Das Schlingentraining verbindet man nicht unbedingt als Erstes mit Mobility & Stretching. Kaum ein Trainingstool verkörpert die Aspekte des funktionellen Trainings so sehr wie der Schlingentrainer. Das Training an den Seilen steht für effektives Stabilisations- und Kräftigungstraining, mit einem besonderen Fokus auf der Rumpfmuskulatur. Die Schlingen können jedoch weitaus mehr. In diesem Artikel zeige ich dir, wie du das beliebte Trainingsgerät auch zum Mobility-Training und für das Stretching einsetzen kann.
Mit den Schlingen zu mehr Beweglichkeit
Unser Körper muss als dreidimensionales System angesehen werden, in dem alles mit allem zusammenhängt. Diesen ganzheitlichen Ansatz greifen wir mit dem Beweglichkeitstraining an den Schlingen auf. Ein Beweglichkeitstraining muss sich natürlich und organisch anfühlen. Die Seile erlauben uns freie Bewegungen im Raum. Andere Geräte und Hilfsmittel lassen diese Bewegungsfreiheit oft nicht zu oder limitieren uns gar in der Bewegung.
Aber ist generell überhaupt ein Hilfsmittel für das Beweglichkeitstraining notwendig? Die in diesem Artikel dargestellten Übungen kommen dir sicherlich bekannt vor. Entweder handelt es sich hierbei um klassische Dehnübungen, um Positionen, die in ähnlicher Form im Yoga oder Pilates auftauchen, oder um Mobility-Übungen ohne zusätzliche Hilfsmittel. Weshalb sind Schlingen nun überhaupt notwendig? Bei vielen Übungen stellen die Schlingen die Verlängerung der myofaszialen Ketten dar. In solchen Positionen erfahren die Strukturen, Muskeln und Faszien, durch die Schlingen einen intensiven Zug, der ohne Hilfsmittel nicht zu realisieren wäre. Der Dehnreiz bekommt durch den Einsatz der Schlingen somit eine ganz andere Qualität. Betrachten wir mit dem „Halbkniestand mit Rückbeuge“ dazu ein Beispiel. Die oberflächliche Frontallinie sowie die vorderen Armlinien (auf den folgenden Fotos: der linken Körperseite) erfahren in der gleichen Übung an den Schlingen ausgeführt einen spürbar intensiveren Zug als ohne Hilfsmittel.


Halbkniestand mit Rückbeuge ohne Hilfsmittel und mit Schlingen
Durch die hohe Bewegungsfreiheit bieten die Schlingen einen weiteren großen Vorteil: Die Zugrichtung kann während der Übung variiert werden. Du kannst dich beispielsweise aus dieser Position aus dem Oberkörper leicht nach rechts neigen. Der Zug durch die Schlinge erreicht dann auch die Laterallinie der linken Körperseite. Diese kleinen Positionsveränderungen und die daraus resultierenden Variationen der Zugrichtungen auf die Gewebsstrukturen sind essenziell, um den Körper im dreidimensionalen Verständnis zu erfassen. Das herkömmliche Stretching hat oft einen zweidimensionalen, linearen Charakter, wir erzeugen einen Zug von A nach B. Das Beweglichkeitstraining an den Schlingen geht einen Schritt weiter. Von einem linearen zu einem netzartigen Verständnis.
Die Oberflächliche Rückenlinie
Tisch
Stelle dich mit schulterbreit geöffneten Füßen frontal vor die Schlingen und greife die Schlaufen. Gehe nach hinten und beuge den Oberkörper gestreckt nach vorn, schiebe die Arme nach vorn und das Gesäß nach hinten. Oberkörper und Beine befinden sich nun im rechten Winkel zueinander. Die Schlingen hängen senkrecht herab. Deine Beine sind in dieser Position gestreckt und den Kopf hältst du in Verlängerung zur Wirbelsäule. Schiebe dein Brustbein in Richtung Boden und nimm eine Dehnung der Oberschenkelrückseite sowie der Brustmuskulatur wahr. Halte die Position für 30 bis 60 Sekunden und versuche, bei einem nachlassenden Dehnreiz den Oberkörper immer weiter in Richtung Boden zu schieben.

