Front Squats eignen sich hervorragend, um die Beinkraft zu verbessern, doch man muss auf eine korrekte Ausführung achten: das Gesäß sitzt praktisch auf den Fersen auf, der Oberkörper ist aufrecht und die Ellbogen sind oben. Dick Notmeyer vertrat die Auffassung, dass man nur dann umsetzen und stoßen kann, wenn man drei Front Squats am Stück schafft. Back Squats mit vielen Wiederholungen könnten Beinworkouts zwar ergänzen, im Mittelpunkt müssen aber die Front Squats stehen.
Langsam runter, schnell hoch
Vor einigen Jahren, im Trainingszentrum von Colorado Springs, stattete ich mit einer Gruppe von Diskuswerfern den olympischen Gewichthebern einen Besuch ab. Ich war von ihrer Fähigkeit beeindruckt, aus der Hockesitzposition aufzustehen, und fragte Coach Dragomir nach seinem „Geheimnis“. Seine Antwort lautete: „Langsam runter, schnell hoch!“
Das ist für einen olympischen Gewichtheber aber alles andere als einfach. Auch ich hatte bzw. habe Probleme damit. Als junger College-Athlet nahm ich einmal an einem Wettkampf im Gewichtheben teil und brauchte 165 kg für den Sieg. Ich setzte die Hantel damals um, richtete mich auf und stieß die Hantel aus, bis alle drei Bewertungslichter weiß leuchteten. Das Interessante ist, dass mein persönlicher Rekord im Front Squat bei 165 kg lag. Dick Notmeyer hatte ein Mantra: „Wenn du mit einem bestimmten Hantelgewicht drei Front Squats schaffst, dann kannst du es auch umsetzen und stoßen.“ Jahre später, bei den Utah Summer Games 1991, setze ich 182,5 kg um, stand auf und scheiterte beim Stoßen. Mein bester Front Squat war 184 kg.
Warum langweile ich euch mit diesem Geschichtsunterricht? Weil dieselben Hebel, die es mir zu College-Zeiten möglich machten, den Diskus über 60 Meter weit zu werfen, mich davon abhielten, beachtliche Leistungen im Squat zu erzielen! Hier sind einige Anregungen für alle jene von uns, die auf Anhieb keine guten Kniebeugen hinbekommen:
- Nutzt die federnde Abwärtsbewegung, um dynamisch aus der Hocke aufzustehen. Der wunderbare Dehnreflex, der euch aus der tiefen Position aufwärts katapultiert, kann trainiert werden. Dick verwendete hierfür eine Übung, die wir „Barski Cleans“ nannten. Mit Handgelenksbandagen fixiert man sich an der Hantelstange, richtet sich auf und lehnt sich leicht zurück, so dass die Schultern in die korrekte Position gezogen werden. Dann lässt man die Hantel an den Oberschenkeln entlang ein Stück abwärts gleiten, geht dabei leicht in die Knie, setzt die Hantel um, während man in die Hocke geht, und richtet sich umgehend auf. Heute würde man diese Übung als Squat Clean aus dem Romanian Deadlift bezeichnen, aber sie ist sehr hilfreich, um den Ablauf zu optimieren, damit man sich kraftvoll in den Beinen aufrichten kann.
- Versucht, die Front Squats an den Anfang eures Workouts zu stellen. Es vergingen einige Wochen, bis ich mich daran gewöhnt hatte, einige andere Dinge nach den Front Squats zu machen (vor allem Stoßen, aber Reißen kann auch problematisch sein). Versucht außerdem, ein oder zwei Wochen am Anfang jedes Workouts Front Squats zu machen. Nichts Verrücktes, zwei Sätze à zwei Wiederholungen mit etwa 80% von 1 RM reichen aus, dann eine einzelne Wiederholung mit einem höheren Gewicht. Manche von uns brauchen die „Stimulation des Nervensystems“. Das habe ich gerade erfunden, aber es scheint zu helfen. Man lernt eine Sprache am besten, wenn man sich vollständig mit ihr umgibt, und vielleicht gilt das für das Training der Beine ja ebenso.
