Pufferbereich ermöglicht es ihm, mit derselben Effektivität zu werfen, jedoch mit höherer Effizienz bzw. weniger Energieaufwand. Während er seine Kraft steigert, bleibt seine maximale Wurfgeschwindigkeit möglicherweise unverändert. Unter normalen Umständen kann er jedoch mit einer Steigerung seiner Wurfleistung rechnen, und zwar in punkto konstanterer Leistung, besserer Ausdauer und schnellerer Erholung während des Wettkampfes.
Ein Athlet mit Kraftdefizit braucht einen Trainingsplan, der das Neuromuskuläre »aufweckt«, damit es die anspruchsvollen Bewegungsmuster, zu denen es fähig ist, steuern und kontrollieren kann. Zu diesem Zweck kommen Übungen ohne Kraftmaschinen infrage, wie zum Beispiel Steigerungsläufe, Jogging, Seilspringen, Liegestütze und eventuell sogar verschiedene Kampfsporttechniken, mit denen sich die Fähigkeit, die eigene Kraft gezielt und kontrolliert einzusetzen, verbessern lässt. Die Fortschritte werden sich langsam, aber kontinuierlich einstellen.
Im Kraftraum sollte der Athlet mit einem Kraftdefizit den Umgang mit der Freihantel erlernen. Kraftgeräte können verwendet werden, aber die Arbeit mit der Freihantel ist die bessere Wahl. Das Training an Maschinen scheint einfacher und »benutzerfreundlicher« zu sein, was insbesondere für Athleten gilt, die sich wenig mit Gewichtstraining auskennen. Aber ein bewegungsorientierter Sportler wird in sitzender Position an einer Kraftmaschine kaum signifikante Zugewinne an funktioneller Stärke erzielen. Durch die Rückenlehne des Geräts wird dem Rumpf die Möglichkeit genommen, die durch Arme und Beine entwickelte Kraft zu steuern und zu kontrollieren.
Mit zunehmender Kraft, Schnelligkeit und Koordination muss der Athlet durch zwischengeschaltete Tests sicherstellen, dass seine sportartspezifischen Qualitäten durch das geänderte Training nicht leiden. Sollten solche Beeinträchtigungen beobachtet werden, muss sich der Athlet trotzdem keine unmittelbaren Sorgen machen: Viele Spitzensportler, die außerhalb der Saison an ihrer Kraft arbeiten, machen diese Erfahrung. Mit zusätzlichen sportartspezifischen Einheiten können diese Einbußen wieder wettgemacht und zusätzlich der neue Kraft zuwachs genutzt werden.
Ein Athlet mit Kraftdefizit kann auch Nutzen aus dem Training mit einem Partner ziehen, der ihn fordert, auf Technikfehler achtet und eine Überlastung rechtzeitig bemerkt. Für Kraftübungen mit größeren Gewichten ist ohnehin ein sogenannter Spotter erforderlich (das ist eine Person, die während einer Übung Hilfe- und Sicherheitsstellungen gibt). Die Grundlage des Programms sollten Übungen mit der Kurzhantel, mit dem Medizinball sowie Sprints am Berg und Seilspringen bilden. Dabei ist stets darauf zu achten, dass die dringlichste Schwachstelle am intensivsten trainiert wird. Nach acht Wochen Training sind die Tests zu wiederholen.
Bewegungspyramide mit technischen Defiziten
Die Bewegungspyramide mit technischen Defiziten zeigt ein optimales Niveau bei der funktionellen Bewegung wie auch bei der funktionellen Leistung, das Niveau der sportartspezifischen Fertigkeiten ist jedoch nur unterdurchschnittlich entwickelt. Der betreffende Athlet hat – entweder naturgegeben oder durch harte Arbeit – angemessene funktionelle Bewegungsmuster und eine gute Kraft entfaltung erworben, es mangelt ihm jedoch an der effektiven Beherrschung sportartspezifischer Fertigkeiten. Ein solcher Athlet würde von Techniktraining profitieren, durch das er seine Biomechanik weiterentwickeln bzw. verbessern könnte. Auch die Entwicklung einer besseren Bewegungswahrnehmung, wie sie für gute Werte auf der höchsten Stufe erforderlich ist, käme ihm zugute.