Oberflächliche Frontallinie
Halbkniestand mit Rückbeuge
Greife mit einer Hand einen Griff und nimm dann einen Halbkniestand vor dem Schlingentrainer ein, indem du das der greifenden Hand gegenüberliegende Bein rechtwinklig aufstellst und das andere Bein ablegst. Aus dieser Position kommst du in eine Rückbeuge, indem du dein Becken nach hinten kippst, Bauch- und Gesäßmuskulatur anspannst und das Knie des aufgestellten Beins nach vorn schiebst. Nimm einen Zug an der Oberschenkelvorderseite des abgelegten Beins sowie der Brustmuskulatur derselben Körperseite wahr. Halte die Position für 30 bis 60 Sekunden und komme mit nachlassendem Dehnreiz mehr und mehr in die Rückbeuge. Wechsle danach die Seite.

Laterallinie
Kniender Halbmond
Stelle dich seitlich neben den Schlingentrainer und greife mit der äußeren Hand einen Griff. Führe einen großen Schritt zur Seite aus und knie dich mit deinem äußeren Bein auf die Matte. Das innere Bein ist in einem rechten Winkel aufgestellt. Stütze dich mit deinem inneren Arm auf dem Oberschenkel des aufgestellten Beins ab. Verlagere nun dein Körpergewicht nach außen, indem du dein Becken zur Seite kippst. Nimm eine Dehnung der äußeren seitlichen Flanke wahr. Lasse mit nachlassendem Dehnreiz dein Becken weiter zur Seite absinken. Halte diese Position 30 bis 60 Sekunden. Richte dich wieder auf und wechsle zur anderen Seite.

Spirallinie
Abgestufter Halbmond
1. Stelle dich mit schulterbreit geöffneten Füßen mit Blickrichtung zum Schlingentrainer. Fasse mit den Händen durch die Schlaufen und umgreife diese, damit du einen guten Halt hast. Schiebe dein Becken nach hinten, bis sich ein rechter Winkel zwischen Ober- und Unterkörper ergibt. Arme und Beine sind jeweils gestreckt, dein Oberkörper und die Arme bilden die Verlängerung der Schlingen.
2. Beuge nun ein Bein und rotiere mit dem Oberkörper zur gegenüberliegenden Seite. Der ganze Fuß des gebeugten Beins hält den Kontakt zur Matte. Auf der Seite des gestreckten Beins befindet sich nur die Ferse auf der Matte, ziehe die Zehenspitzen aktiv zu dir heran. Dein Blick geht unter dem Oberarm vorbei nach oben. Nimm auf der Seite des gestreckten Beins eine Dehnung der Wadenmuskulatur, der Oberschenkelrückseite, der Gesäßmuskulatur und der seitlichen Rumpfmuskulatur wahr. Halte die Position 30 bis 60 Sekunden und rotiere dich mit nachlassendem Dehnreiz noch weiter auf. Wechsle dann die Seite und drehe dich zur anderen Seite auf.

Die Armlinien
Aufgespannter Ausfallschritt
Stelle dich mit dem Rücken zum Schlingentrainer. Fasse mit den Händen hinter dem Rücken durch die Schlaufen und umgreife diese, damit du einen guten Halt hast. Führe nun einen Ausfallschritt nach vorn aus und strecke deine Arme zur Seite und hinten aus. Deine Brustwirbelsäule ist aufgerichtet, deine Schultern sind tief und dein Blick geht gerade nach vorn. Nimm eine Dehnung in der Brustmuskulatur sowie der Oberarmvorderseite wahr. Vergrößere mit nachlassendem Dehnreiz den Abstand zum Aufhängepunkt, indem du einen kleinen Schritt nach vorn gehst. Halte diese Position für 30 bis 60 Sekunden und wechsle dann den Stand, sodass der hintere Fuß nun vorn, der vordere hinten steht.

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