- Ich stellte fest, dass die Leichtathletiksaison meinem Front Squat sehr zugute kam. Warum? Ich reduzierte mein Pensum im olympischen Gewichtheben und konzentrierte mich mehr auf Bodybuilding und Treppen-/Bergläufe. Wenn die Saison zu Ende war, waren meine Beine ein oder zwei Wochen später fünf oder zehn Kilogramm stärker. Vielleicht hilft es, seine allgemeine Fitness zu verbessern. Joe Mills riet immer zu schnellen Deadlifts und mehreren Squats in Folge, um das Problem zu beheben. Mit Dick Notmeyer stellten wir unsere Kräfte auf unterschiedliche Weise auf die Probe. Wir trugen zum Beispiel auf einer Tafel ein, wie oft wir eine 102 kg schwere Hantel im Bankdrücken hochpressen konnten, Kniebeugen mit einer Hantel, die dem eigenen Körpergewicht entsprach, Sit-up-Wettbewerbe, und weitere abwechslungsreiche und zugleich produktive Spiele.
- Schließlich muss man vielleicht einfach auch die Tatsache hinnehmen, dass man einige Schwächen hat. Als ich das alte sowjetische Squat-Programm absolvierte und meinen Front Squat auf 184 kg steigern konnte, ließ mein Stoßtechnik drastisch nach. Als ich das Stoßen einigermaßen in den Griff bekommen hatte, wurde aber die Hocke schlechter. Ich denke, das Geheimnis ist etwas, das Coach Ralph Maughan mir einmal verriet: „Verwandle deine Schwächen in Stärken.“ Und wenn man das geschafft hat, heißt es natürlich als nächstes: neue Schwächen finden!
Beim Front Squat macht man im Grunde eine Kniebeuge, nur dass dabei eine Hantel auf der Brust ruht. Im Idealfall stabilisieren die Hände die Hantel nur, die auf den Schultern und den Schlüsselbeinen lastet. Dafür braucht man “etwas“ Beweglichkeit. Und die erzielt man am besten, wenn man…Front Squats macht! Gary Valentine zitierte Joe Mills, der einst gesagt haben soll: „Wer es schafft, mit seinen Handflächen den Hinterkopf zu berühren, der kann auch Front Squats machen.“ Übt die Front Squats ausführlich, und sie werden euch mit der Zeit leichter fallen. Entscheidend ist, dass der Athlet genau „zwischen“ den Beinen in die Hocke geht und sich soweit absenkt, dass er mit seinem Gesäß beinahe den Boden berührt.
Was heißt „zwischen den Beinen“? Wenn man den Squat und das olympische Gewichtheben wirklich meistern will, muss man dieses einfache Konzept beherzigen. Ich erkläre es immer auf folgende Weise: Stellt euch etwa eine Armlänge von einem Türknauf entfernt auf. Fasst die Klinke mit beiden Händen und zieht die Brust „hoch“. Damit meine ich: stellt euch vor, ihr seid am Strand und es kommt gerade ein Bikinimodel vorbei. In der Regel streckt man seine Brust dann automatisch nach vorne, wodurch sich der untere Rücken und der ganze Oberkörper in Spannung versetzt. Der Latissimus fächert sich ganz von selbst auf und die Schultern werden „etwas“ nach hinten gezogen.
Während man die Arme in einer Position hält, die der beim Hammerwerfen ähnelt, und dabei weiter die Brust nach vorne streckt, lehnt man sich von der Tür weg. Jetzt senkt man sich ab. Dann entdeckt man in der Regel eine grundlegende physiologische Gesetzmäßigkeit: die Beine sind nicht wie Stelzen unter dem Körper fixiert. Vielmehr ist der Rumpf zwischen den Beinen frei beweglich. Wenn man sich absenkt, die Arme gestreckt hält und den Oberkörper zurücklehnt, wird man eine der Grundregeln des Gewichthebens feststellen: man senkt sich zwischen den Beinen ab. Ihr solltet nicht einfach nur untätig dasitzen: steht auf und probiert es gleich aus! Die Fähigkeit, den Squat Snatch oder Squat Clean auszuführen, hängt von diesem Prinzip ab!
Um Front Squats auszuführen, muss man die Hantel zuvor vom Boden oder aus dem Squat-Rack gehoben haben. Beide Methoden haben ihre Vorteile; ich habe festgestellt, dass mich Front Squats nach dem Umsetzen der Hantel in „Wettkampfstimmung“ versetzen. Denn ich ächze und stöhne schon vor der zweiten Wiederholung!
Euer Dan John