In vielen Fällen sind Athleten dieses Typs in besserer physischer Verfassung als viele ihrer Kontrahenten. Eventuell haben sie einen geringeren Körperfettanteil, eine größere Flexibilität und erzielen bessere Ergebnisse im Kraftraum. Auf dem Spielfeld bzw. im Wettkampf sind die anderen aber dauerhaft auf einem technisch höheren Niveau. Oft liegt der Schlüssel zur Weiterentwicklung eines Athleten mit mangelnden technischen Qualitäten in einer methodischen Herangehensweise, einem nachhaltigen Training. Ist der Athlet nicht gewillt, endlos Freiwürfe auf den Korb zu trainieren, auf dem Golfplatz ewig zu putten oder stundenlang Tennisaufschläge zu
üben, dann darf er auch nicht erwarten, dass ihn der Fleiß im Kraftraum oder ein spezieller Ernährungsplan seinen sportlichen Zielen näherbringen. Technisches Können im Sport lässt sich mit dem richtigen Trainingsansatz durchaus verbessern.
Sportler mit technischen Schwächen müssen herausfinden, wo genau ihre Schwachstellen liegen. Dazu sollten sie einen Trainer und/oder eine Videoanalyse zu Rate ziehen, gute und schlechte Leistungen prüfend vergleichen und die Faktoren ermitteln, welche die Leistung im Wesentlichen ausmachen. Anspannung und Nervosität können dabei eine Rolle spielen. In diesem Fall kann eine Entspannungsübung Abhilfe schaffen. Manchmal hilft auch eine Ausgleichssportart, wie zum Beispiel Tennis, Kampfsport, Squash oder Golf. In keiner dieser Sportarten kann man allein durch rein athletische Qualitäten gewinnen. Körperbeherrschung und korrekte Technik sind mindestens genauso ausschlaggebend. Das Erlernen technischer Fertigkeiten in einem neuen Sportbereich, wenn auch nur auf Hobbyniveau, kann dem Sportler helfen, grundlegende Fehler und Mängel in seiner Hauptsportart aufzudecken.
Bei manchen Athleten wird sich die Bewegungspyramide im Laufe der Saison während Wettkampf- und Trainingsphasen verändern. Bei anderen wird sie unverändert bleiben. Einige Sportler können von Natur aus gut Kraft aufbauen, müssen jedoch dauerhaft an funktionellen Bewegungsmustern arbeiten, um ihr optimales Bewegungsspektrum beizubehalten. Wieder andere verfügen über ein hervorragendes Bewegungsspektrum, benötigen jedoch zusätzliches Training, um ihr Niveau hinsichtlich der allgemeinen Athletik und Kraftentfaltung zu halten. Noch andere Athleten werden herausfi nden, dass sie dauerhaft an ihren Grundlagen und ihrer Technik arbeiten müssen, während einige Sportler von Natur aus technisch talentierter sind und ihre Zeit vorrangig in das Konditionstraining investieren können.
Die Bewegungspyramide zeigt deutlich, weshalb ein simples Übertragen eines Trainingsprogramms von einem Athleten auf den anderen auf Dauer nicht die gewünschten Ergebnisse bringt. Viele Trainer und Athleten wählen intuitiv den richtigen Ansatz, um den Bereich der dringlichsten Schwäche zu ermitteln und dann gezielt in diesem Bereich zu arbeiten. Allen anderen liefern die Testreihen in diesem Buch die Informationen, die für den Aufb au einer einfachen Bewegungspyramide erforderlich sind. Die Tests sollen die Zielbereiche ermitteln, auf die Sie sich im Training konzentrieren müssen. Die Bewegungspyramide ist eine einfache und effektive Methode, das Gleichgewicht der einzelnen Komponenten sicherzustellen.
Euer Gray Cook